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Alt 22.03.2007, 23:40   #2
Lörch
Wherever he is, ...
 
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Wir erwecken die Systeme zum Leben, wobei uns die elektronischen Checklisten unterstützen. Sehr angenehm. Probleme erwarten uns erst wieder beim Flugplan. Zwar ist UG853,der wir bis zuletzt folgen werden, dem FMS nicht unbekannt, allerdings sollte diese Luftstraße eigentlich direkt nach FAJS fphren. Die Datenbank unserer 777 sieht das anders und so habe ich unabsichtlich eine Strecke einprogrammiert, die uns um die halbe Welt führen würde. Vor diesem Hintergrund überrascht die „insuffiecient fuel“-Nachricht nicht.



Also müssen wir sämtliche Wegpunkte von Hand eintippen, was auch schnell gemacht ist. Mit nur acht Wegpunkten haben wir eine Route mit einer Länge von 1350 nm erstellt. Besonders gefällt mir der Waypoint ORKAN, den es sogar noch einmal auf der Nordhalbkugel gibt. Vielleicht macht er da seinem Namen mehr Ehre, heute erwarten uns hier nämlich nur enttäuschende 5kts Gegenwind. Aber stille Wasser sind bekanntlich tief, und vielleicht sind schwache Winde stark, oder so.



Die „insufficient fuel“-Warnung leuchtet schließlich nach der Eingabe des korrekten Flugplans nicht wieder auf und verspricht uns stattdessen eine ausreichende Treibstoffreserve. Auch die Flugzeit wird uns in der CDU angezeigt und wir erkennen, dass wir die kleine Verspätung, die wir bereits jetzt haben, wohl nicht aufholen werden können.
250 Paxe haben es sich mittlerweile hinter uns bequem gemacht und überbieten sich gegenseitig im demonstrativen nicht-beachten der Sicherheitseinweisung. Der erste Platz geht an den Herrn mit den weißen Socken in Reihe 27.





m Funk meldet sich eine Cessna im Anflug auf die Runway 23, die gleiche Bahn von der auch wir starten werden. Man beachte die Lage dieser Landebahn und überlege sich die Möglichkeiten, die ein Pilot hat, um nach einer Landung das Vorfeld zu erreichen. Die Ausweichmöglichkeit bei Bravo existiert nur auf dem Papier und auf dem übrig bleibenden einzigen Taxiway stehen bereits wir. Dem Pilot der Propellermaschine bleibt also nur noch die Flucht auf die sandigen Grünflächen neben der Landebahn.
Praktisch gleichzeitig mit dem Touchdown der Cessna werden wir zum Abflug freigegeben und linen im vollen Vertrauen in die Geländegängigkeit der C-172 brav auf.





Der Pilot der Cessna denkt jedoch überhaupt nicht daran, den asphaltierten Bereich zu verlassen und entscheidet sich zu einem U-Turn auf der Landebahn, auf der wir bereits stehen und gerade die Before Takeoff Checklist durchgehen.



Es ist ja nicht so, dass unsere Boeing auf dem sonst völlig ebenen Gelände des Quatro de Fevereiro Airport, der übrigens nach dem ersten Tag des bewaffneten Kampfes gegen die portugiesischen Kolonialherren benannt ist, leicht zu übersehen wäre, aber irgendwie rollt die Cessna bis auf wenige Meter an uns heran, so dass ich mich nach vorne beugen muss um sie überhaupt noch sehen zu können. Wer will, darf sich jetzt an den eingangs erzählten Witz erinnern, obwohl eigentlich der vom kurzsichtigen Piloten, der alles, was weiter weg ist als die Instrumententafel, nicht mehr sieht, besser passt. Auf der Frequenz von Luanda Ground versucht der Lotse bereits , den Cessna-Piloten zum wenden zu bewegen, aber der ist selbstbewusst und stolz genug im dieser Aufforderung nicht nachzukommen. Ganze 10 min dauert es, bis die Cessna den Weg frei macht, begleitet von wüsten portugiesischen Flüchen und Beschimpfungen, die Luanda Ground nicht auf sich sitzen lässt und die ich hier nicht wiedergeben kann... der ideale Zeitpunkt, auf eine Frequenz zu wechseln, auf der es disziplinierter zugeht.

Als wir um 0825 GMT endlich die Schubhebel nach vorne schieben haben wir noch 26 Tonnen Kerosin in den Tanks, stolze 1,3 Tonnen haben wir mehr verbraucht gegenüber dem Flugplan. Berücksichtigt man die längere Zeit, die wir am Boden mit laufenden Triebwerken verbracht haben, bleibt immer noch ein Mehrverbrauch an 1000 kg.
Da die CDU auf der Progress-Seite nach wie vor 6,5 statt berechneten 5,9 Tonnen Jet-A1 bei der Landung in Johannesburg prophezeit entscheiden wir uns natürlich trotzdem für den Start. Ungewöhnlich ist der Durst der gewaltigen GE90-Triebwerke dennoch.



Wir starten übrigens mit Flaps 15, V1 liegt bei 120 kts, Vr ist 125 kts und V2 130 kts. Wir haben quasi die ideale Startkonfiguration für alle, die keine komplizierten Zahlen mögen.
Erwähnen möchte ich noch das Wetterradar, ein Collins WXR2100. Als wir nach 19 min, statt vorhergesagten 27 min, die Flugfläche 410 erreichen stellen wir das Radar so ein, dass am Ende des Displays der Boden erfasst wird. Dazu schalten wir die Ground Clutter Suppression, die die Reflexionen der Erde von denen von Wassertropfen trennt, aus und spielen so lange rum, bis unser Radar am äußeren Rand der Reichweite der Anzeige auf den Boden trifft und einen schmalen, bunten Ring malt.



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