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So fliegt man richtig! Fragen, Antworten, Diskussionen zum Fliegen von Jets im FS

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Alt 31.12.2002, 14:58   #1
Reiner
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Alter: 63
Beiträge: 5


Idee Nachdenkliches zum Bodensee-Crash

Hallo Flugfreunde!

Ein halbes Jahr nach der Kollision über dem Bodensee ist die Schuldfrage für die meisten klar. Doch in Wahrheit ist in dem Spannungsfeld zwischen Fluglotsen, Fluggesellschaften und Flugsicherung die Verantwortung nicht eindeutig zu zuzuscheiden. Mit den folgenden Zeilen hierzu eine Anregung für weitere Überlegungen:

Die Einhaltung der einfachsten IFR-Grundregeln für die Höhenstaffelung durch die Skyguide-Lotsen hätte den Zusammenstoß am Punkt Akabi verhindert oder kennen die Schweizer Lotsen die Halbkreisregeln nicht? Demnach sind die Flugflächen (=Flughöhen) für Kurse 0 Grad bis 179 Grad und von 180 Grad bis 359 Grad grundsätzlich unterschiedlich. Falsch gedacht! Mit der Einführung von RVSM wurden zwischen den bisherigen Flughöhen eine zusätzliche Flugfläche eingeführt. Wer diese Flughöhen nutzen will, muß aber entsprechende zugelassene Instrumente an Bord haben, ansonsten fliegt man in den alten Flughöhen nach bisherigen Regeln. Das fatale daran ist, dass je nach technischer Ausrüstung eines Flugzeugs bei gleicher Flugfläche widersprüchliche Halbkreisregeln anzuwenden sind. Beispiel: Flugfläche 310 gilt für RVSM-Flüge von 0 Grad bis 179 Grad, für nicht RVSM-Flüge von 180 Grad bis 359 Grad. Solch einen Wahnsinn hat sich wohl kaum ein Praktiker (Lotse) ausgedacht. Verantwortlicher Nr. 1 daher: Flugsicherung.

Natürlich kennen auch alle Lotsen diese Regeln. Daher Verantwortlicher Nr. 2: der Lotse von Sky-Guide.

Woran lag es nun wirklich, dass sich am Bodensee die Wege der beiden Maschinen berührten?
Verantwortlicher Nr. 3: die Fluggesellschaften mit Ihrer Preispolitik??

Dieser Unfall zeigt geradezu mustergültig, dass Restrisiken bestehen, wenn durch die Fluglotsen Abweichungen von der geplanten Flugroute quasi online umzusetzen sind, auch wenn das deren täglicher Job ist. Es bleibt ein Restrisiko, solange da ein Mensch mit oder ohne Zeitdruck Entscheidungen treffen muß.
Konkret änderte sich durch das Kommando der Lotsen an die B757 Tango VOR direkt anzufliegen, der Kurs von 354 Grad auf ca. 5 Grad. Die vom Fluglotsen zugewiesen neuen Flugflächen, erst FL 320, etwas später dann FL 360 sind bei RVSM für Kurse von 180 Grad bis 359 Grad vorgesehen, widersprechen also der Kursvorgabe von 5 Grad. Trotzdem war das noch sinnvoll, da ja noch die Luftstraßen UA10 und UN871 zu kreuzen waren. Spätestens nach Kreuzung der Luftstraße UN871 hätte ein Höhenwechsel auf FL 350 oder FL 370 vom Fluglotsen angewiesen werden müssen. Das ist der Hauptfehler.
Was daran mustergültig ist? Jederzeit können wir im Flugfunk hören, dass über Europa fast nur noch Abkürzungen geflogen werden! Ein paar Fluggesellschaften haben angefangen und alle anderen mußten nachziehen, wenn sie wirtschaftlich überleben wollen. Die Deutsche Flugsicherung DFS hat versucht dieses zu reglementieren, indem unzählige neue Routen entstanden sind, die kaum noch zu überblicken sind. Trotzdem geht es bei den Fluggesellschaften um jede Meile, die gespart werden kann und es werden weiterhin Abkürzungen angefragt, was der Luftraum hergibt. Entscheiden muß immer noch das schwächste Glied in der Kette, der Lotse vor seinem Bildschirm: der sieht nicht nur 25 Maschinen auf seinen vorgegebenen Flugwegen, sondern ein großer Teil der Flugzeuge befindet sich Direct To zwischen den Flugstraßen. Da sind eine 100% fehlerfreie Lotsenarbeit erforderlich.
Je mehr der Mensch hierbei an Flugbewegungen koordinieren soll, desto größer ist die Gefahr von menschlichem Versagen. Das müssen wir wohl akzeptieren.

Verantwortlicher Nr. 4: der russische Pilot? Der bekommt widersprüchliche Anweisungen vom Kollisionswarnsystem und vom Lotsen. Solch ein Fall ist bisher in den Vorschriften wohl nicht vorgesehen. Damit ist das auch eher ein Verssagen der Flugsicherungsbehörden...

Einen guten Rutsch ins neue Jahr wünscht Reiner aus Düsseldorf
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Alt 31.12.2002, 15:32   #2
Huss
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Beiträge: 2.200


Standard Re: Nachdenkliches zum Bodensee-Crash

Zitat:
Original geschrieben von Reiner

Verantwortlicher Nr. 4: der russische Pilot? Der bekommt widersprüchliche Anweisungen vom Kollisionswarnsystem und vom Lotsen. Solch ein Fall ist bisher in den Vorschriften wohl nicht vorgesehen.
Hallo Reiner,

Das stimmt so nicht: Die Vorschrift dabei ist, auf das TCAS zu hören.

Siegfried
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Alt 31.12.2002, 18:34   #3
airlinetycoon
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Ja, Siegfried hat recht, die Vorschrift ist klar da. Der Russe hätte auf sein TCAS hören müssen! Das er es nicht tat, liegt aber wohl auch in der russischen Mentalität mitbegründet, nach dem Motto "Der Lotse ist ist der Chef, er weiß was er tut" Leider ein tödlicher Irrtum. Es hätte aber gar nicht erst zu dieser Situation kommen dürfen, also leigt die Hauptschuld eindeutig beim Lotsen, zumal um diese Uhrzeit sicher nicht die Hölle im schweizer Luftraum los war.

Andre
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Alt 31.12.2002, 19:20   #4
TooLowFlap
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Zu RVSM...ich dachte schon über ganz Europa würde ab FL290 nur noch RVSM stattfinden...somit ist Nr.1 nicht ganz Richtig.

Nr.4 & @Huss: Nennt mir doch bitte mal die Paragraphen in der Luftverkehrsordnung (Deutschland), die dies eindeutig so regelt? Klar, deutscher Trainingsstandart (LH) sagt TCAS ist der Boss, aber solange die ICAO nicht alle Mitgliedsstaaten zwingt das so in seine Gesetze aufzunehmen wird es immer wieder unterschiedliche Trainingsstandarts und damit Gefahrenpotential geben.

Zu den Directs...wofür gibt es denn Lotsen? Richtig, um den Piloten zu dienen. Also wenn ein Pilot einen Wunsch (Direct) hat, so wird jeder Lotse bemüht sein dem nachzukommen...ist halt eine Dienstleistung.

TLF
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Alt 31.12.2002, 19:54   #5
airlinetycoon
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Ich weiß nicht in wie weit die ICAO Regulations sind, aber bei der FAA ist folgendes veröffnetlicht:

§ 91.123 Compliance with ATC clearances and instructions.

(a) When an ATC clearance has been obtained, no pilot in command may deviate from that clearance unless an amended clearance is obtained, an emergency exists, or the deviation is in response to a traffic alert and collision avoidance system resolution advisory. However, except in Class A airspace, a pilot may cancel an IFR flight plan if the operation is being conducted in VFR weather conditions. When a pilot is uncertain of an ATC clearance, that pilot shall immediately request clarification from ATC.


Andre
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Alt 31.12.2002, 21:14   #6
TooLowFlap
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Schön, und was nutz mir US Recht über Kuwaits Luftraum?

Was nützt mir LH-Training, wenn ein Pilot irgendwo anders trainiert wird?

Da besteht eindeutig Handlungsbedarf...

TLF
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Alt 01.01.2003, 12:32   #7
airlinetycoon
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@TLF
Aus Deiner Warte betrachtet hast Du natürlich absolut recht.

Andre
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Alt 02.01.2003, 16:32   #8
Leo
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Beiträge: 1.328


Standard TCAS

Hallo!

Ich muss TLF Recht geben, ich habe sogar gelesen, dass in der ehemaligen Sowjetunion der Controller das non plus ultra darstellt und der Pilot IMMER auf diese Anweisung zu hören hat.

Die Regelung muss verpflichtend für alle Luftfahrt treibenden Staaten sein. Es gibt ja auch welche die nicht einmal der ICAO angehören, also wozu dann?

Grüße
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Alt 02.01.2003, 17:28   #9
marco ew311
Master
 
Registriert seit: 27.12.2000
Alter: 61
Beiträge: 643


Standard

Zitat:
Nennt mir doch bitte mal die Paragraphen in der Luftverkehrsordnung (Deutschland), die dies eindeutig so regelt?
Tja, da wird sich schön drum gedrückt; es wird immer "should" statt "shall" geschrieben...
____________________________________
Ciao,

Marco EDDF
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