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Alt 19.03.2004, 16:41   #27
giga68
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Standard hd-crash - teil f

Datenrettungslabor: Reinraum. Die Labors der international renommierten _Datenrettungsunternehmen sind sehr aufwendig ausgestattet. Oberstes Gebot bei der Datenrettung ist die Arbeit in einer Reinraumumgebung. Denn bei geöffneten Festplatten können schon kleinste Staub- oder Rauchpartikel Schäden verursachen.
Reinheitsgebot: Die Arbeit an offenen Festplatten erfolgt ausschliesslich in Reinräumen. Staubpartikel könnten sonst Schäden auf der empfindlichen Magnetschicht verursachen.
Bei Kopfflughöhen von 25 nm reissen diese Partikel Furchen in die Magnetschicht, wenn Sie mit dem Kopf in Berührung kommen. Schlimmstenfalls kann ein Headcrash passieren. Um diese potentielle Gefahrenquelle zu vermeiden, verfügen die Datenrettungslabors über Reinräume der Klasse 100. Damit sind in einem Kubikfuss Luft maximal 100 Partikel erlaubt. Damit sind die Laborräume um den Faktor 50.000 reiner als normale Umgebungsluft.
Wichtig bei Arbeiten und Messungen an der Laufwerkselektronik ist der Schutz vor elektrostatischen Entladungen. Speziell geschützte Bereiche gehören deshalb zur Standardausstattung der grossen Datenrettungslabors. Zudem befinden sich oft noch ionisierte Gebläse über den Arbeitsflächen, um lufttransportierte Spannungen zu unterdrücken.
Datenrettungslabor: Lager und Speicher. Ebenfalls Grundausrüstung und essentiell für eine schnelle Bearbeitung ist ein umfangreiches Ersatzteillager. Dort sammeln die Datenretter alle gängigen Festplattenmodelle, Controllerplatinen, Magnetköpfe und Kleinteile. Hier finden sich auch längst vergessene Festplatten im 5,25-Zoll-Format mit MFM-Controllern - ein Paradies für Techniknostalgiker.
Sammelsurium: Ein Griff ins Regal und das passende Ersatzteil ist parat. Die Datenrettungslabore sammeln Festplatten aller Art und horten sie in grossen Ersatzteillagern. Ist zum Beispiel ein Kopf einer Festplatte nicht auf Lager, so können die Labors auf die Bestände der internationalen Niederlassungen zurückgreifen.
Datenrettungsserver mit Speicherkapazitäten bis 1 TByte stellen bei Datenrekonstruktion sicher, dass die Labore selbst bei umfangreichen RAIDs und Magnetbändern nicht in Kapazitätsnöte kommen. Über autarke Netzwerke und _Firewalls ist zudem die Datensicherheit gegenüber Zugriffen von aussen gewährleistet.
Phase I: Analyse. Trifft eine defekte Festplatte oder Medium in den Labors ein, so erfolgt als erstes eine Analyse. Dabei wird mit Spezialtechnik Art und Umfang des Schadens ermittelt sowie eine Prognose der rettbaren Daten erstellt. Nach dieser Analyse erhält der Kunde folgenden Statusbericht:
__ Art und Umfang des Schadens.
__ Angabe der rekonstruierbaren Daten.
__ Lösungsvorschlag.
__ Zeitaufwand und Kosten der Datenrettung.
Zu Beginn der Analyse erfolgt eine optische Prüfung. Handelt es sich um Wechselmedien oder Bänder, so kann hier schon oft eine Abschätzung des Schadens erfolgen.
Schwieriger wird es bei Festplatten: Kommt ein Laufwerk mit Verdacht auf _Headcrash ins Labor, so wäre eine erneute Inbetriebnahme viel zu gefährlich. Die Spezialisten von Ibas wenden hierbei zuerst einen Trick an, ohne die Platte gleich öffnen zu müssen. Über ein luftdicht versiegeltes Diagnoseloch schauen die Ingenieure mit Spezialmikroskopen in das Innere der Festplatte. So können beispielsweise mechanische Beschädigungen der Köpfe entdeckt werden. Oder es findet sich verteilter Staub durch Abrieb der Magnetscheibenoberfläche infolge eines Headcrash.
Nach der optischen Prüfung wird die Controllerlogik einem Funktionstest unterzogen. Über spezielles Messequipment und Testpattern lässt sich gezielt die korrekte Funktion der Platine überprüfen. Meist verfügt die Firmware einer Festplatte auch über einen speziellen Diagnosemodus, über den sich schrittweise einzelne Funktionen abfragen lassen.
Phase II: physikalische Rettung. Ist der Kunde nach der Analyse mit einer Datenrettung einverstanden, beginnt der eigentliche Rettungsprozess. Als erstes versuchen die Labors ein komplettes Image der verbliebenen Daten zu erstellen. Denn die Firmen arbeiten niemals am Originalmedium. Eventuelle Fehler bei den Rekonstruktionsarbeiten sind somit leicht rückgängig zu machen. Bei der Imageerstellung wird jeder Sektor einzeln ausgelesen - bei Festplatten sind das je nach Kapazität oft bis zu 200 Millionen.
Klone: Grundsätzlich erstellen die Datenrettungslabore als erstes ein direktes Image vom Datenträger. Dabei wird jeder einzelne Sektor ausgelesen. Kann eine Festplatte durch Austausch defekter Teile wieder funktionstüchtig gemacht werden, erfolgt der Auslesevorgang der intakten_Spuren direkt über die Festplattenschnittstelle. Schwieriger wird es, wenn sich das Laufwerk nicht mehr betreiben lässt. Der Laboringenieur nimmt dann den Magnetscheibenstapel der Festplatte auseinander.
Phase III: Pattern-Analyser. Bei_Ibas (Norwegen) konnte ich die für diese Zwecke selbst entwickelte _PATAN-Technologie begutachten. Dieser Pattern-Analyser kann einzelne Magnetscheiben aufnehmen und spurweise jeden noch intakten_Sektor auslesen. Dabei wird die magnetische Orientierung jedes Bits ermittelt. Die aufgenommenen analogen Signale der einzelnen Bits wandelt der Analyser in einen Bitstream aus Einsen und Nullen um. Je nach Spur- und Bitdichte und Eigenheiten der Magnetscheiben kann der Pattern-Analyser beliebige Magnetköpfe zum Auslesen aufnehmen.
Pattern-Analyser: Ibas kann mit dieser Spezialmaschine einzelne Magnetscheiben bitweise lesen. Köpfe und Drehzahl lassen sich anpassen. Allerdings ist der zeitliche und somit finanzielle Aufwand für dieses Verfahren sehr hoch. Ibas nutzt die Pattern-Maschine nach eigenen Aussagen nur in zwei Prozent aller Datenrettungsfälle.
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Es ist leichter, Atome zu zertrümmern, als ein Vorurteil zu beseitigen. (Albert Einstein)
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