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Das ist mir passiert! Flug-Erfahrungen aus (virtuellen) Cockpits |
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#1 |
Veteran
![]() Registriert seit: 26.05.2001
Beiträge: 266
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![]() Morgens, den 23 Juni 1931, um 3:28 Uhr, läutet das Telefon:
„Wiley, bist Du es?“ „Nein, Gatty, deine Frau! Sehr witzig! Ich muss jetzt starten, was gibt es?“ „Wollte nur wissen, ob du schon wach bist.“ So ungefähr werden wohl die „Telefonate“ zwischen Wiley Post und seinem Navigator, Harold Gatty abgelaufen sein, denn obwohl beide im selben Flugzeug flogen, waren Sie durch eine dicke Wand getrennt und nur durch jenes besagte Telefon miteinander verbunden. Das Telefon finde ich in der FS Winnie Mae aber nicht. Den Navigator auch nicht. An seiner Stelle blubbert dafür ein 280 Gallonen Tank. Das entspricht ca. 762 kg! Ganz schön schwer für einen Navigator. Na ja. Und dieser Autopilot vor mir: Den gab es 1931 auch nicht. Mmmmh, da hat Microsoft wohl die Winnie Mae von 1933 zum Vorbild und nicht die Ausführung von 1931. 1933 flog Wiley nämlich noch mal um die Welt, da er grad nichts anderes zu tun hatte. Und weil der Navigator nur dumme Telefongespräche führte, wurde er kurzerhand eingelegt in dieses 280 gal Fass. So flog Wiley die ganze Strecke alleine und verbesserte seinen Rekord von 1931 um fast einen Tag. Für meinen Flug konnte ich Harold Gatty noch seinen Bubble Sextant Mark IX entreißen. Diesen hatte Dave Bitzer und Mark Beaumont konstruiert. Und mit diesem sollte es auch ohne Navigator gehen. Allerdings kam vor dem Flug der Fleiß. Ich erspare mir hier einen längeren Vortrag über „Nautik“. Die Einarbeitung in Navigation nach Großvaters Art erinnerte mich exakt an meine erste Auseinandersetzung mit dem FMC. Die Informationsbeschaffung war deutlich komplizierter. Als mir schließlich zur bestellten Seekarte des Nordatlantiks noch eine Broschüre über Literatur zum erfolgreichen Segeln beigelegt wurde, wurde mir endgültig klar, dass ich bald fit bin für den Microsoft Sailsimulator. Mit vollen Tanks hob ich nach sehr langer Einarbeitungszeit und gründlicher Flugplanung endlich vom Flughafen St John’s Intl am 20.11.05 um 23:00 Uhr Ortszeit mit der Lockheed Vega 5-C ab. Ziel: Hawarden, England. Diesmal wollte, nein, musste ich den Nordatlantik mit einem alten Fluggerät bezwingen! Was Persönliches zwischen mir und ihm. Hatte der Nordatlantik doch zwei meiner Versuche bereits vereitelt. Für diesen Flug galt „Iron man modus“. Das heißt: Keine FS-Karte, NO GPS und möglichst aktuelles Wetter! Erlaubte Hilfsmittel waren der eingebaute Radioempfänger und jener zeitgenössische Sextant von Bitzer und Beaumont. Schwerfällig schob sich die Vega in die Nacht Neufundlands. Mit vollen Tanks kam Sie nur mühselig in die Höhe. Etwas übertrieben für einen Flug nach England: Ich hatte Sprit für ca. 28 Stunden. Bis nach Hawarden sind es aber nur ca. 13 Stunden. Tja, wenn das Wetter in Hawarden nicht gut sein sollte, kann ich ja noch umkehren ![]() |
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#2 |
Veteran
![]() Registriert seit: 26.05.2001
Beiträge: 266
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![]() Das Wetter Neufundlands war „normal“: Kalt, feucht, dichte Wolkendecke, also im Prinzip alles so, um nicht zu fliegen. Denn jetzt ist da Eiszeit und die Fluggeräte damals hatten ja noch keinen effektiven Vereisungsschutz der Tragflächen. Aber Microsoft war so freundlich, eine dicke Fettschicht auf die Tragflächen aufzutragen. So kümmerte mich das Eis wenig und ich freute mich über den kräftigen Wind aus Westen. Nach den Wetterfröschen blies der Wind die ganze Strecke über aus Westen. Nur um Irland blies es stärker aus Südwesten.
Schon wenige Minuten nach dem Start bemerkte ich Eisansatz am Pitot-Rohr: Der Fahrtenmesser fiel aus. Bevor auch der Vergaser anfing, Eis zu sammeln, zog ich lieber die Vergaservorwärmung. So flog ich zunächst völlig unspektakulär durch die kalte, wolkenverhangene Nacht. An ein Peilen nach den Sternen war vorerst nicht zu denken. Geplant war aber für diesen Flug sowieso nur eine Navigation nach dem Sonnenstand, da dies der einzige Himmelskörper ist, den ich definitiv zu erkennen glaube. So hatte ich bis zum Sonnenaufgang zunächst einmal Ruhe und konnte überlegen, ob die Turbulenzen wohl noch zunehmen würden oder der FS vielleicht doch Tragflächenvereisung darstellen könnte. Zweimal verstellte mir in der Nacht der Fluggeist meine Uhr um jeweils eine Stunde vor. Das war ärgerlich, aber glücklicherweise mit eingeplant gewesen. Womit ich nicht rechnete: Die Sonne erschien erst um 9:30 Uhr Zulu-Zeit!!!! Das erste Besteck wollte ich aber schon um 9:00 Uhr nehmen. So hatte ich 8 von 12 geplanten Fixpunkten zurückgelegt (und damit über die Hälfte der Gesamtstrecke), ohne meine Position abzugleichen! Mit gemischten Gefühlen ermittelte ich meine erste Standlinie –und erlag einem fatalen Irrglauben! Ich maß keinerlei Abweichung der Elevation und schloss daraus, dass ich exakt auf meinem für 10:00 Uhr Zulu-Zeit geplanten Fixpunkt lag. Mittlerweile war auch das Wetter deutlich besser geworden. Es war wärmer geworden, um Null Grad, vereinzelt tief hängende Schleierwolken. Auch der Fahrtenmesser zeigte wieder an. Ich errechnete eine TAS von 136 kts. Super! Genau wie geplant. Aber alles läuft zu gut und das kann nicht sein. Und der Atlantik überrascht immer, wenn nicht gleich zu Beginn, so dann doch kurz vor Erreichen des Ziels. Um 11:00 Uhr Zulu dann der Donnerschlag: Die Standlinie wies deutlich, um –20 NM ab. Und ich begann erst an dieser Stelle, mit den ermittelten Ergebnissen des Sextanten zu einer vernünftigen Interpretation zu kommen. Nicht so toll. Zwischen mir und dem Atlantik 5000 Fuß und keine Ahnung, wo ich jetzt eigentlich wirklich bin. Flugpause, noch mal Tutorial von Dave Bitzer in die Hand genommen und gelesen. LOP? Line of position? Ich komme irgendwie einfach nicht dahinter, was Dave damit wirklich meint. Nach einer Weile lese ich in einem kleinen Büchlein etwas von STANDLINIE und eile schnell zu meiner Karte: Das ist Sie!!! Ich hatte den Azimut als LOP angesprochen. Peinlich, peinlich.... aber ich hatte bis vor kurzem nie etwas von Elevation oder Azimut gehört, geschweige von einer Standlinie. Zurück zu meiner Situation: Ich bemerkte nun, das zwei Standlinien zur exakten Bestimmung der Position nötig wären. Dies geht aber nur mittels zweier Gestirne und die habe ich am Tage nicht. Höchst unangenehm! Aber wenigstens weiß ich anhand der auf der Karte übertragenen Standlinien, wo ich ungefähr sein könnte. Ich merke, ein guter Navigator ist nicht fehlerlos, ein guter Navigator kennt die Fehler! Ich musste meine Position interpolieren. Ich hatte die Standlinien zweier Positionen und eine Wetterkarte. Mal nachgedacht: Am Anfang flog ich mit Westwinden, teilweise etwas aus südlicher Richtung kommend, hier in der Region des Golfstroms überwogen mehr südwestliche Winde, die an Heftigkeit zunahmen. Ich schätzte meine Position auf der zuletzt ermittelten Standlinie ab: Nordöstlich meines eigentlich geplanten Fixpunktes müsste ich eigentlich liegen, da ich mit dem Wind deutlich schneller als geplant geflogen sein muss. Nun errechnete ich eine Kursänderung plus Deklination plus geschätztem Windeinfluss. War vorher mein Kurs 99 Grad, so schätzte ich den neuen Kurs auf 119 Grad. Nach einer Stunde ermittelte ich wieder meine Standlinie: Sieht gut aus. Keine weitere Verlagerung nach Norden, die Küste Irlands müsste bald angeschnitten werden. Um 12:30 Uhr erkannte ich die Küste Irlands. Durch die ermittelten Standlinien bestand daran kein Zweifel. Als ich ein Besteck um 13:00 Uhr kurz vor der Küste Irlands nahm, erhielt ich durch den Schnittpunkt Standlinie/Küste Irlands meine exakte Position: Hätte ich keine Korrektur vom geplanten Kurs gemacht, wäre ich mit ziemlicher Sicherheit an Irland vorbei geflogen. So hatte ich den Atlantik bezwingen können, doch musste ich jetzt noch Hawarden finden und dort landen. Aber das wäre eine andere Geschichte. Happy Landings, Andreas (Falls Bedarf an näheren Ausführungen zum sicheren Umgang mit dem Sextanten von Bitzer und Beaumont bestehen sollte, so einfach hier posten oder mir mailen, ich könnte vielleicht helfen ![]() |
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#3 |
Veteran
![]() Registriert seit: 26.05.2001
Beiträge: 266
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![]() Bildchen vergessen. Na ja, ist schon etwas spät geworden.
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#4 |
Inventar
![]() Registriert seit: 25.06.2005
Beiträge: 2.725
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![]() Morgen,
der ist echt knallig lustig. ![]() Gruß Morgen |
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#5 |
gesperrt
Registriert seit: 15.11.2005
Alter: 35
Beiträge: 454
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![]() Was war denn das für ein Telefon????????? So ein Zimmer zu Zimmer Telefon, wie ich es als kleines Kind hatte oder was?????
Dabei dachte ich immer Telefonieren sei im Flieger verboten. ![]() Aber das änder sich ja bald wieder. Zum Glück. ![]() Grüße Marc |
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#6 |
gesperrt
Registriert seit: 15.11.2005
Alter: 35
Beiträge: 454
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![]() Eine Frage wäre da noch.
Postest su bal auch noch Bilder oder müssen wir uns mit dem Text zufriedengeben????? Grüße Marc |
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#7 |
Veteran
![]() Registriert seit: 26.05.2001
Beiträge: 266
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![]() Ups, Bilder! Oh weh, oh weh! Na ja, hier hab ich noch eins. Hoffe es gefällt. Musste auf die Schnelle gemacht werden. Kann vielleicht noch mehr machen, mal schauen.
@Nico Danke für dein positives Feedback. Grüße, Andreas ![]() |
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#8 |
Inventar
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![]() Muss ja ein spannender Flug gewesen sein ganz ohne GPS, VOR, NDB,...
Wirklich bemerkenswert dass man anhand von Gestirnen auch schon sehr genau die Position bestimmen konnte! Mein einziger Orientierungspunkt am nächtlichen Himmel ist der Nordstern ![]() Ich glaube Schlecker will von dir eine Bilderstory weil er noch nicht lesen kann. Ging mir im Kindergarten auch immer so ![]() Grüße, Harri
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#9 |
Master
![]() Registriert seit: 12.09.2002
Beiträge: 504
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![]() Toller BEricht,auch ohne Bilder.
Einfach mal ein anderer Ansatz für einen Flug, als das FMC zu füttern und dann nur noch alles kontrollieren. Und mutig waren die Typen damals wirklich. Hut ab!
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Grüße Michael Runter komm ich immer!!! |
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#10 | ||
Veteran
![]() Registriert seit: 26.05.2001
Beiträge: 266
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![]() Zitat:
Denn: Zitat:
Neben diesen Messfehlern beschreibt Dave noch eine sehr interessante Möglichkeit einer Navigation nach der Sonne. Bei dieser Art der Navigation wird nicht ein direkter Flug zum Ziel geflogen, sondern ein nördlicher Flug zur direkten Route (10% rule), also eigentlich ein bewusster Fehler zur Navigation! Sobald man nun die Standlinie des Zielpunktes erreicht hat, dreht man auf dieser und fliegt einfach südlich bis zum Zielpunkt. Das erfordert aber eine exakte Zeitplanung. Ich brauche nicht darzustellen, wie das in der Realität aussieht, wenn ein Sturm durchflogen wird und hinterher die Messergebnisse keinen rechten Sinn ergeben wollen! Insgesamt ein Hammer, das der jetzige Simulator auch die alten Navigationsmethoden zulässt, vielleicht noch nicht so perfekt, aber Nahe dran! Immer einen guten Stern, Andreas |
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