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Alt 21.07.2006, 13:42   #180
Belgarath
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Standard Re: hm

Zitat:
Original geschrieben von Frostmourne
also mit dem 3 reich gleichzustellen halte ich für extrem übertrieben. es hat niemand von behinderten gesprochen ihr interpretiert ihr dinge hinzu und meint dann atomschwammerl hätte das geschrieben .

wer sagt das den menschen niemand hilft ?manchen ist nicht mehr zu helfen.(Das hat auch er gemeint)
ich finde es moralisch für unbedenklich wenn jemand schon so leidet und gar nichtmehr leben will, als wenn jemand an eine maschine geheftet wird.
Das mit dem 3. Reich war zwar nicht ich, aber mir fiel unwillkürlich beim Lesen des von mir vorher zitierten Postings folgender Liedtext (ausschnittweise) ein:

Es fangt genau so an
Sagt der alte Franz
Es sind die selben Leut'
Es ist der selbe Tanz

Es fangt genau so an
Wie vor 70 Jahr
Und es war'n damals auch
Am Anfang nur ein paar

(STS)

Und ja, ich behaupte, daß in unserer heutigen Spaß- und Konsumgesellschaft den Leuten nicht (rechtzeitig) geholfen wird. Psychische Unterstützung bekommen viele Menschen erst, wenn es eigentlich schon zu spät ist und dann nur auf Krankenkasse ... und eigentlich sollte es ja gar nicht so weit kommen müssen, oder? Oder?

Und es ging nicht um Leute, die nicht mehr leben WOLLEN, sondern um Leute die "eigentlich schon tot" sind, womit der Staat dann gleich "doppelt sparen" könne.

Wie wohl ich NICHT automatisch den Konnex zum 3. Reich herstelle, so ist die Argumentationslinie doch seeeeeeeehr ähnlich, und meine Extrapolation nur die logische Fortsetzung des vorgestellten Denkansatzes.

Und auch "nur" auf diese Problematik (ganz ohne Politik, rechtsradikal oder sonstwie) bezogen, bleibt mir nur ein "WEHRET DEN ANFÄNGEN" zu schreien, in dem mir möglichen, bescheidenen Ausmaß. Und zu hoffen und dafür zu arbeiten, daß niemand mit einer solchen Gesinnung jemals über mein Leben zu bestimmen hat.

Wie gesagt, das betrifft nicht die Leute, die selbst der Meinung sind, ihr Leben sei nicht mehr lebenswert; wobei immer noch die Frage zu beantworten bleibt, wieso dem so ist. Wenn das Umfeld paßt, gibt es auch totkranke Menschen, die ihr Leben immer noch genießen können ...

Und wieder mehr On Topic:

Auch wenn man nun bei Süchtigen über Fehler im Vorfeld lang und breit diskutieren kann (Erziehung, Milieu, ...), so ist es dennoch Unfug zu behaupten, daß man solchen Menschen NICHT helfen solle. Niemandem steht es zu, über diese Menschen zu richten oder gar zu behaupten, diese seien selber schuld, haben es nicht besser verdient und sollen ruhig "vor die Hunde gehen". Genauso gut könnte ich behaupten, wenn jemand einen Unfall erleidet oder krank wird, ist er selber schuld und soll ruhig "krepieren". Wenn jemand süchtig wird, gibt es typischerweise eine Vorgeschichte (sozusagen eine Infektion). Wenn jemand erkrankt, ebenfalls.

Es gibt das (oft mißachtete) Verbot, Alkohol an Jugendliche und Betrunkene auszuschenken/verkaufen. Regt sich auch kein Schwein darüber auf. Die meisten Suchtmittel sind verboten, Herstellung, Vertrieb sogar Konsum strafbar. Auch da kaum Aufregung. Tabakerzeugnisse müssen klare Hinweise auf die Gesundheitsrisken tragen. Wiederum: kaum Aufregung. Es gibt bei Spielsucht die Möglichkeit der Sperre (sozusagen Lokalverbot im Casino). Wieder: keine Aufregung. Aber wenn ein Spielehersteller eine Möglichkeit zur Nutzungseinschränkung nachweislich Süchtiger (ärztliches Attest!) bieten soll und sich weigert und das dann entsprechend öffentlich angegriffen wird, wird auf einmal von Selbstbestimmung und Eingriff in die Freiheit des Einzelnen geredet. Die Tatsache völlig negierend, daß dieser Einzelne (also ein Süchtiger) bereits keine Selbstbestimmung und Freiheit mehr hat, weil er in seiner Sucht (Krankheit) gefangen ist.

Das erinnert mich an die selbsternannten Gurus und Wunderheiler, die behaupten, man könne den Krebs besiegen, indem man sich einredet, davon frei zu sein. Gequirlte Sch.iße! Funktioniert nicht! Das Einzige, was hier ansatzweise richtig ist, ist der Umstand, daß bei weit über 90% der Krebsfälle auch eine entsprechende psychische Vorgeschichte vorhanden ist - nachweislich (egal ob behandelt oder nicht). Die Heilungschancen sind ungleich besser, wenn man auch diese Mißstände beseitigt. Dasselbe gilt 1:1 für Süchte, auch wenn hier zunächst der Süchtige sich seiner Krankheit bewußt werden und dann auch noch den Wunsch haben muß, dagegen etwas zu unternehmen.

lg,
Klaus
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