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Alt 04.06.2002, 13:55   #27
Peterle
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Standard Da hab' ich mir was eingehandelt!

Ich hab' lange ueberlegt, ob ich nicht lieber einen schmachvollen Rueckzug antreten und kundtun solle, Langstreckennavigation sei ohnehin nix fuer den Software-Ordner... aber warum denn eigentlich nicht? Schliesslich sind Formeln ja auch eine Art Software....

Bei der Langstrecken-Navigation koennte alles ja genauso einfach sein wie bei der erweiterten Platzrunde - wenn da nicht dummerweise jemand festgestellt haette, dass die Erde keine Scheibe, sondern eine Kugel ist. Diese historische Gemeinheit hat nun dazu gefuehrt, dass all die schoenen Saetze der Euklidischen Geometrie auf der Erde nicht mehr exakt gelten: Die Winkelsumme im Dreieck ist nicht mehr 180 Grad, die kuerzeste Verbindung zwischen zwei Punkten ist nicht mehr eine Gerade - all unsere schoenen Kenntnisse nuetzen uns nur noch wenig, wenn wir ein altes Flugzeug ueber den Atlantik kutschieren wollen.

Also: Ohne FMC, ohne GPS, waehrend langer Zeiten ohne jede Funkpeilung - wirklich auf sich selbst gestellt, im Sinne des Wortes: Inertial (aber ohne inertiales Referenzsystem, )

Bei der Langstreckennavigation ist die kuerzeste Verbindung zwischen Start und Ziel ein Grosskreis (eine Orthodrome), der durch Start- und Zielpunkt geht. Dummerweise kann man den aber nicht sinnvoll abfliegen, da man ja den Kurs dauernd um geringe Betraege aendern muesste. Man moechte eigentlich zum Ziel kommen, indem man ab Start einen festen, unveraenderlichen Kurs (Kursgleiche, Loxodrome) fliegt und so ohne Korrekturen zum Ziel kommt. Das geht durchaus, wenn auch mit einer ziemlich gemeinen Formel:

Navigation nach Kursgleiche (Loxodrome):
----------------------------------------

(B1,L1) : Koordinaten Startpunkt (Breite, Laenge)
(B2,L2) : Koordinaten Zielpunkt(Breite, Laenge)

- Westliche Laengen positiv, oestliche Laengen negativ -
- noerdliche Breiten positiv, suedliche Breiten negativ -

- Der Kurs darf nicht durch Nord- oder Suedpol verlaufen -
- Bei der Distanzberechnung treten Fehler auf, wenn der Kurs nahe 90 bzw 270 Grad ist -
- Verringerte Genauigkeit fuer sehr kurze Strecken (Platzrunde ) -

Kurs = ATAN(PI * (L1-L2) / (180 * [ LN (TAN (45 + B2/2)) - LN (TAN (45 + B1/2)) ] )

Distanz = 60 * (L2 - L1) * COS (B) fuer COS(Kurs)=0 (fuer Kurs= 90 bzw 270 Grad), sonst:

Distanz = 60 * (B2 - B1) / COS (Kurs)

(Die Distanz ist - natuerlich - in nautischen Meilen (nm) )

Das funktioniert alles klaglos, allerdings handeln wir uns damit ein ernstes Treibstoff- und Flugzeitproblem ein:

Die Strecke bei Navigation nach Kursgleiche ist (oft ganz erheblich) laenger als die kuerzeste Strecke auf einem Grosskreis (Orthodrome)

Aber es gibt ja Abhilfe: Man errechnet auf einem Grosskreis, der durch Start- und Zielpunkt geht, Zwischenpunkte, die dann nach Kursgleiche angesteuert werden. Bei nur zwei Zwischenpunkten errecht man normalerweise bereits eine sehr gute Annaeherung an die kuerzeste Entfernung auf dem Grosskreis. Dafuer haben wir folgende Grosskreisformel:

Bs = ATAN[ (TAN(B2) * SIN(Ls-L1) - TAN(B1) * SIN(Ls-L2) / (SIN(L2-L1) ]

(B1,L1) und (B2,L2) sind wieder die Start/Ziel-Koordinaten.
Ls ist der Laengengrad eines beliebig waehlbaren Zwischenpunktes
B2 ist dann Der Breitengrad des Zwischenpunktes auf dem Grosskreis.


Na, ich seh' schon die Drehmeier gluehen... programmierbare Taschenrechner gab's ja in den 50ern auch nicht gerade haeufig...

Fuer allfaellige Kopfschmerzen lehne ich natuerlich auch jede Verantwortung ab

Viele Gruesse
Peter
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