Einzelnen Beitrag anzeigen
Alt 17.07.2003, 13:12   #29
Marc
Inventar
 
Registriert seit: 01.03.2000
Beiträge: 3.197


Standard Re: Kauft mann den ...

Zitat:
Original geschrieben von Jean-P.
Mir kommt es so vor, dass man nur fuer ein eingeschränktes Nutzungsrecht bezahlt.
Das kommt der Problematik schon sehr nahe: Softwarekauf gilt in Deutschland gemeinhin als Sachkauf – so wie ich auch ein Buch kaufe. In den USA ist Software aber kein „product“, sondern ein „service“ - und das ermöglicht Einschränkungen:Kaufe ich einen Staubsauger (Sachkauf), so kann ich den beliebig nutzen; der Hersteller kann mir nicht vorschreiben, was ich mit meinem Staubsauger zu machen und zu lassen habe. Will ich aber statt Staubsauger eine Putzfrau kaufen.. äh.. „lizensieren“, so ist dies ein Dienstvertrag. Und nun kann die große „Putzfrauen-Vermittlungs-AG“ mir beliebige Einschränkungen vorschreiben: Putzen tut unsere Frau nur Dienstags zwischen 14:00 und 14:30, nach einem Monat endet der Vertrag und muss neu geschlossen werden...

Mit diesem Verständnis handeln insbesondere US-Hersteller hier – und das ist eine grandiose Ignoranz auf dem deutschen Markt: Die Käufer hier haben nun einmal andere Rechte. Und so wie ich bei einem gekauften Buch beliebig die Seiten rausreißen darf, so will ich auch mit meiner Software wie mit meinem Staubsauger verfahren. Einzig bei „meiner“ Putzfrau ist mir klar, dass ich nicht mit der beliebig verfahren darf.

Die Hersteller interessieren sich aber für diese Situation einfach nicht. Eigentlich komisch, denn das ein US-Hersteller hier nicht „mein Kampf“ verkaufen darf, wäre ihm sicher klar.

Schränkt nun auf dem deutschen Markt ein Hersteller sein Produkt mit Freischalt- und Hardware-Locks ein, so ist das juristisch überaus dünnes Eis. Kaufe ich mir eine Software, die auf meinem Rechner nicht funktioniert oder nur eingeschränkt oder zumindest erstmal nicht, so ist das, als ob ich ein Auto kaufe, welches erstmal nur 5x anspringt und danach vom Hersteller endgültig „freigeschaltet“ werden muss. Dabei ist es mein Auto! Mein nicht anspringendes Auto ist juristische mangelhaft, und mir stehen Gewährleistungsrechte zu.

Es gibt eine Rechtsprechung zu Microsofts Produktaktivierung: Die gesamte Angelegenheit verletzt nur dann nicht die Rechte des Kunden, wenn die Aktivierung unverzüglich (24h/7Tage), kostenlos und ohne technisch Anforderungen (also ohne Internetanschluss!) möglich ist.

Inwieweit derzeit andere Hersteller dies beachten, kann jeder potentielle Neukunde selbst beurteilen. Gilt die Software demgemäß als mangelhaft (z.B.: sie läuft dauerhaft nicht auf einem Rechner ohne Internetanschluss), so stehen dem Käufer verschiedene Rechte zu, die im Extremfall bis zur eigenhändigen Beseitigung des Fehlers (sprich: Cracken) gehen können.

Insgesamt ist die Problematik aber juristisch im Fluss und nicht abschließend geklärt. Auch ist nicht wirklich ganz klar, ob sich das Microsoft-Urteil mangels Datenträger und zwischengeschaltetem Händler problemlos auf Add-On Hersteller übertragen lässt. Sicherheit würde hier wohl erst ein Urteil schaffen.

Damit stehen die Add-On-Hersteller auf extrem dünnen Eis: Eine Klage gegen einen crackenden Kunden könnte sehr gut als überaus schmerzhafter Schuss ins eigene Knie enden. Ebenso natürlich, falls ein entnervter Kunde klagt.

Hier wird dann auch meiner Meinung nach deutlich, dass die gesamte Freischalt-Angelegenheit eine Dummheit der Hersteller ist: Das Problematik der illegalen Kopien liegt weder im rechtlichen Bereich: Wir haben ein ausgewogenes und detailliertes Urheberrecht. Noch liegt das Problem im technischen Bereich: Geldbörsen zu klauen oder im Lokal die Zeche zu prellen, ist auch problemlos möglich, trotzdem ist dies kein Massenphänomen.

Das Problem liegt vielmehr im moralischen Bereich: „Saugen und Cracken? Macht doch jeder! Außerdem tut's niemandem weh!“

Wenn die Firmen sich also ein größeres Unrechtsbewusstsein auf Seiten der Kunden wünschen, dann ist es der ganz falsche Weg, dem Kunden selbst auf problematische Weise die Rechte zu beschneiden, sprich „Unrecht antun“. Wenn schon der ehrliche Kunde schlimmstenfalls die rechtmäßig gekaufte Software cracken darf, um an seine Rechte zu gelangen, dann besteht die Gefahr, dass sich wohl viele fragen, „warum nicht gleich bei Emule saugen?“.

Damit ist keinem gedient.

Deshalb: Kauft keine Software, die euch nur zu Konditionen überlassen wird, mit denen ihr nicht einverstanden seid. So verstehen die Hersteller am besten, der die Kunden nicht mit einer rechtlich zweifelhaften Beschneidung ihrer Rechte einverstanden sind.

Wir werden bei FXP jedenfalls in den Tests verstärkt auf solche restriktiven Aktivierung achten.
Marc ist offline   Mit Zitat antworten