Der Fall quält sich schon seit 1994 durch die Instanzen. 1999 wurde ein Urteil von einem Bundesgericht aufgehoben und ich glaube dass es schon einmal beim Supreme Court von New Hampshire war. Ich kann aber in der Sache nichts sagen, werde es mir aber mal durchlesen.
Grundsätzlich: Zivil- und Handelssachen sind in der Zuständigkeit der Einzelstaaten. Daher gibt es kein "amerikanisches" Recht, sondern nur das des jeweiligen Bundesstaates. Zwar wurzelt alles in der Rechtstradition des Common Law, das sich über das England des Mittelalters bis hin zum Altrömischen Recht des vorchristlichen Zeit zurückverfolgen läßt. Was aber für alle US-Einzelstaaten gilt ist die Bundesverfassung, und die garantiert für jeden Zivilprozeß eine Jury. Und die Laienrichter lassen sich in einer winzigen Zahl von Fällen zum Zuspruch von hohen punitive damages hinreissen. Das ist ein Strafschadenersatz, den das hiesige civil law nicht kennt. Und der orientiert sich unter anderem am Bußgedanken und an der Gewinnabschöpfung.
Eine Modellrechnung eines Falles den ich besser kenne mag das verdeutlichen: in Gore vs. BMW hat der Arzt Dr. Gore einen nachlackierten BMW als "neu" gekauft. Als er draufgekommen ist hat er 4000 Dollar Minderung verlangt und 4 Millionen Dollar punitve damages mit der Begründung, BMW hätte das bei 1000 anderen Kunden nachweislich auch gemacht und so hätte BMW 1000*4000 Dollar zuviel von seinem Kunden kassiert. Das müsste man jetzt einfordern. Die Jury hat ihm das auch zugesprochen.
Dass exzessive Haftung der (Volks)Wirtschaft schadet, sieht man auch in den USA schon lange. In den 60ern war die Haftung weit exzessiver als heute. Die Mehrheit der Einzelstaaten hat Gesetze erlassen, die überkompensierenden Schadenersatz nicht mehr zulassen. Manche Staaten beschneiden die Maximalhöhe des Privatschadenersatzes. Manche Staaten sehen vor, dass ein Teil an die Staatskasse oder an bestimmte Organisationen abzuführen ist, etc. Viele Regionalparlamente beschließen solche Gesetze um Unternehmen zur Ansiedlung anzulocken. Delaware ist ein bekanntes Beispiel dafür.
Dass übrigens ein "Bezirksgericht" ein Instanzgericht sein soll, ist unmöglich. Bezirksgerichte sind Erstgerichte. Offenbar hat der Supreme Court das Ersturteil kassiert und zur Neuverhandlung ausgeschrieben. Deswegen zieht sich das so. Ein Grund ist die Zweispurigkeit des US-Gerichtssystems - teilweise gibt es konkurrierende Zuständigkeiten von Einzelstaatsgerichten und von Bundesgerichten. Eine Entwicklung, die mit der Europäischen Union auch hierzulande Platz greifen wird.
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