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So fliegt man richtig! Fragen, Antworten, Diskussionen zum Fliegen von Jets im FS |
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#27 |
Veteran
![]() Registriert seit: 25.06.2002
Beiträge: 269
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![]() Eine höchst spannende Diskussion findet in diesem Thread statt, nämlich über die verschiedenen Erklärungsversuche, warum ein Flugzeug fliegt. Da ich mich schon „seit längerer Zeit“ mit diesem Thema mal mehr mal weniger intensiv beschäftige, kann ich es mir nicht verkneifen, mein (derzeitiges) Weltbild darzustellen:
Frage: Warum fliegt ein Flugzeug? Antwort: Durch die Bewegung in der Luft werden die Tragflächen umströmt. Die Folge dieser Strömung ist, daß sich auf der Oberseite der Tragfläche ein Unterdruck einstellt und auf der Unterseite ein Überdruck. Dieser Sachverhalt kann durch Messungen sehr leicht nachgewiesen werden. Die resultierende Luftkraft hat eine Komponente in Richtung der Anströmung (Widerstand) und in senkrechter Richtung zum Widerstand (Auftrieb). Also: Der Grund für den Auftrieb ist die Druckverteilung auf dem Profil. Frage: Wieso entsteht genau diese Druckverteilung? Antwort: Tja, jetzt wird die Sache schwierig. Dazu müssen wir etwas ausholen: Es gibt in der Physik mehrere wichtige Erhaltungssätze. Für die Physik des Fliegens sind drei relevant: Erhaltung der Masse Erhaltung der Energie Erhaltung des Impulses Für ein beliebiges durchströmtes Volumen (in dem sich z.B. ein Flugzeug befindet) können diese Erhaltungssätze mathematisch formuliert werden. Sie bestimmen für jeden Ort des Volumens (also auch für die Oberfläche unseres Flugzeugs) und für jeden Zeitpunkt die aero-thermodynamischen Größen wie z.B. Geschwindigkeit, Druck, Temperatur, Dichte usw. Na also: Her mit den Erhaltungssätzen und die Druckverteilung auf der Tragfläche ausrechnen! Tja das ist leider nicht so einfach. Die so formulierten Erhaltungssätze sind die sog. Navier-Stokes-Gleichungen. Es sind gekoppelte, nicht-lineare partielle Differentialgleichungen sozusagen „richtige mathematische Monster“. Diese Gleichungen sind bereits seit dem 19. Jh. bekannt. Das Problem ist nur, das sie für praktische Probleme mit den Methoden „der normalen Mathematik“ nicht gelöst werden können. Was tun? Wie schon andere hier bemerkt haben, versucht man es mit Modellen, die vereinfachende Annahmen machen, aber dennoch die beobachteten Phänomene richtig wiedergeben. Wenn man folgende Annahmen trifft: a) die Strömung ist reibungsfrei und b) die Strömung ist inkompressibel (die Dichte ist konstant) können die Aussagen der Navier-Stokes-Gleichungen mathematisch anders formuliert werden, man erhält dann die sog. Potentialtheorie, die dann auf die viel diskutierte Zirkulation führt. Die Vorstellung der Überlagerung einer Zirkulation mit der ungestörten Anströmung (nicht ganz einfach gedanklich nach zu vollziehen) ist der Kern dieses Zirkulationsmodells. Das Zirkulationsmodell gibt die in der Realität beobachteten Effekte gut wieder, so daß sie über lange Jahre die Basis zur Berechnung des Auftriebs von Flugzeugen war. Allerdings es ist eine Modellvorstellung: so wie in der Realität die Elektronen nicht wie Planeten um den Atomkern kreisen (Bohr‘sches Atommodell) so zirkuliert auch keine Stömung um das Profil. Wenn wir uns moderne Airliner vorstellen, so wird klar, daß für die Berechnung des Auftriebs die oben gemachten Annahmen nicht gelten. Jede reale Strömung ist reibungsbehaftet und Strömungen über einer Machzahl von M=0,3 dürfen nicht als inkompressibel angesehen werden. Und jetzt? Wie berechnet man den Auftrieb? Heute sind wir in der glücklichen Lage, für die Navier-Stokes-Gleichungen sehr genaue Nächerungsverfahren zu besitzen. Diese können mit dem Computer gelöst werden. Im vergangenen Jahrzehnt ist dazu ein eigenes Fachgebiet entstanden die Compuational Fluid Dynamics (CFD). Unter www.nus.edu.sg/Major/SVU/software/ex131.pdf ist ein Beispiel für eine CFD-Lösung zur Berechnung einer Tragflügelumströmung zu finden. Und noch ein Tipp: Wer das Zirkulationsmodell besser verstehen will, dem sei folgender Link empfohlen: http://www.diam.unige.it/~irro/ Aber um den Kreis zu schließen: Der physikalische Grund für den Auftrieb ist die Druckverteilung auf der Oberfläche des Tragflügels. Wer bis hier durchgehalten hat: Vielen Dank für das Interesse! Kommentare und Anmerkungen sind natürlich willkommen. Beste Grüße, Peter |
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