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So fliegt man richtig! Fragen, Antworten, Diskussionen zum Fliegen von Jets im FS

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Alt 12.03.2006, 14:48   #1
UKING
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Standard Navigation im Bombenkrieg des II. Weltkrieges

Hallo Ihr,
durch die ganzen momentanen Dokumentationen und Filme über die Zerstörung Dresdens im Februar 1945 stellt sich mir jetzt folgende Frage:

Wie wurde damals navigiert? Es ist nur bekannt, dass die Piloten Karten von Dresden hatten, um das Bombardement vor Ort so wirkungsvoll wie möglich durchzuführen, aber wie fanden sie diese verdunkelte Stadt in der Nacht so ganz ohne GPS überhaupt? Dass die Deutschen die auf ihrem Gebiet stationierten NDBs und VORs (falls letztere überhaupt schon erfunden) abgeschaltet oder diese zerstört waren, kann doch als sicher gelten. Ein Sichtflug nach Koppelnavigation dürfte nachts ja nicht in Frage gekommen sein...
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Viele Grüße aus Norddeutschland!
-Uli-
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Alt 12.03.2006, 14:56   #2
floki
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Ist jezt nur mal ne idee von mir wie es gewesen sein könnte.Also die flieger sind ja damals in formation geflogen,dass heißt sie benötigen nur ein flugzeug welches mit der nötigen navigation ausgestattet ist,da sie diesem ja folgen.Ich denke mal das sie die möglichkeit hatten sich anhand von positionen und höhe des mondes und der sternenbilder zu navigieren.Was ich aber sicher weis ist das die lastensegler von radiostationen an ihr ziel geführt wurden.Das müssten so ne art VOr in glein gewese sein.Diese wurden von der Americanern schon kurz vor dem angriff dort plaziert.
So könnte es damals gewesen sein.
Gruß Florian
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Alt 12.03.2006, 16:44   #3
derBruchpilot
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Es gab verschiedene Möglichkeiten.

1. Am Anfang Koppelnavigation, d. h. Berechnung des zurückgegelgten Weges anhand der Flugstrecke, dabei Berücksichtigung der Abdriftt. Zusätzlich konnte man sich in mondhellen Nächten noch an Gewässern orientieren, ggf. später auch am Radarbild.

2. ADF war bereits erfunden, damit war der Hin- und Rückweg auf gerader Linie möglich.

3. Ein Leitstrahlverfahren. Ein Leitsrtrahl wurde in gerader Linie auf das Ziel gerichtet. Ein anderer Strahl schnitt diesen auf Höhe des Ziel- bzw. eines Wegpunktes im möglichst großem Winkel.


Gruß R.
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Glück bedeutet einen anständigen Martini, ein anständiges Essen, eine anständige Zigarre und eine anständige Frau ... oder eine unanständige Frau - je nachdem, wieviel Glück man verkraften kann. -Robert Burns
http://www.derbruchpilot.net/html/msfs.html
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Alt 12.03.2006, 16:56   #4
UKING
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...Aber von wo aus hätte man diesen "Leitstrahl" denn senden können? Schließlich lag Dresden weit im Osten- meilenweit weg von jedem Punkt, von dem aus von den Alliierten kontrolliert- ein solcher Strahl auf Dresden gerichtet hätte werden können. Und dann ist man ja auch nicht direkt angeflogen, sondern versuchte noch durch "Hakenschlagen" bei der Abwehr Verwirrung zu stiften. Das hätte einen selbst doch auch noch verwirren können!

Wenn man sich wirklich nur auf die Gestirne verlassen hat, staune ich, wie genau man das hat machen können! Sichtnavigation war wohl nicht so einfach, da zwar die Wolkendecke aufriss, (das schlechte Wetter gab den Dresdnern noch eine "Galgenfrist", der Angriff hätte nämlich schon ein paar Tage früher durchgeführt werden sollen) aber ich glaube kaum, dass man sich über einen fünfstündigen Flug-kreuz und quer über Deutschland darauf beim Start verlassen hat.
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Viele Grüße aus Norddeutschland!
-Uli-
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Alt 12.03.2006, 17:32   #5
Peterle
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Fast ganz richtig:

Aber ADF wurde massiv gestört, teilweise wurden die eigenen Kennungen von ganz anderen Standorten in "Feindesland" abgestrahlt, was bei unerfahrenen Mannschaften oft zu heillosem Chaos führte (Flug auf Gegenkurs usw). Koppeln war viel zu ungenau (etwa 1..2nm) Astronavigation ebenso.

Ein Leitstrahlverfahren (sehr ähnlich dem LOC des ILS) wurde von den Deutschen eingesetzt (Deckname "Knickebein"). Zwei Sender legten Leitstrahlen, die sich über dem Ziel kreuzten. Wurde auch bei der Bombardierung von Coventry eingesetzt. Die Engländer konnten Knickebein schon einige Zeit vorher stören (Störsender-Deckname "Aspirin"), beim Coventry-Angriff wurde aber die NF-Frequenz falsch gerastet und die Deutschen hatten schmalbandige Filter.

Die Engländer nutzten relativ früh ein Hyperbelverfahren, das nach dem Krieg modifiziert als LORAN und DECCA zivil genutzt wurde. Vorteil: Autonome Navigation an jedem Ort, nicht nur auf dem Leitstrahl. Ein verfeinertes Verfahren hiess "Oboe", es führte über Abstandsmessung und (Leitstrahl-) Zielmarkierung zum Schluss besser als 150m genau über das Ziel.

Weiterhin war das Millimeter-Radar der Engländer (HS2) mit Klystron-Röhren (hatten die Deutschen nicht, deren Radar arbeitete im Dezimeterbereich) mit PPI-Anzeige so hoch auflösend, dass die Konturen der Staedte/Flüsse usw sehr gut als Navigationshilfe benutzt werden konnten.

Es flogen immer Maschinen mit bester Navigationsausrüstung und sehr erfahrener Mannschaft vorraus, die dann das Ziel mit Leuchtmitteln ("Christbäume") und Brandsätzen markierten, das reichte für die folgenden Bomber: Die Feuer von Coventry waren (mondhelle, klare Nacht) für die deutschen Bomber bereits über dem Kanal sichtbar.

Nun, ich war noch recht jung, als wir gleich zweimal hintereinander total ausgebombt wurden (Wuppertal und Hagen), trotzdem hat sich einiges davon tatsächlich ins Gedächtnis eingeprägt - war nicht so schön. Daher mein Interesse für die Zusammenhänge.

Den Dresden-Film sehe ich daher mit gemischten Gefühlen - die Realität war weniger kitschig und erheblich brutaler.

Viele Grüsse
Peter
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Alt 13.03.2006, 00:51   #6
Androctonus
Veteran
 
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Peters dezidierte Ausführung ist eigentlich kaum etwas hinzu zufügen .

Vielleicht noch ergänzend:

1. Pathfinder:
So wurden die von Peter aufgeführten erfahrenen Mannschaften mit bester Navigationsausrüstung und „Christbäumen“ von der RAF genannt. I.d.R. ausgerüstet mit kleineren Maschinen wie de Havilland Mosquito (bei der Bombardierung Dresdens nahmen 9 Mosquitos der No. 5 Group teil).

2. Elektronische Hilfsmittel:

2.1 „Gee“ (Grid, verbalhornt) (ab Anfang 1942): Vorläufer des LORAN. Impulsvergleich zweier Stationen (eine dritte zur Korrektur) am Oszilloskop. Sehr störanfällig.

2.2 Oboe (ab Ende 1942): Ein „Pathfinder“ fliegt mit Radiotransponder auf dem Strahl einer Bodenstation (Cat) Beim erreichen eines zweiten Strahl (Mouse) erfolgt der Abwurf. Hier wird also die Entfernung zu beiden Stationen als Navigationshilfsmittel genutzt, nicht wie beim VOR ein Radial in Grad! Sehr genau (auf 400 km Trefferradius von 110 m möglich).

2.3 H2S (ab Anfang 1943 in Flugzeugen): Eingeführt als Zehnzentimeterradar, später dann 3 cm und 1,5 cm. Der Klassiker mit der Klystronröhre. Eingebaut in Stirling und Halifaxbombern, später dann in Avro Lancaster. Erster Einsatz bei der Bombardierung Hamburgs.

Ein Herr „Meier“ sorgte um 1941 für Auflösung des deutschen DMW-Entwicklungslabors. Somit verfügten die Deutschen erst mal kein Radar (vielleicht auch gut so). Als dann die Deutschen in einem abgeschossenen Stirlingbomber 1943 das H2S entdeckten, konnten sie dieses zunächst nicht richtig einordnen, reagierten aber geschockt, als mit Hilfe eines zweiten erbeuteten Gerätes die Verwendung demonstriert werden konnte.

Dresden?
Die erste Welle bestand aus Mosquitos und Lancastern der No. 5 Group („nicht sehr erfolgreich“ – Militärjargon halt).
Die zweite Welle bestand aus 4 Gruppen, wobei die No. 8 Group mit ihren Lancastern die Rolle der „Pathfinder“ übernahm. Zum Zeitpunkt der Bombardierung klarte der Himmel auf, was die Trefferwirkung durchaus begünstigt haben wird.


Die Entwicklungen dieser Navigationshilfsmittel waren gut, leider nicht die Zeit, in denen sie geboren wurden.

Andreas
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Alt 13.03.2006, 08:11   #7
einmot-flieger
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Zitat:
Original geschrieben von Peterle
Nun, ich war noch recht jung, als wir gleich zweimal hintereinander total ausgebombt wurden (Wuppertal und Hagen), trotzdem hat sich einiges davon tatsächlich ins Gedächtnis eingeprägt - war nicht so schön.
Das kann ich mir denken, auch wenn ich mir - zum Glück - die Ereignisse, so wie sie damals wohl wirklich waren, kaum vorstellen kann.

Man kann nur hoffen, dass die Geschehnisse von damals für viele nachfolgende Generationen eine Warnung sind und dass sich so ein Krieg und soviel Unrecht und Leid nie mehr wiederholen wird.
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Alt 13.03.2006, 19:44   #8
Peterle
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Andreas, Ich hatte aus dem Gedächtnis geschrieben, und das ist wohl so langsam auch nicht mehr das, was es mal war... richtig, Gee war der LORAN-Vorläufer (aber mit höherer Frequenz) das Radar hiess H2S und nicht HS2, naja...

Ich hab nochmal in meinen Unterlagen gestöbert: Deine Ausführungen sind wirklich ganz exakt. Bis auf eine Kleinigkeit... Nur zwei Sender bei Gee (oder Loran) geben viele Orte gleicher Laufzeitdifferenz, eindeutig macht die erst der dritte Sender. Die englischen Piloten hatte spezielle Karten mit vorgedruckten Hyperbelscharen bei sich, um ihre Position einfach bestimmen zu können. Und nebenbei die Anweisung, diese bei Notlandung in "Feindesland" sofort zu vernichten, um das Prinzip noch ein bishen zu verschleiern.

@Thorsten: Ich kann Dir wirklich nur zustimmen. Insbesondere, wenn man bedenkt, welche "Fortschritte" in Positionsgenauigkeit und Zerstörungskapazität seitdem gemacht wurden... was hätte man mit der Menge an Gehirnschmalz an nützlichen Dingen zustandegebracht...

Viele Grüsse
Peter
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Alt 15.03.2006, 05:40   #9
Raptor
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Beiträge: 1.593


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Zitat:
Original geschrieben von einmot-flieger


Man kann nur hoffen, dass die Geschehnisse von damals für viele nachfolgende Generationen eine Warnung sind und dass sich so ein Krieg und soviel Unrecht und Leid nie mehr wiederholen wird.
Dem ist leider nicht so, siehe Bagdad. Für die dortige Zivilbevölkerung, war das Live Spektakel der Amis auch kein Scherz .

Und dann war da auch noch Vietnam, Napalm, Agent Orange.
Und was war mit den 2 Atombobmen?
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Alt 15.03.2006, 12:35   #10
Buschflieger
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Beiträge: 4.096


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Hallo Uli,

wenn Du an detaillierten Infos interessiert bist versuch mal an folgendes Buch zu kommen:

David Irving (ich weiss der Autor ist umstritten)
"Der Untergang Dresdens".
Erschienen 1965!


Hier gibts das Buch noch.

Irving beschreibt hier sehr genau die Verfahren die das brit. Bomberkommando angewendet hat um Städte wie Wuppertal, Hamburg, Dresden etc. in Schutt und Asche zu legen.

Wenn man (in Kenntnis des Autors) die dort genannten Zahlen und Kommentare (gerade in Hinbblick auf Dresden) relativiert, ergibt sich ein erschreckend genauer Überblick über den Bombenkrieg über Deutschland in der Zeit von 1943 - 45.
Buschflieger ist offline   Mit Zitat antworten
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