Disclaimer: Ich spreche nur für Airbus-Produkte, dort kenne ich mich am besten aus (siehe Profil).
Widebody / Longrange (A310, A330, A340, A380):
Der Sauerstoff wird gasförmig in Druckflaschen mitgeführt (A340 z. B. min. 6 Stck.), die mit 1850 PSI (128 bar) Nenndruck gefüllt sind, Crew- und Passagiersystem sind vollständig getrennt. Im Fall des Auslösens (ab 14000 Fuß Kabinenhöhe, das ist der Innendruck umgerechnet in Höhe) gelangt der Sauerstoff durch ein Rohrleitungssystem bis zu den Passagiermasken. Dessen Flußmenge wird durch einen Regler höhenabhängig gesteuert, damit so wenig Sauerstoff wie möglich mitgeführt werden kann (jedes unnütze Kilo kostet...). Im Falle einer Dekompression ist der Pilot ohnehin gezwungen, einen Emergency Descent durchzuführen, je nach Hindernisfreiheit der Strecke auf eine Höhe, in der weniger Sauerstoff oder gar kein zusätzlicher mehr gebraucht wird - allerdings nimmt die Reichweite in kleinen Höhen rapide ab (Luftwiderstand). Das Passagiersystem ist nur zur Kompensation des Sauerstoffmangels in großen Höhen gedacht, bei Bränden bleibt es unbenutzt (die Masken schließen ohnehin gar nicht vollständig ab).
Die Crew wird durch Lungenautomaten versorgt, das bedeutet, daß der Sauerstoff mit jedem Atemzug dosiert wird - wie bei Tauchern. Deren Masken sind (laut Vorschrift) innerhalb von fünf Sekunden mit einer Hand aufsetzbar und einsatzbereit (klappt auch tatsächlich

), schließen das Gesicht vollständig und sind damit auch bei Rauch einsetzbar.
Darüberhinaus sind tragbare Geräte an Bord, um etwa erkrankten Passagieren Hilfe bieten zu können.
Single Aisle (A320 Programm):
Es werden die oben schon beschriebenen "Kerzen" benutzt, deren Inhalt verbrennt und dabei einen Sauerstoffüberschuß produziert. Die Verbrennungsrückstände werden durch Filter zurückgehalten. Je nach Kundenwunsch brennen die Kerzen 15 - 20 Minuten. Der Vorteil sind absolute Wartungsfreiheit und geringes Gewicht. Der Nachteil ist eine kurze Versorgungsdauer. Daher ist die Flugplanung Restriktionen unterworfen, die eine Long Range-Maschine nicht hat: Z. B. darf der Himalaya / Tibet nicht überflogen werden, da nicht auf eine unkritische Flughöhe abgestiegen werden kann, andererseits die Kerzen eben nicht lange genug brennen, um oben weiterfliegen zu können. (Crew Oxygen wir auch bei Single Aisles gasförmig in Flaschen mitgeführt!)
A319 China Air:
Daher bekommt zum ersten Mal ein Kurz-/Mittelstreckenflieger ein System mit gasförmigem Sauerstoff verpaßt, um in Ostasien auf kürzeren Flugrouten operieren zu können. Erste Auslieferung im Sommer dieses Jahres. Der Mitbewerb kann derartiges natürlich nicht anbieten.
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Momentan in der Erprobung ist ein System zur Erzeugung von 80% - 100% Sauerstoff aus der Umgebungsluft, das als Option für den A380 gedacht ist. Damit wäre die Versorgung über die gesamte Flugdauer mit Sauerstoff gewährleistet. Über eine endgültige Realisierung ist allerdings noch nicht entschieden.
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Flüssiger Sauerstoff wird ausschließlich in der Militärfliegerei genutzt. Da die Jetpiloten permanent Sauerstoff atmen (nur sehr geringer Druck im Cockpit), überwiegen die Vorteile: Sehr kleines Volumen, geringes Gewicht. Die Nachteile interessieren das Militär eher nicht: Teuer, fehleranfällig, extrem wartungsintensiv.
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Warum auf der Toilette zwei Masken sind? Klar habe ich auch an das eine gedacht.

Der Hintergrund ist aber sehr viel ernster: Wenn eine plötzliche Dekompression stattfindet, die eine Kabinenhöhe von z. B. 40000 Fuß zur Folge hat (Frachtraumtür verloren gegangen...), dann hat man eine sog. Selbstrettungszeit von
20 Sekunden. Das ist die Zeit, die man noch bei Bewußtsein ist und handlungsfähig. Aus diesem Grund sind an jedem Platz, an dem sich jemand aufhalten könnte, Sauerstoffmasken angebracht, auch in den Galleys (Küchen). Man hat einfach keine Zeit mehr zu suchen. Oberhalb 23000 Fuß Reisehöhe ist daher auch vorgeschrieben, daß bei nur einem Piloten im Cockpit dieser die Sauerstoffmaske aufzusetzen hat.
Noch ein Kommentar: Sauerstoffmangel belastet den Stoffwechsel und verstärkt Vergiftungserscheinungen extrem, darunter fällt natürlich auch Alkohol. Unter anderem deshalb gilt in der Fliegerei Null Promille. Ich erinnere mich noch an Kommentare in einem Piloten-Forum, als vor etwa ein oder zwei Jahren zwei Piloten in Skandinavien mit 0.5 Promille aus dem Cockpit gezogen (und gefeuert) wurden - Tenor: "Halb so schlimm! Die Armen! Die Familien!" Die Herren schienen nicht zu wissen, daß daraus bei Dekompression schlagartig die Wirkung von 1.5 Promille und mehr wird - in einer ohnehin dann gefährlichen Situation. Das wußte ich damals noch nicht - sonst hätte ich denen die Meinung gerne gegeigt.
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Bei näheren Fragen nach Zahlen würde ich allerdings erst nächste Woche vom Büro aus antworten, da ich lieber nichts Falsches schreiben möchte.
Viele Grüße,
Betto