WCM Forum

WCM Forum (http://www.wcm.at/forum/index.php)
-   Guru, e-Zitate & Off Topic (http://www.wcm.at/forum/forumdisplay.php?f=15)
-   -   neue bob dylan cd (http://www.wcm.at/forum/showthread.php?t=28836)

Hurricane 25.08.2001 15:39

neue bob dylan cd
 
http://no-direction-home.at/Bob.jpg
artikel von http://no-direction-home.at/

Vorbericht von Joerg Wittenberg

Ich hatte letzte Nacht das riesige Glück zusammen mit ca. 12 Journalisten an
einer "Listening Session" von Columbia/Sony der neuen Dylan-CD "Love And
Theft" ("Liebe & Diebstahl"; erscheint Deutschland 10.9., USA 11.9.)
teilnehmen zu können (Danke an .... !!!!).

ICH HABE DIE CD ZWEIMAL KOMPLETT ANHÖREN KÖNNEN. Ich bin TOTAL begeistert von dieser CD! Es wurden aber KEINE Promo-CDs oder -Bänder verteilt und das schriftliche Material erschöpfte sich in zwei Textseiten mit Infos, die wir alle längst kennen. Folgende Tracklist wurde dort nochmals genannt:

1. Tweedle Dee And Tweedle Dum
2. Mississippi
3. Summer Days
4. Bye And Bye
5. Lonesome Day Blues
6. Floater
7. Highwater (For Charlie Patton)
8. Moonlight
9. Honest With Me
10. Po' Boy
11. Cry Awhile
12. Sugar Baby

Das in 14 Tagen im Sommer in New York von Dylan (als Produzent!!!) und seiner Tourband(!) und wenigen Gastmusikern eingespielte Studioalbum (seine Nr. 43) wirkt durchweg wie LIVE aufgenommen, stilistisch sehr variabel, doch durch den fast ständigen oldtime-Effekt dennoch wie aus einem Guss. Das Gerücht, Dylan spiele hier durchweg Klavier ist völliger Quatsch; in Wahrheit ist Klavier nirgendwo deutlich wahrnehmbar; auch Mundharmonika scheint zu fehlen (evtl. Gastmusiker im Hintergrund, aber zumindest keine deutlichen Dylan-Solos!). Die sorgsam gehütete Vorab-CD (vermutlich sogar mit einem individuellen elektronischen "Wasserzeichen"), die wir hören durften, dauerte 57.33 Minuten; doch waren einige Tracks ausgeblendet, so daß die CD eventuell etwas länger sein wird? Extrem lange Stücke scheinen zu fehlen.

Manches erinnert stilistisch an "Time Out Of Mind" (TOOM), doch ist es nie so
"düster" wie dort, einiges auch an "Oh Mercy", sehr vieles an - teils
jazzigen - Oldtime-Country, wenige Tracks sind heftiger Southern Bluesrock,
einige wunderbare Schnulzen sind im Pre-War-Stil. Alle(!) Songs würden sich
traumhaft für Live-Konzerte eignen und alle sind sowohl beim lauten Anhören
wie auch als leise Hintergrundmusik ein hoher Genuss. Dylans Stimme ist meist gut im Vordergrund seiner Band abgemischt und wirkt gleichermaßen tief inspiriert bei rockigen bis schnulzigen Songs. Wie auf seinen neueren
Konzerten sind akustische von elektrischen Stücken keinesfalls mehr von der
Lautstärke, sondern nur noch vom Stil her unterscheidbar (mit allen
fließenden Übergängen). Alles wirkt eher live, oft auch "unplugged".

Zu den Texten kann ich vorläufig wenig sagen, da ich von der Musik so stark
gefangen war, dass ich nicht immer angestrengt genug auf Texte achten konnte. In zwei Tracks glaube ich Texte zum Tod (s?) einer Mutter gehört zu haben (siehe unten). Inhaltlich -und musikalisch ja auf jeden Fall - scheint die CD weit weniger trostlos und düster zu sein als TOOM überwiegend ist.

Zu den einzelnen Tracks:

1. Tweedle Dee And Tweedle Dum
Schnell, fetzig, rockig und dennoch vom Klang an TOOM erinnernd. Einziger
Song, wo Dylans Stimme m.E. etwas zu sehr im Hintergrund abgemischt ist (wie ja auf seinen Konzerten ebenfalls oft beim ersten, zweiten Song). Grandiose Gitarren, vermutlich vor allem von Charlie Sexton? Einer der schwächsten Tracks, aber dennoch großartig.

2. Mississippi
Ein Highlight der CD! Unglaublich ANDERS als die Sheryl Crow Fassung (war
Geschenk Dylans an sie als TOOM-Outtake) mit völlig neuer Melodie! Obgleich
man erst nach Minuten richtig kapiert, daß dies *wirklich* Mississippi ist,
wirkt der Song wirklich grandios. Der Chorus fällt nun kaum mehr auf, doch
der ständig heftig rollende Rhythmus und traumhaft sphärische Klang gibt eine magische Stimmung, die der schönen fröhlich-lockeren Fassung von Sheryl Crow überlegen ist (Kennt Ihr deren tolle Live-Fassung davon, die nur auf der GB-Single erschien?).

3. Summer Days
Beginnt als flotter (stilistisch früher) Rock'n Roll, mit schöner Melodie und
bekommt später etwas jazzige Einflüsse. Drummer Kemper überzeugt auf fast allen Tracks durch unspektakuläre, aber sehr solide Arbeit (Ich gehöre ja
ohnehin zu der Minderheit, welche Kemper für Dylans derzeitig gewollten Stil
sogar für die beste Wahl halten; sorry, Rainer V.! Wenn man allerdings nach
der Anzahl der zerdroschenen Drum-Sticks geht, .....). Wunderbare
Gitarrensolos, also sicher NICHT von Dylan (Sorry, Bob, aber auf der
diesjährigen Konzerttour hättest Du meiner Meinung die Gitarre manchmal ganz stehen lassen sollen und hättest Dich dann sicher an die Texte oft besser erinnern können oder auch mal Zeit zum Lachen, Sprechen gehabt?). Didi, Ich lechze danach, dieses Stück in der Keller-Disko der Burg Plankenstein zu erleben!

4. Bye And Bye
Betont langsame, schnulzig-jazzige Barmusik mit Country-Einflüssen, im
Vorkriegsstil. Sehr Schön!

5. Lonesome Day Blues
Heftiger Southern Blues-Rock. Melodie und Dylans Gesang sehr einprägsam.
Wunderbare Gitarrensolos (Charlie?). Ich glaube beim ersten Anhören
verstanden zu haben "... I wished my mother would be still alive ..."!! Kann
mich aber irren.

6. Floater
Rockig-jazzige Barmusik, Dylans Stimme sehr schön im Vordergrund. Am Beginn und zwischen den Strophen eindrucksvoll zigeunerartige Violine (sicher Larry)

Hurricane 25.08.2001 15:40

7. Highwater (For Charlie Patton)
Akustischer Old-time Country-Blues mit vielen Instrumenten, deutlich auch
Banjo (Larry?). Dies ist ein weiteres absolutes Highlight der CD mit intensiv
schönem Gesang Dylans. Der Rhythmus klingt wie eine heftig stampfende
Dampf-Lokomotive, stilistisch an "16 Horsepower" erinnernd. Kommt sicher auf eine der Singles? Das Stück ist Charlie (oder wohl richtiger Charley?) Patton gewidmet, der ca. 1889 in Edwards, Mississippi, geboren wurde und am 28.4.1934 in Indianola, Mississippi, starb. Obwohl nur vier Sessions von ihm aufgenommen wurden, gilt er als einer der einflußreichsten Musiker des
Delta-Blues (Country-Blues) und gibt wie kein anderer den Stil der
Geburtsstunde der Bluesmusik wider. Er scheint großes Vorbild für Dylan zu
sein (etwa, weil er in seinem kurzen Leben acht Frauen hatte?!). Er war -
ähnlich wie viel später Jimmy Hendrix - berühmt dafür, seine Gitarre auch
hinter seinem Hals oder zwischen den Beinen virtuos zu spielen. Erst ca. fünf
Jahre vor seinem Tod wurde er durch seine Eigeninitiative "entdeckt"
(Paramount Record Company). Seine bekanntesten Stücke, alle von der ersten Session (1929), sind: "Pony Blues", "A Spoonful Blues" und "High Water Everywhere" (Hier hat Dylan seinen Titel "geklaut"! Pattons Lied handelt von der Mississippi-Flutkatastrophe von 1927).

8. Moonlight
Lässig-jazzig, langsame Schnulze im Stil von Vorkriegs-Barmusik mit
Country-Anleihen, ein wenig an Dylans "Return On Me" ("Sopranos 2" - Album, 2001) erinnernd. Wunderbar Dylans intensive Stimme, unbedingt ein weiteres Highlight der CD! Grandios auch der superlangsame Schluß (dort nur Gitarre: Charlie?).

9. Honest With Me
Ein weiterer heftiger Blues-Rock, der wie eine perfekt gelungene
Live-Darbietung wirkt, vor allem Dank der super Slidegitarre im alten
Blues-Stil! Würde ich auch gern live und im Plankenstein-Keller hören.

10. Po' Boy
Etwas jazzige Country-Ballade mit ganz ungewöhnlichem, sehr gekonntem
Gesangsstil Dylans. Super! Enthält eventuell die Zeile "... when my mother
died ...", ein weiterer Hinweis, wie sehr Dylan sich mit dem Tod seiner
Mutter beschäftigt?

11. Cry Awhile
Das experimentellste und ungewöhnlichste Stück der CD, da der heftig
stampfende Blues-Rock immer wieder ganz plötzliche und unerwartete
Rhythmus-Wechsel erfährt (Wirkt im ersten Moment wie ein CD-Fehler!). Deshalb werden viele diesen Song gar nicht, andere dagegen aber sehr mögen (Ich zähle mich eindeutig zu den letzteren). Wieder sehr gute Slidegitarre (wer?). Ich hoffe sehr, dass ich dieses Stück live erleben darf (und wiederum in der Plankenstein-Disko!).

12. Sugar Baby
Wie auf einigen älteren Dylan-Alben als letztes Stück, findet sich hier eine
melodische Schnulze vom Feinsten! Dylans Stimme wirkt magisch-intensiv, der altmodische sphärisch-verträumte Klang der akustischen Musik ist wunderbar und wird durch einige Instrumente erzielt, die auf Dylan-Alben bisher eher selten sind (Akkordeon, Dulcimer?, ...?). Möglicherweise spielt ein
Gastmusiker hier auch Mundharmonika (oder ist es doch die Orgel oder das
Akkordeon?). Jedenfalls ein abschließendes Highlight der CD.

Soweit meine ersten ganz subjektiven Eindrücke von Dylans neuer CD, die ich für musikalisch (auch inhaltlich??) für mindestens so gut wie TOOM halte; der Verkaufserfolg wird meines Erachtens sogar höher sein.

Einige Hinweise noch abschließend, die wir mündlich erhielten: In der
Zeitschrift "L. A. Future" soll zum Erscheinen der CD eine Cover-Story
erscheinen. Kann sich da jemand darum kümmern? Die hätte ich natürlich gern (Website habe ich noch nicht gesucht). Ab 5.10. soll Dylan zum Promoten der CD in den USA touren, danach angeblich in Europa (?!). Zum Erscheinen der CD soll Dylans Sony-Website völlig umgestaltet sein

reemrev 26.08.2001 01:53

"here comes the story of hurricane"

maXTC 26.08.2001 12:18

@hurricane - jetzt hab ich mir dir hans söllner hp mal angesehen ;)

*lol* die strafverfügungen sind ja nimmer schlecht.

ich hab den hansi das letzte mal live vor ca. 1.5 jahren gesehen (passau-germany)

macht der ausser strafe zahlen auch noch was? :D

Hurricane 26.08.2001 13:03

---------------------------------------------
macht der ausser strafe zahlen auch noch was?
---------------------------------------------

ja. er hat vor einen monat a neue live cd rausgebracht. babylon hasts, hey.
http://www.soellner-hans.de/images/2...ylon_klein.jpg

toll 26.08.2001 14:36

hans söllner okay aber wer hört bob dylan?

maXTC 26.08.2001 15:19

@hurricane - aber mir gefallen die alten sachen viel besser!

auch der live auftritt war mehr agresssiv, als sonst was... der schimpft ja nur mehr ;)

hörst du die neuen sachen oder die alten lieber?
beides?

ich mag seine witzigen sachen nicht so, eher die lieder die tiefer gehen.

@toll - hurricane hört vielleicht bob dylan? :D

Hurricane 26.08.2001 17:39

was ich so für musik hör

@maXTC: die lieder auf der neuen söllner cd sind mehr nachdenklich (vor allem "des macht a ois) als lustig. eigentlich sagt er nur beim ersten lied was lustiges. kannst dir auf seiner hp das lied babylon und loben & preisen anhören oder von irgendwo mp3 saugen.(Der Wind / Dieb / Mei Angst / I hintere 4-2 / Steh auf / Steig oba / Sturm / Babylon /
Des macht a ois / Loben&Preisen / Feindt)


@toll: hans söllner hat über bob dylan geschriebn:Am kommenden Mittwoch tritt der soeben 60 Jahre alt gewordene Rock-Poet Bob Dylan in der Alten Saline von Bad Reichenhall auf. Die Süddeutsche Zeitung bat einen bayrischen Dylan-Bewunderer, den Reichenhaller Liedermacher und Rastafari Hans Söllner um eine angemessene, exklusive Würdigung.

Wenn ich mich heute hier her setze, dann fällt es mir wirklich schwer etwas zu schreiben über einen Menschen, der mich mal mehr und mal weniger, aber immerhin die letzten 30 Jahre ununterbrochen mit sich konfrontiert hat. Über mein Sexualleben zu schreiben wäre einfacher, das ist fast genauso lange da wie er und doch haben sie nichts gemeinsam, außer daß sie beide eben da sind.
Irgendwie bin ich irgendwann anfang der 70ger Jahre auf Bob Dylan gestossen und das erste Lied, das ich von ihm hörte, hatte noch nichtmal einen Text.
Wigwam, mein Bruder hatte sich diese Single gekauft und ich hörte dieses Lied und damit wäre schon alles über Dylan gesagt.
Wenn ich den Namen Dylan höre und lese, dann höre oder lese ich Wigwam.
Ich bin kein Dylan-Kenner und weiß nichts über ihn. Ich habe das über ihn gelesen, was alle über ihn gelesen haben, die sich für ihn interessieren, aber ich bin ein Wigwamhörer und so weiß ich, daß er einfach nur sein Ding macht auf dieser Welt. Ich habe großen Respekt vor Menschen, die sich auslachen lassen und doch nicht das Bedürfnis haben besser zu werden.
Einfach so sein.
Braucht ja keiner kommen.
Hast du Pech gehabt heute, vielleicht ist das nächste Konzert besser. Es gehört wirklich Mut dazu, sich vor 3, 5, 100000 Menschen einfach versagen zu trauen. Ich habe Platten von Herrn Dylan auf denen 40 Minuten nur gepfiffen wird....Wigwam.

1978 bin ich mit einem Fiat 850 von Reichenhall nach Nürnberg gefahren, um mir ein Konzert von Bob Dylan auf dem Zeppelinfeld anzuschauen.
Am 18.Juli 2001 werde ich zum zweiten Mal in meinem Leben auf ein Konzert von Bob Dylan gehen und ich habe wirklich fast Angst davor, denn das Konzert auf dem Zeppelinfeld war das Beste, was ich überhaupt bis heute an Konzerten von irgendjemandem gesehen habe. Es war für mich - und ich spreche nur für mich und auch nur für diesen Abend - der Beginn einer Zeit des Ausgelachtwerdens und doch nicht Besserwerdenwollens. Fast schäme ich mich hier heute über jemanden zu schreiben den ich gar nicht kenne, aber wie gesagt, ich kenne Wigwam.
Ich war mit Tausenden Menschen auf dem Zeppelinfeld und Tausende haben geschrieen und geweint zu seinen Liedern und sind später Richter geworden und Waffenhersteller.
Das ist Dylan, denn ich weiß er ist keinem böse.
Sie haben ihn im Stich gelassen und ihn in den Himmel gehoben.
Sie haben über ihn geschrieben und geschimpft (ich habe schlimme Sachen über ihn gelesen in deutscher Sprache).
Sie haben über ihn philosophiert und sie haben ihn ausgelacht.
Das ist Bob Dylan.
Ich warte irgendwie auf den 18.7. und hoffe, daß mir noch irgendetwas dazwischen kommt, das wichtiger ist als er in meinem Leben.
Er ist kein Gott oder Messias, er ist Dylan und ich würde ihm gerne mal die Hand schütteln, weil ich glaube, daß er einen guten Händedruck hat.
Egal wie es wird und was Er sich für diesen Abend vornimmt, er wird Wigwam nicht spielen, auch nicht für mich.

Respekt Herr Dylan
Rasta

Hans Söllner

Süddeutsche Zeitung - 14.Juli 2001

Mamxan 27.08.2001 01:53

also mir hat time out of mind verdammt gut gefallen (tut's immer noch, no na) und werd mir love&theft auch sicher zulegen.

in Ö1 war eh mal an BD's 70er bob dylan nacht, war ansträngend, die ganzen casettenrecorder im haust richtig zu timen:)
und funktioniert hats dann trotzdem net richtig:(
war aber trotzdem ordentlich interessant, da ich mit mienen 20 jahren doch recht vieles einfach net gewusst hatte, was eigentlich doch recht dienlich ist beim hören der musik...

martin, der sich auf 11. sept freut

maXTC 27.08.2001 17:39

Zitat:

Original geschrieben von Mamxan
ansträngend
anstrengend

;)


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 16:06 Uhr.

Powered by vBulletin® Copyright ©2000 - 2025, Jelsoft Enterprises Ltd.
© 2009 FSL Verlag