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Punschkrapfen 15.05.2001 13:50

Schmerzengeld
 
Ein Fußgänger wird von einem Auto niedergestoßen und verletzt. Er hat mehrere Wochen lang starke Schmerzen, aber nach einem Monat ist alles wieder verheilt. Der Fußgänger ist noch Schüler und hat daher keinen Verdienstausfall und auch sonst keinen nennenswerten materiellen Schaden. Der Fußgänger konnte nicht mehr ausweichen weil der Autofahrer zu schnell unterwegs war. Varianten:

Fall A: er hatte untertags mächtig Ärger und ist dem Fußgänger bewußt nicht ausgewichen, weil er sich abreagieren wollte
Fall B: er wollte zum Pokalspiel im Abendprogramm nicht zu spät kommen und wollte, konnte aber nicht mehr rechtzeitig ausweichen
Fall C: seine Tochter lag in der Früh fiebrig im Bett, daheim war das Telefon kaputt, seine Frau hat sich nicht gemeldet und er war dementsprechend in Sorge; dem Fußgänger wollte, konnte aber nicht mehr rechtzeitig ausweichen

Der Fußgänger begehrt Schmerzengeld direkt vom Autofahrer (aus irgendeinem Grund keine Versicherung). Es geht nicht um die absolute Höhe, sondern ob zwischen den Fällen ein Unterschied besteht und wenn ja, in welcher Rangfolge.

Danke fürs lesen und die Teilnahme.

Tarjan 15.05.2001 14:02

Ich habe für alle gleich gestimmt, da meiner Meinung nach es für den Fußgänger irrelevant ist, aus welchen Grund der vom Autofahrer niedergestoßen wurde. Das Schmerzensgeld soll ja den erlittenen Schaden begleichen.

Weiters bin ich auch der Meinung, dass ein Schüler sehr wohl einen Verdienstausfall hat, den er muß den versäumten Lernstoff ja immerhin nachholen, und das auf Kosten seiner Freizeit.

Phantomias 15.05.2001 14:02

Is das ein realer Fall, oder nur so??

Für mich ist klar, daß alles gleich zu bewerten wäre...

Soll jetzt z.B.: ein Amokläufer, der jemanden erschossen hat, nicht bestraft werden,
nur weil er einen schlechten Tag hatte????? :confused: :confused:

Tarjan 15.05.2001 14:05

Das gleich bewerten beziehe ich hier auf das Schmerzensgeld. Bei Strafsachen fürs Strafausmaß muss man schon das persöhnliche Motiv mitbewerten.

Phantomias 15.05.2001 14:21

Prinzipiell betrachtet liegt dem aber sehr wohl der gleiche Gedanke zugrunde..

Lord Frederik 15.05.2001 20:23

vom schmerzensgeld her, natürlich alles gleich ( leider )
1. glaube ich nicht das der autofahrer das 1. zu protokoll gibt
2. bei einem etwaigen strafprozess wirds aber nicht wurscht sein, sondern da wird wohl die reihenfolge a,b und c die reihenfolge der strafhöhe vorgeben.
3. ein schüler hat genausolche schmerzen wie jeder andere, ergo es heißt ja schmerzensgeld und nicht verdienstausfallsgeld. in diesem punkt - schmerzensgeld - ist österreich sowieso noch ein entwicklungsland - soll heißen keine amerikanischen verhältnisse aber sehr wohl ein bischen mehr realität in der rechtsprechung bezüglich der höhe.
4. in diesem fall würde ich persönlich ein schmerzensgeld von 2o.ooo per woche im spital und 1o.ooo per woche krankenstand für angemessen halten.
5. bei einer etwailigen gerichtsverhandlung würde ich den lenker a, zur bezahlung des schmerzengelds in jedem der a,b und c fälle verurteilen. warum - die versicherung müßte zahlen und nur bei pkt a wäre fahrlässigkeit gegeben und die versicherung würde sich schadlos in form eines regresses halten können. zusätzlich gebs bei pkt a, 3 monate unbedingt plus 1 jahr bedingt, bei pkt. b, 3 monate bedingt, und bei pkt c. 3 monatsgehälter sprich 90 tagssätze unbedingt.

15.05.2001 20:29

frage: wie kommst auf sowas?

Werimaster 15.05.2001 23:00

Ich habe "für alle gleich" gestimmt weil:
Es nicht darauf ankommt warum der Autofahrer nicht ausgewichen ist sondern auf die länge des Krankenstandes und die Art der verletzungen.

@Punschkrapfen:
Zitat:

Der Fußgänger begehrt Schmerzengeld direkt vom Autofahrer (aus irgendeinem Grund keine Versicherung). Es geht nicht um die absolute Höhe, sondern ob zwischen den Fällen ein Unterschied besteht und wenn ja, in welcher Rangfolge.
Ja es besteht ein unterschied. Fall A is vorsetzlicher Mordversuch.
Fall B und C ist gleich, aber ich finde zwischen wollte und konnte is ein großer unterschied. Denn wenn er nicht mehr ausweichen wollte dann gilt das gleiche wie bei Fall A, konnte er aber nicht mehr ausweichen durch zu erhöhte geschwindikeit, handelte er fahrlässig, wobei bei Fall C eventuell mildernte umstände in betracht gezogen werden könnten.

Memphis 15.05.2001 23:04

Zitat:

Original geschrieben von Grandmaster Freeze [L-M]
frage: wie kommst auf sowas?
Vielleicht ist dem Punschkrapfen des alles selber passiert
:eek:
Lord Frederik hört sich wie ein Richter an!?:D

Punschkrapfen 16.05.2001 17:20

Ist ein konstruierter Fall. Ich schreibe eine Jus-Dissertation über die Verwendung des Zivilrechts zu Strafzwecken und es herrscht Streit in der Rechtswissenschaft über die Zulässigkeit, die Zwecke, etc.
Dass alle drei Fälle bei der Zumessung von Schmerzengeld von der überwiegenden Mehrheit als gleich zu behandeln eingestuft wurde, hat mich überrascht. In Deutschland würde ich vielleicht andere Ergebnisse erzielen? Wichtig ist die Entscheidung von "Laien" zu analysieren, weil in den USA der Schadenersatz von einer Laienjury festgestellt wird.
Tatsächlich geht das Deliktsrecht von einer Alles-oder-Nichts Liquidation aus und es kommt vor allem nicht auf die innere Tatseite an (im Zivilrecht, nicht im Strafrecht). In Österreich scheint auch so judiziert zu werden(?), nicht aber in Deutschland. zB OLG Nürnberg bei einem fahrlässig verursachten Autounfall: "Der Schmerzensgeldanspruch hat anders als gewöhnliche Schadensersatzansprüche nicht nur eine Ausgleichs-, sondern auch eine Genugtuungsfunktion. Wie der Große Senat für Zivilsachen des Bundesgerichtshofs festgestellt hat, wohnt dem Schmerzensgeld zwar kein unmittelbarer Strafcharakter mehr inne, doch schwingt in ihm der Ausgleichscharakter der Buße und der Genugtuung mit (BGHZ 18, 149). Auch wenn die Ausgleichsfunktion des Schmerzensgeldes gerade bei Verkehrsunfällen in der Regel im Vordergrund steht, kann die Genugtuungsfunktion jedenfalls dann nicht außer Betracht bleiben, wenn der Unfall durch grob fahrlässiges Verhalten herbeigeführt worden ist. Ein im besonderen Maß die verkehrsübliche Sorgfalt verletzendes Verhalten des Schädigers rückt das Geschehen für den Geschädigten aus dem Bereich des allgemeinen Lebensrisikos heraus, weshalb es erforderlich wird, in solchen Fällen die Genugtuungsfunktion bei der Bemessung des Schmerzensgeldes mit zu berücksichtigen (OLG Köln, VM 2000, 70). Mag der Verletzte noch geneigt sein, einen Schaden als sein Schicksal hinzunehmen, wenn er durch geringe Fahrlässigkeit hervorgerufen wurde, wird sich der Umstand, daß der Schädiger grob fahrlässig gehandelt hat, bei ihm mit Recht verbitternd auswirken (BGH, a.a.O.)." ... Das Schmerzensgeld muß aber nicht nur deshalb gegenüber der landgerichtlichen Einschätzung erhöht werden, weil dieses eine Reihe von festgestellten Unfallfolgen bei seinen Überlegungen nicht bewertet hat. Es muß vor allem auch deshalb angehoben werden, weil das Erstgericht das Verschulden der Schädigerin nicht als schmerzensgelderhöhenden Faktor in seine Abwägung einbezogen hat .
Dh die deutsche Rechtspraxis spricht bei grob fahrlässigem oder vorsätzlich zugefügten Personenschaden mehr Schmerzengeld zu als bei ~leichter Fahrlässigkeit. Die Differenz wird allerdings nicht gesondert ausgewiesen. Die Amerikaner haben dafür ein eigenes Rechtsinstitut: die punitive damages; die soll eben "reckless behaviour" durch einen höheren Schadenersatz ausgleichen. Es gilt zu zeigen, daß (zumindest) die deutsche Rechtssprechung in Teilbereichen (bei Caroline von Monaco - Urteil ging das ja noch weiter, da wurden auch Spezialpräventive Zwecke des Schadenersatzes als Grund für eine Erhöhung genannt) heute ebenso wie die Amerikaner punitive damages verhängen, das Kind aber nicht beim Namen nennen.
Dass in Österreich offenbar tatsächlich anders judiziert wird, ist interessant.
OLG Nürnberg 12/2000: http://www.jurascout24.com/_private/...l23-131200.htm
der "Urfall" aus 1955: http://www.alpmann-schmidt.de/urteil...bghz18.149.htm


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