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Alt 04.12.1999, 19:43   #3
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V1 , Vr, V2= Wichtige Startgeschwindigkeiten

Die bekannten wichtigen V1, Vr und V2 Werte lassen sich nicht ohne umfangreiche Detailkenntnisse der Flugzeugdaten (Gewicht, Schubleistung, Performance, Bremsleistungen) sowie Informationen über das Wetter (Luftdruck, Wind, Temperatur) und über die Beschaffenheit der Runway (Längsneigungen, Oberflächenbeschaffenheit) errechnen.

Es können nur folgende Grunderläuterung gegeben werden:

V1 ENTSCHEIDUNGSGESCHWINDIGKEIT

Das ist die Geschwindigkeit, bei der ein, zum Start beschleunigendes Flugzeug noch sich sicher beim Startabbruch abgebremst werden kann. Er berücksichtigt das momentane Startgewicht, Leistungsfähigkeit der Bremsen/Fahrwerk, Windeinfluß und die Reibwerte der Startbahnoberfläche. V1 Daten werden von den Flugzeugherstellern im AOM (aircraft operating manual) festgelegt und anhand vieler Daten vom Pilot individuell errechnet.

Trotzdem gibt es die Faustformel, das ein Twinjet eine V1 von etwa 140 bis 150 kts hat.

Wichtig für alle PC Piloten: Bei der Beschleunigung muß (!) der Pilot (PF) eine Hand auf dem Schubhebel halten, bis im der nicht fliegende Pilot (PNF) das Tempo V1 meldet.

Bis zum erreichen von V1 muß sich also der Pilot entscheiden, ob der Start erfolgen kann oder nicht. Treten irgendwelche Probleme auf, ruft der Pilot laut "stop" und eine Vollbremsung wird eingeleitet. Dazu werden sämtliche Bremsmittel aktiviert: Reverser, Airbrakes und Bremsanlage mit Antiskid (im Automobilbau sagt man dazu ABS).

Da oberhalb dieser Geschwindigkeit das Flugzeug nicht mehr sicher auf der verbleibenden Länge der Startbahn zum Stillstand gebracht werden kann, ist ein Startabbruch danach logischerweise nicht mehr möglich. Der Pilot (PF/pilot flying) nimmt dann die Hand vom Schubhebel und umfaßt mit beiden Händen das Steuerhorn.

Vr ROTATION SPEED

Bei dieser Geschwindigkeit rotiert die Maschine, weil dafür eine ausreichende Luftströmung an den Tragflächen anliegt. Sie hebt bei Vr zunächst NICHT vom Boden ab, sondern nur die Flugzeugnase mit dem vorderen Fahrwerk, während das Hauptfahrwerk noch am Boden ist.

Vr liegt etwas höher als V1, i.d.R. etwa 5% über V1. Bei den meisten Jets also zwischen 147 und 158 kts. Bei Vr zieht der PNF das Steuerhorn zu sich heran und hebt die Flugzeugnase bis etwa 20° nach oben, was sofort im Fluglageanzeiger (primary display) angezeigt wird.

Erst einige Sekunden nach dem Rotieren hebt das Flugzeug vom Boden ab, was dem Piloten auch über das Variometer als "positiv climbrate" vom "Copiloten (PNF) gemeldet wird.

V2 TAKE OFF CLIMB SPEED

Diese Geschwindigkeit wird bei korrektem Start etwa in 35 Fuß Höhe erreicht, nachdem die Maschine rotiert und direkt danach "abgehoben" hat (airborne). Dieses geschieht i.d.R. ebenfalls wenige Sekunden nach dem Rotieren und wird dem PNF auf Grund der Instrumentenanzeigen gemeldet. Auch V2 liegt nur wenige Knoten über Vr, i.d.R. 6%, also bei 165 bis 170 kts.

V2 bedeutet aber auch, daß die Maschine ab jetzt im Falle eines Triebwerkausfalls sicher gestartet werden kann, also den folgenden Steigflug fortsetzt. Um rasch an Höhe zu gewinnen, muß der Luftwiderstand des Flugzeugs reduziert werden. Deshalb wird umgehend das Fahrwerk eingefahren.

Für den folgenden Steigflug hält der Pilot die Flugzeuglängsache auf konstante 10°, und gleicht Abweichungen mit dem Steuerhorn aus. Die daraus resultierende Steigrate (climb) ist unterschiedlich, je nach Flugzeugtyp und Triebwerksleistung. Sie kann zwischen 1800 ft/min bei der BAE146 über 2200 ft/min B737 bis zu 2600 ft/min bei der -übermotorisierten - MD90/MD83 liegen.