![]() |
![]() |
|
![]() |
![]() |
|
Das ist mir passiert! Flug-Erfahrungen aus (virtuellen) Cockpits |
![]() |
|
Themen-Optionen | Ansicht |
![]() |
#1 |
Veteran
![]() Registriert seit: 26.05.2001
Beiträge: 266
|
![]() Ich hatte es geschafft – fast. Der Atlantik. Bezwungen mit nichts an außer der Vega mit ihrem 500er Wasp Motor. Landfall bei Clifden, nach ca. 1600 nautischen Meilen oder knapp 12 Stunden Flugzeit. Sextant weggepackt. Easy Run. Einfach Galway Bay links rein, südlichem Ufer folgen, Course 103 Grad. Eigentlich kein Thema mehr.
Irish Sea überqueren, NDB CAE hat Empfang auf 320 kHz. Gut. Alles läuft wie geschmiert. Ich fühle mich beinahe unsterblich. Das war es? Der Atlantik? Diese Wurst? So viele Piloten verloren Ihr Leben in diesem kalten Wasser. Wieso verschwanden Nungesser und Coli für immer in den eisigen Fluten? Wo blieben Prinzessin Loewenstein-Wertheim, Oberst Minchin und Kapitän Hamilton mit ihrer Raphael? Ist der Atlantik wirklich nur ein Teich oder eine vergessene Gruft? Aber die Vega zieht weiter nach „Good old Britain“. Nur eins bleibt, ein ganz komisches Gefühl: Der Atlantik hält immer eine kleine Überraschung parat, dass dicke Ende kommt meist zum Schluss. Der Zeiger meines Empfängers fängt an zu tanzen: Ich überfliege CAE, bei 53 Grad und 6 Minuten nördlicher Breite und 4 Grad und 20 Minuten westlicher Länge. Noch 33 Minuten und dann runter, auf die 05, Hawarden. Das Wetter ist bisher gut. Etwas Wolken auf ca. 5000 feet, Sicht über 10 nautische Meilen. Und ich fliege nach der Uhr..... Der Zeiger erreicht 15:43 Uhr. Jene Zeit, in der meine Räder den Tarmac von Hawarden spüren sollten...... Doch wo ist Hawarden? Aber dafür hat der FS was besseres für mich: Nebel, Sichtweite bei drei nautischen Meilen! Lost! Ich bin definitiv Lost. Ich verliere restlos meine Orientierung. Weniger Sachverstand als ein Gefühl der absoluten Orientierungslosigkeit überkommt mich. Hier muss doch Hawarden sein – irgendwo hier. Aber wo, verdammt noch mal? Komm, bleib ruhig, schau auf den Kompass!!!! Aber irgendwie schaffe ich das nicht. Immer wieder eine Stimme: Hier muss – MUSS – Hawarden sein! GPS gefällig? Oder vielleicht die FS-Karte? Nooooo! 1600 nautische Meilen den Ozean überquert ohne GPS, ohne FS-Karte und dann das! Das darf nicht sein. Rationalität, wo bleibst du? Ich entwickle immer mehr eine brutale Panik in mir. Was war mit Hawker und Mackensie Grieve? Don’t let it end like this. Das Brummen des Wasp macht mich mit jeder Umdrehung mürber. Ich ziehe nach Norden. Das Fragment eines klaren Gedankens. Da muss Wasser kommen. Und wenn nicht? Ich fange an, sogar dem Kompass zu misstrauen – PAUSE – Und denke: Du sitzt nur auf einem Stuhl und simulierst und dazu noch nicht einmal richtig gut. Mir ist weder kalt, noch habe ich mich seit knapp 15 Stunden den Vibrationen des 500er Wasp ausgesetzt. Ich habe nicht permanent den Stick gehalten, so dass meine Finger sich kaum noch aus ihrer krampfhaften Stellung los lösen könnten. Weder Müdigkeit noch Erschöpfung plagen mich – allein nur ein bisschen Sorge einen langen Flug am Ende zu vermurksen. Ich beginne zu begreifen, dass da was Unmenschliches vollbracht wurde, damals, 1931, von einem Einäugigen namens Wiley Post und seinem Navigator, Harold Gatty. Mal kurz um die Welt. Preis damals: Zwei Menschenleben. Verdreckt und verschwitzt in der Enge eines kleinen, zugigen Cockpits. Heute: All inclusive for a little bit cash. Die Lachsröllchen? Platz 14 bitte. -PAUSE AUS- Mein Flug führt weiter. Im Nebel erkenne ich die Küste und jede Menge Bebauung. Ich werde doch nicht.... Liverpool? Kursänderung: 270 Grad – Westen. 16:00 Uhr, die Sonne geht unter. Super, Dunkelheit hat mir neben dem Nebel noch gefehlt. Blick auf die Karte: Hawarden liegt am Ende einer tief ins Landesinneren einschneidenden Bucht. Problem: Bei Liverpool gibt’s so eine Bucht auch, nur kleiner, aber ich fliege hier keinen Vermessungsflug, woran soll ich jetzt die richtige Bucht erkennen können? Ich überquere das Meer auf ungefähren Kurs 240. Wenn das meine Bucht ist. Ich folge dieser mit Kurs 160. Eine Brücke taucht aus dem Dunst auf. Unter mir überall Bebauung. Und ein Gefühl: Kann nicht stimmen. Änderung des Kurses: Wieder nach Westen. Und wenn die Bucht doch richtig sein sollte? Wieder umdrehen? Es nagt an mir. Wäre ich mir nur sicher. Mal die Sonne mit dem Sextanten anschießen? Bei Sonnenuntergang? Super Idee, nur praktisch führt dies zu keinem brauchbaren Ergebnissen. Das Meer taucht auf! Hier, auf meinem Westkurs? Kann eigentlich so nicht sein. Und das Land erbarmt sich und taucht im Dunst erneut auf – meine Bucht scheint gefunden. Die Nebeldecke reißt endlich auf. Querruder nach links, dieser Bucht folgend. Um 16:14 Uhr erstrahlt ein Flugfeld in der fortgeschritten Dämmerung vor mir. Ich gehe runter. Throttle Idle, RPM 2050, Mixture Rich. Ich drücke die Vega nach unten. Die Geschwindigkeit scheint sich nicht abzubauen. Egal, nur runter. Wie eine Motte zum Licht giert es mich zu diesem beleuchteten Platz. Mir ist es inzwischen egal, wie der Platz heißt und wo dieser liegt, nur endlich runter. |
![]() |
![]() |
![]() |
#2 |
Veteran
![]() Registriert seit: 26.05.2001
Beiträge: 266
|
![]() Das Fahrwerk fängt an zu rumpeln, ich bin gelandet. Das heißt, ich rolle. Ich rolle weiter. Immer noch. Moment, was ist denn jetzt schon wieder? Zum virtuellen Navigator Gatty bleibt nur noch der Zuruf: „Bereithalten für eine Androctonus-Spezial-Landung (kurz ASL).“
Ich rolle immer noch und die Maschine verliert keinen Cent an Fahrt! Ratio = Durchstarten. Nerven = Ich bleib unten, mich kriegt keiner mehr da hoch. Sieger = Nerven. Und wie sieht die AS-Landung nun aus? Landehilfen wie Zäune, Hecken oder andere Hindernisse werden bereitwillig zur Minderung der Fahrt genutzt. Ich überschieße die Landebahn und fahre mit der Vega ins nächst gelegene Einkaufszentrum, um mich bei der Gelegenheit über die Sonderangebote zu informieren. Es kommt wider Erwarten nicht zum Crash und mit weichen Knien fahre ich die Vega zurück zum Platz. Am Platz angekommen steige ich aus der Dachluke der Vega. „Wie war der Flug?“ Scheint jemand zu fragen. Ich antworte: „Nichts Besonderes. Blöde Landung halt.“ Und während meine Knie noch zittern, bin ich mit meinen Gedanken schon beim nächsten Streckenabschnitt. Nachtrag: Aufgrund starken Rückenwindes überflog ich Hawarden um ca. 15:30 Uhr und zwar punktgenau! Trotzdem bemerkte ich davon nichts und flog munter weiter. Wer allerdings mal über die Haube der Vega geschaut hat, kann erahnen, dass die Sicht voraus nicht toll ist, auch während des Fluges. Leider verfügt Hawarden nicht über einen Langwellensender, den ich hätte anpeilen können. Spannende Festtage, Andreas |
![]() |
![]() |
![]() |
#3 |
Inventar
Registriert seit: 12.04.2001
Alter: 43
Beiträge: 4.467
|
![]() Super bericht...
Bitte irgendwann nochmal sowas! ![]() |
![]() |
![]() |
![]() |
#4 |
Master
![]() Registriert seit: 26.10.2003
Alter: 53
Beiträge: 630
|
![]() Klasse, gerade wo ich eben mal rumfragen wollte, ob schon mal einer so eine Art von Flug gemacht hat.
Das mit den Sonderangeboten war echt gut! |
![]() |
![]() |
![]() |
#5 |
Elite
![]() Registriert seit: 14.07.2002
Alter: 44
Beiträge: 1.410
|
![]() Ja, guter Bericht.
![]() Bin mal mit der Comet von Berlin nach Istanbul geflogen, hat 8 Stunden gedauert (wg. Sightseeing, zwei Sitzungen) und bei der Landung auch leicht überschossen (aber nur leicht!). P.S.: Habe GPS und Karte benutzt. ![]() ![]()
____________________________________
Grüße Lars ~ Capitán Lars im neuen Forum. ~ Erweist einem toten Projekt die letzte Ehre: PROJECT GLOBAL - Freeware Global Express |
![]() |
![]() |
![]() |
#6 |
Veteran
![]() Registriert seit: 26.05.2001
Beiträge: 266
|
![]() Herzlichen Dank für Euer tolles Feedback. Hielt das Geschriebene am Anfang für etwas „flapsig“ und war mir nicht sicher, es hier zu posten. Flugerfahrungen nachträglich schriftlich aufzuarbeiten ist gar nicht so einfach, vor allem, wenn ein etwas „lebendigerer“ Stil versucht werden soll.
Zum Überschießen der Vega: Kam für mich ziemlich unerwartet. Ich hatte die Vega schon in einer Platzrunde versucht, da bereitete die Landung keinerlei Probleme. Nur: Ich hatte die Vega mit vollen Tanks getestet! Nun waren die Tanks nach dem Atlantikflug aber zur Hälfte geleert. So wurde ich mit einem völlig anderen Flugverhalten überrascht. Mit geleertem Haupttank gleitet die Vega schon beinahe wie ein Segelflugzeug und baut trotz ausgefahrenen Scheinwerfern kaum Fahrt ab. Trotzdem sollte eine Dreipunktlandung mit ca. 80 mph angestrebt werden. Im Gegensatz zur FS Piper Cub muss diese aber aufgrund des geringen Geschwindigkeitsabbaues schon viel früher, meist noch vor der Landebahnschwelle eingeleitet werden. Dieses Manöver geht aber auf Kosten der Sicht, die durch vorzeitigen Erhöhen des Anstellwinkels nahezu auf null geht! Da wird ein Treffer der Landebahn vor allem bei Seitenwind zum Glücksspiel. Bei starkem Bremsdruck und gleichzeitig hoher Fahrt verlangt die Vega gerne nach einem neuen Propeller. Zum Fliegen ohne GPS und FS-Karte: Wer bereits ein wenig Erfahrung mit dem Flugsimulator hat und gerne mal alte Flugzeuge ausprobieren möchte, sollte den „Iron-Man Modus“ (Kein GPS, kein kurzes Schauen in die FS-Karte) bei Gelegenheit antesten. Allein das Wort Nebel bekommt da eine völlig neue Dimension! Eine Navigation nach Sicht ist überraschenderweise auch ohne jegliches Addon im FS sehr gut möglich. Im Sayan-Gebirge konnte ich z.B. anhand eines größeren Tals und einer mit dem Sextanten ermittelten Standlinie fast exakt meine gegenwärtige Position abschätzen! Happy Landings, Andreas |
![]() |
![]() |
![]() |
Aktive Benutzer in diesem Thema: 1 (Registrierte Benutzer: 0, Gäste: 1) | |
|
|