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Wackelndes Overhead Compartment und Frage zum Druckausgleich
Hallo,
vor gut zwei Wochen bin ich mit einer Austrian A 330 von Wien gestartet. Leider hatte ich nur einen Platz im Mittelbereich, also zwischen den Gängen, bekommen. Dafür bot sich mir ein recht interessantes Schauspiel. Es herrschte nämlich recht schlechtes Wetter mit ganz ordentlichen Turbulenzen im Abflug. Und wie das Flugzeug so hin- und hergeschüttelt wurde, sah man, wie der ganze Bereich mit den Overhead-Staufächern munter und fröhlich herumschaukelte. Ich schätze, daß es lockere 2 cm nach rechts und links waren. Hab ich vorher noch nie so gesehen. Vermutlich ist der ganze Bereich absichtlich etwas "weicher" aufgehängt. Ist ja auch nicht weiter schlimm, aber ein bischen merkwürdig anzusehen war es schon, wie Teile des Flugzeuginnenlebens so herumwackeln. Ich war kurz versucht, bei der Stewardess nach einem Helm zu fragen. Hier noch eine Frage, die mich schon länger beschäftigt: Warum bekommt man eigentlich im Sinkflug Probleme mit dem Druckausgleich in den Ohren, während das im Steigflug nicht der Fall ist? Baut sich nach dem Start der Druck in der Kabine vielleicht langsamer und damit unmerklich ab, während er beim Descent schneller wieder aufgebaut wird? Wer weiß da bescheid? Viele Grüße, Stefan. P.S.: Klasse übrigens die Sitzmonitore bei Austrian, auf denen man sich u.a. Bilder von zwei Kameras anzeigen lassen kann, von denen eine nach unten und eine nach vorne aus dem Flugzeug ´raus gerichtet ist (= FS-Perspektive). |
Hi Stefan
Zu deiner Frage wegen des Druckausgleiches. Das ganze hängt mit deinem Ohr/Nasenrachenraum zusammen. Von deinem Mittelohr führt eine Verbindung zu deinem Nasen-Rachenraum. Sie wir Eustachsche Röhre genannt. Vergleichen kannst du sie mit einem Schlauch. Die Luft die sich in hinter dem trommelfell befindet will sich, durch den abnehmenden Druck der Kabine ausdehnen und als "Ventil" dient hierfür dieser Schlauch. Wenn der Kabinendruck bei Descent nun wieder ansteigt, ist der Druck im Ohr natürlich geringer. Das führt dazu das du diesen Druck spürst. Bist du erkältet oder verschnupft kann dies zu sehr netten Schmerzen führen, das hätt ich nie gedacht als mir das mein Lehrer gesagt hat. Dagegen hilft gähnen oder das Valsalva Manöver das dir jede nette Düse eigentlich zeigen können sollte. For more Informatin kontakt me via email.... :D Harry |
Dazu habe ich ein sehr interessantes Kapitel in:
Professional Pilot von John Lowery www.isupress.com gelesen. (Leider in Englisch.) Dort wird auf das Problem besonders nach dem Tauchen eingegangen. Wenn da nach dem Tauchen nicht lange genug gewartet wird kann der Flug sogar bis zum Tod führen! Das Problem ist also nicht zu vernachlässigen, gerade nach einem Tauchurlaub. Gleich nach dem Tauchen zu fliegen ist nicht. Für normale Fälle ist es am besten ein Nasenspray mitzunehmen (und zu benutzen ;) ), das hilft neben den oben genannten Maßnahmen am besten. |
Vielen Dank für die prompten Antworten!
Was ich nur noch nicht kapiere ist, warum dieses Phänomen, zumindest bei mir, nur im Sinkflug auftritt.
Ich meine übrigens, daß ich früher wesentlich mehr Probleme (= halb taub bis zum nächsten Tag) mit dem Druckausgleich hatte als heute. Ob die Technik hier ausgereifter geworden ist? Vielleicht sind meine Ohren aber auch nur ausgeleiert, ich werde schließlich auch nicht jünger!:) Viele Grüße, Stefan. |
Re: Vielen Dank für die prompten Antworten!
Zitat:
Die Eustachische Röhre geht ja üblicherweise von selber auf - wenn der Druck fällt. Steigt der Druck schnell (z.b. Tauchen: je 1m +0,1bar) musst du einen Druckausgleich machen. Durch Nase zuhalten und pressen. Geht der Druckausgleich leicht - sprich geringe Druckdifferenz, reicht schon ein Schlucken aus. Bist du verkühlt (sprich Eustachische Röhre ist verschleimt) geht das so gut wie gar nicht - daher darfst du da keinesfalls tauchen. Beim Fliegen kannst du auch nur schwer einen Druckausgleich bekommen - sprich du hast länger was davon :(. (in der B737 ist ca ein Druck wie auf 2500m ) Also beim Fliegen: steigt der Druck in der Cabine zu schnell an - am besten Druckausgeleich machen: Nase zuhalten und drücken - dann spürst du in den Ohren, dass du da Luft wieder reinbekommst.... Gut Luft - ups schöne Landung Siegfried hier gibts ein paar Tauchbildchen ;-) http://members.chello.at/iam ..immer nur Flugzeuge fotografieren ist ja auch nicht das wahre *g* |
Re: Re: Vielen Dank für die prompten Antworten!
Achja: mit zunehmendem Alter sinkt die Flexibilität des Trommelfells.
Siegfried |
die einfachste methode gegen druck im mittelohr ist: schlucken. da die öffnung der tuba auditiva (eustachische röhre)unimttelbar mit den drei muskeln des gaumensegels in verbindung steht, das ja beim schluckvorgang den mundraum gegen die nasenhöhle abdichtet, wird diese geöffnet, wenn das gaumensegel gegen die nasenhöhle gezogen wird.
soviel dazu, lang lebe die anatomie ;) bis denne, rainer |
@Andragar
Das Fliegen nach dem Tauchen ist aus einem anderen Grund gefährlich. Das hat mit dem Druckausgleich im Ohr nichts zu tun. Beim Tauchen atmet der Sporttaucher Pressluft. Die besteht wie alle Luft zu ca. 70 % aus Stickstoff. Um unter Wasser bei erhöhtem Druck noch die Lungenflügel auseinander zu bekommen, atmet man die Luft mit erhöhtem Druck (genau dem Wasserdruck der entsprechenden Tiefe). Das macht der Regler der Pressluftflasche automatisch. Der Druckanstieg beträgt ca. 1 bar pro 10 m Wassertiefe. Luft lässt sich (wie alle Gase) relativ leicht komprimieren. Die Luftdichte nimmt also mit zunehmender Tiefe zu, das Luftvolumen ab. Und das ziemlich erheblich. Da ich aber trotzdem genauso viele Liter Luft veratme wie an der Oberfläche (um das Kohlendioxid abzuatmen), nehme ich verhältnismäßig mehr Luft zu mir als normal. Und damit auch mehr Stickstoff. Stickstoff ist löslich, und löst sich bei längerem Aufenthalt mehr und mehr im Blut. Das ist soweit unschädlich. Gefährlich wird es, wenn man zu schnell wieder auftaucht. Denn dann kann der überflüssige Stickstoff nicht schnell genug abgeatmet werden und perlt aus. D.h. es bilden sich in den Blutgefäßen kleine Stickstoffbläßchen. Das ist höchst gefährlich, und kann durch die Verstopfung der Adern zum Tod führen. Um das zu vermeiden plant der Taucher nach Tabellen oder Tauchcomputern in seinen Aufstieg mehrere Pausen ein. Dabei wird der Stickstoff abgeatmet. Die Tabellen sind so berechnet, das an der Wasseroberfläche (beim üblichen Druck von 1 Atmosphäre) der Stickstoff soweit weg ist, daß er keine Bläßchen schlägt. Wird jetzt aber der Druck noch weiter reduziert (durch Fliegen z.B.), dann ... man ahnt es ... blubbert´s im Blut. Nicht so schlimm wie bei einem zu schnellen Aufstieg (der Druckunterschied ist vergleichsweise gering), aber doch so, daß es zumindest schädlich ist. Deshalb soll man´s lassen. |
Noch ergänzen möchte ich dass Sporttauchen in der Regel "Nullzeittauchen" ist, das heisst der tauchcomputer zeigt an wie viel Zeit man in einer tiefe noch bleiben kann damit sich eben gar keine so grosse stickstoffmenge in den geweben löst (mikrobläschen können immer vorkommen, stören im Regelfall nicht), als dass dekopausen beim aufstieg nötig wären.
Ein sporttaucher kann daher eigentlich immer auch ohne pausen auftauchen (direkt von der grössten tauchtiefe wenn es sein muss oder er es will), es wird (abhängig v. d. Situation) lediglich ein "sicherheitsstop" in 5m tiefe für 3-5 min eingelegt/angeraten (hilft´s nix so schadt´s nix). Notwendig ist der sicherheitsstop nicht. Solange man in der "Nullzeit" bleibt braucht man keinen dekostop. Das ist das wesen des recreational diving. Tauchen wo man dekopausen einlegen muss beim Aufstieg ist technical diving und kein recreational diving mehr. Fliegen nach dem tauchen kann eben aufgrund der Stickstoffsättigung der Gewebe Probleme machen, daher sicherheitshalber einen Tag vorm Fliegen nicht mehr tauchen. (es gibt sehr langsame gewebe im Körper, die viel länger brauchen um den Stickstoff abzubauen als z.B. Muskeln oder Blut) Unter Umständen kann es bei nichtbeachtung zu stickstoffmakrobläschen in den Gelenken und nerven kommen, was sich in schmerzen und sogar lähmungen äussert, oder noch schlimmeren formen von Bends. Die häufigste Ursache von "taucherkrankheit", also stickstoffmakrobläschen in den Geweben und daraus folgende Störungen, ist dehydration. Nach dem tauchen, und besonders vorm fliegen nach dem tauchen -> VIEL TRINKEN! (wasser, saft etc.) Die meisten Menschen trinken gerade im Urlaub zu wenig (kostet ja was...), und dies verändert den gashaushalt im Körper (klingt komisch, ist aber so). Zu wenig Flüssigkeit bei an sich normalen und ungefährlichen Tauchprofilen ist der häufigste Grund für Druckkammer Behandlungen. Auch für nicht- Taucher ist viel Trinken beim fliegen zu empfehlen, wenn auch aus anderen Gründen (blutverdickung). PS: Im OS A330 ist mir das beschriebene wackelphänomen noch nie besonders aufgefallen. Ich finde dass man das besonders schön bei der L1011-500 sah. Ist nichts schlimmes drann, die verwindung des rumpfes ist normal, und so auch die bewegliche/elastische aufhängung der overhead bins. (starre teile ziehen spannungen an - je steifer etwas ist desto mehr belastet wäre es) |
Wer mal was aus Pilotensicht...
zu diesem Thema lesen will, sollte mal diesem link folgen.
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