Thema: Schleudersitz
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Alt 23.04.2001, 22:12   #2
Tomcat
Master
 
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Beiträge: 545


Idee ...pyro, pyro.

Hallo Wolf,

also auch wenn's eher in den Ordner "Meinung, Tratsch, Sonstiges" gehörte (ich bin beileibe kein Ordnungsfanatiker - aber bitte Leute, versucht euch vorher halbwegs zu überlegen, wo ihr postet - sonst versinkt dieses Forum bald im endgültigen Informationsstau- und überfluß ), werde ich versuchen, Dir ein paar Antworten zu geben.

Eine exakte Schnittzeichnung z.B. eines Martin-Baker-Ejection-Seats kann ich Dir jetzt zwar leider nicht liefern - aber prinzipiell ist ein Schleudersitz nichts anderes als eine kleine bemannte Feststoffrakete.

Der Sitz ist im Cockpit an einer ca. 20 Grad nach hinten geneigten Schienenführung befestigt und wird an dieser verriegelt. Relativ weit unten, durch den Rahmen und Isolation vom Hosenboden des Piloten getrennt befindet sich der Treibsatz, der in der Regel ein schnell abbrennender Raketentreibstoff in einer kurzen, stummeligen Hülse ist.

Weiterer integraler Teil eines Schleudersitzsystems ist eine Absprengvorrichtung für die Kabinenhaube. "Sprengen" ist ganz wörtlich zu nehmen: Um die Kanzel gegen den z.T. enormen Winddruck vom Flugzeug zu entfernen, werden auch hier pyrotechnische Kartuschen eingesetzt.

Entscheidet sich der Pilot nun, sein Militär-Fluchzeuch stante pede zu verlassen (sei es, weil er seine und des Fluchzeuchs Fähigkeiten über- oder die seines Gegenübers unterschätzt hat) und zieht an dem großen Auslöser zwischen seinen Beinen, geschieht Folgendes:

- Über einen ersten Kontakt werden die Sprengkartuschen für das Kanzeldach gezündet. Entriegelt sich das Kanzeldach nicht, soll ein Sicherheitskontakt verhindern, daß der Pilot durch die Plexihaube geschossen wird. Ist allerdings schon vorgekommen...

- Beim Herausziehen des Auslösehebels werden die mechanischen Verriegelungen des Sitzes gelöst

- Ein Anschlagskontakt zündet schließlich den zeitverzögerten Treibsatz des Ejection-Seats. Zeitverzögert deshalb, um dem Piloten noch Gelegenheit zu geben, sich auf dem Sitz zusammenzukauern.

Denn der nun folgende Knall samt Beschleunigung geht in Bereiche, wo dem gemeinen homo sapiens schwarz vor Augen wird - selbst mit Airforce-Training. Je nach Flugzustand erreicht ein Schleudersitzabschuß kurzzzeitig Werte über 10 g (Zehnfaches der Erdanziehung). Aus diesem Grund ist bei modernen Schleudersitzsystemen auch das weitere Procedere (Fallschirm auslösen) automatisiert. Es ist nämlich keineswegs gesagt, daß der Fluchzeuchführer nach seinem Katapultritt allzu schnell wieder voll da ist.

Ich hoffe, das war Dir detailliert genug.

Gruß Thomas
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