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Alt 27.06.2006, 23:35   #42
Andreas1966
Veteran
 
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Beiträge: 274


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Zitat:
Original geschrieben von wolftech

Ich denke mal, als Nichtraucher ist es nicht wirklich einfach, die Situation eines Rauchers zu verstehen, da man einfach nicht dieses Suchtgefühl nachvollziehen kann. Was mir nur auffällt ist, dass die Raucher immer aggressiver ihre Sucht verteidigen - man drängt sie aber in der Gesellschaft auch immer mehr in die Ecke und da würde sich jeder so verteidigen, oder?

Warum können beide Seiten nicht einfach mehr Bereitschaft zu Kompromissen zeigen???
Hallo, Olli,

es sind wahre Worte, die du schreibst. Mehr gegenseitiges Verständnis ist in Bezug auf das Rauchen sicher gefragt. Wie du erachte auch ich die Position der Politik in Bezug auf das Rauchen als paradox. Auf der einen Seite nimmt man gerne die durch die Tabaksteuer gewonnenen Millionen, auf der anderen Seite propagiert man die negativen Folgen des Rauchens.

Ich denke, der zunehmend scharfe Ton hat auch etwas mit den in den letzten zehn Jahren gewonnenen wissenschaftlichen Erkenntnissen über das Rauchen und den daraus gezogenen Konsequenzen (siehe Irland und viele andere Länder) zu tun. So weiß man ja heute, dass die gesundheitlichen Folgen jahrzehntelang in von durch die Tabakindustrie in Auftrag gegebenen Studien heruntergespielt bzw. die Ergebnisse der Studien zurückgehalten wurden. Auch weiß man heute, dass die durch das Nikotin ausgelöste Sucht eine der schwersten überhaupt ist, tatsächlich vergleichbar mit der Heroinsucht. Kurzum: Der Raucher weiß heute in der Regel, dass er sich und andere gesundheitlich massiv gefährdet, kann seine Sucht aber nicht überwinden. Und wer lässt sich in solch einer Situation die durchaus erkannten eigenen Defizite auch noch gerne vorhalten? Typische Reaktion: Zynismus, die üblichen Witze über das Rauchen etc. - auch hier in den Forenbeiträgen sehr schön nachzulesen.

Ich bin Lehrer von Beruf. Mich erschreckt es, wie viele Kinder und Jugendliche heute wieder rauchen. Ich habe den Eindruck, es sind wieder mehr als noch vor einigen Jahren, ein Eindruck, der wohl durch aktuelle Erhebungen auch gestützt wird. Es tut mir wirklich in der Seele weh, wenn ich mal wieder einen meiner 13jährigen Schüler beim Rauchen erwische, denn ich weiß sehr genau, welche "Raucher-Karriere" ihn mit großer Wahrscheinlichkeit erwartet. Ich habe sie selbst hinter mir. Dass er es gesetzlich noch nicht darf ist dabei in meinen Augen leider eher sekundär. Ich weiß heute, dass ich auf sein Konsumverhalten kaum einen Einfluss ausüben kann.

Wir Raucher und Exraucher, das ist mir heute klar, werden bzw. wurden von der Tabakindustrie ausgebeutet. Sagen wir es noch einmal ganz deutlich: Jeder Raucher ist Opfer einer grandios wirksamen Manipulation geworden: Rauche, damit du erwachsen wirst! Rauche, damit du dazu gehörst! Rauche, weil es dir Freude macht! Rauche, weil du damit kommunikativer bist! Rauche, weil es dir einen Sinn in einem vielleicht als wenig erfüllt empfundenen Leben gibt!

Was für ein Schwachsinn - das Rauchen macht dich krank, sonst gar nichts - und andere verdienen gut an deinem Leid! Das Leben ist, verdammt noch mal, kurz genug, warum sollte man es krank und evtl. eher beenden als nötig?

Ich glaube auch, dass Raucher und Nichtraucher sich mit Verständnis, nicht immer mit Toleranz allerdings, begegnen sollten. Das Ziel aber sollte ganz klar sein: Es wäre schön, wenn sich keiner mehr auf Kosten seiner Gesundheit manipulieren und ausbeuten lassen würde, vor allem nicht unsere Kinder.

Andreas
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