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Chuck Yaeger 30.10.2006 21:47

Far North
 
Vor langer Zeit, als das Fliegen noch ein Abenteuer war...


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An einem stürmischen Oktobernachmittag fuhren wir mit dem Bus vom Terminal, wo wir ein ausgiebiges Briefing hinter uns gebracht hatten, über die Aprons des Frankfurter Flughafens in Richtung Gate 22B wo unser Fluggerät schon auf uns wartete.

Ein ausgeprägtes Tiefdruckgebiet hatte sich seit den Vormittagsstunden von der Nordatlantikküste bis nach Mitteleuropa vorangearbeitet,die Windböen waren bereits jetzt so stark, daß selbst der Bus Mühe hatte die Spur zu halten. Allerhand lose Gegenstände wirbelten übers Vorfeld und wir sahen sogar eine Maschine durchstarten. Wahrscheinlich hoffte die Besatzung auf eine kurze Atempause des Windes, um einen neuen, und sicheren Versuch zu wagen.


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Wir betraten unsere Maschine über den hinteren Eingang, da Techniker an der vorderen Tür mit Wartungsarbeiten beschäftigt waren. Rob der FI machte noch einen kleinen Abstecher in den "Keller", wie wir Electric- und Hydraulic-Bay nannten, Jim unser Captain ging derweil draußen "Reifen zählen".



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So betrat ich heute als erster das Flightdeck - doch was sah ich ?. Die Vorgängercrew hatte das rechte Seitenfenster offen gelassen, im Fußraum hatte sich bereits eine große Wasserlache gebildet - und die Unterlagen, welche ihren Platz unterhalb des Fensters hatten, sahen auch ziemlich mitgenommen aus. Hoffentlich war da kein Wasser hinter die Verkleidungen gekommen... Die Kollegen hatten sich wohl nichts dabei gedacht, da das Wetter am Vormittag noch so schön gewesen war.



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Rob, der nun auch seinen Platz eingenommen hatte, begann mit dem Abarbeiten der ersten Checklisten. Von Zeit zu Zeit hörte ich ihn fluchen, war aber mit meiner eigenen Arbeit zu beschäftigt um genauer hinzuhören.



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Das INS hatte ich in den Align- Mode gesetzt, die Originating -Checklist war completed ,und so holte ich mir zunächst die ATIS um einen Anhaltspunkt für unser heutiges Setup zu bekommen.


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Heftig was das Wetter an diesem Tag zu bieten hatte, aber schließlich wollten wir ja über den Teich und für Boston war ruhiges Herbstwetter vorausgesagt. Es konnte eigentlich nur besser werden.

Jim, der immer noch draußen zu gange war, hätte mir die ATIS sicher mit einem Livebericht bestätigen können...



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Ein Handlings- Agent schaute vorbei und reichte noch ein Paar frischgedruckte NOTAMS und Wetterinfos nach- ich überflog den Stapel Papier,konzentrierte mich dabei aber wohl zu sehr auf die Windwarnungen, die von doch recht spektakulären 70 Knoten für den heutigen Nachmittag und Abend ausgingen. Die Meldung im oberen Teil eines Blattes entging dabei meinem Blick...


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Unser Captain war inzwischen nass und schlechtgelaunt von seinem "Rundgang" zurückgekehrt und das Boarding in vollem Gange- mit lautem Knacken stöpselte sich der Chef der Ground-Crew an unseren Flieger: "die Papiere sind unterwegs" krächzte es von unten- "Boarding sollte in 5 Minuten komplett sein..."



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Chuck Yaeger 30.10.2006 21:48

"Dann mal los..." sagte Jim- wir gingen zusammen die nötigen Checklisten durch und ich rief Frankfurt Delivery für den Start-Up.


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Momentan lief alles rund , das Cabin- O.K. war auch schon da und wir starteten Triebwerk No 1. um für alle weiteren Starts unabhängig vom Ground- Equipment zu sein.



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Und schon wurden wir vo unserem Gate auf den Taxiway geschoben...




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"Hast Du verstanden, was er gesagt hat? ich nicht!" meinte Jim beiläufig. "Sonst hätte ich es nicht zurückgelesen"- war meine leicht genervte Antwort. "Na dann weise uns mal den Weg" . Das hatte ich nun von meiner Antwort, allerdings war das Rollen in Frankfurt wenig kompliziert und so fanden wir den Weg durch den Frankfurter Nachmittagsverkehr, ohne daß ich mir eine Blöße geben mußte...




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Zügig gab es einen Line UP- und die TO clearance ließ auch nicht lange auf sich warten, da durch den extremen Wind die Abstände zwischen den einzelnen Starts eng gestaffelt werden konnten.





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"Ready?" fragte Jim in die Runde- zweimal ein knappes "Ja" und schon ging es los.

Querruder in den Wind, Seitenruder links, Gashbel nach vorne, 84kN schoben mächtig an.



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"Adjust thrust!"-"thrust adjusted!"....."V1" ..."checked"...




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"rotate"....."V2"....."positive climb"..."gear up"....




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"gear up and locked"... und so stiegen wir mit atemberaubender Steigrate in den stürmischen Nachmittagshimmel über Frankfurt.



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Chuck Yaeger 30.10.2006 21:49

"Klingt nach Gewitter" kam es von links- "lasst uns mal einen Blick in die Zukunft riskieren"!
und obwohl durch einige Wolkenlücken sogar die Sonne zu erahnen war...


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schalteten wir das Wetterradar nun ein. Und tatsächlich: direkt vor uns war ein kräftiges Echo zu erkennen.



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"Den gönnen wir uns" meinte Jim -ein ziemlich überflüssiger Kommentar, da es zum Ausweichen ohnehin viel zu spät war.

Kräftiges Prasseln auf den Frontscheiben und heftiges Rütteln am Flugzeug zeigte, daß wir genau ins Schwarze getroffen hatten...

Das unregelmäßige Aufleuchten der Öldruckwarnungen der Triebwerksanzeigen übersahen wir... wohl auch weil der normalerweise dazugehörige Warnton stumm blieb...



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Nach etlichen Minuten Wackelei waren wir dann schließlich "on Top" und ich versuchte mich, trotz der immer noch spürbaren Turbulenzen, ein wenig dem Kartenstudium zu widmen. Jim steckte sich derweilen eine Zigarette an "ausnahmsweise" wie er betonte..."und mach wenigstens die Lichter aus und stell die Altimeter um, wenn Du sonst schon an nichts denkst!"
Na gut....in diesem Fall hatte er Recht...er hätte es allerdings auch anders sagen können...



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über Brüssel hinweg ging es in Richtung Kanalküste und als wir über das aufgewühlte Wasser flogen fragte ich mich, wie es wohl den Schiffsbesatzungen und Passagieren bei diesem Wetter ergehen mochte. Ich meinte sogar, das Schwanken der Schiffe von hier oben erkennen zu können - aber es war wohl nur meine Phantasie, die mir da einen Streich spielte.



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Via Dover gelangten wir schließlich übers britisches Festland...



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zeichneten unsere Kondensstreifen in den spätnachmittaglichen Himmel über der englischen Provinz wo das Wetter unüblicher Weise recht gut war....



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und verließen das "Empire" über die Cardigan Bay und den Saint Georges Channel in Richtung Irland.



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Es war nun Zeit für die Oceanic Clearance......



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und schon ging es über die steile Westküste der "Grünen Insel" auf den offenen Nordatlantik hinaus.





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Gänzlich einsam mußten wir uns dabei nicht fühlen, denn wie an jedem Tag teilten viele andere unsere Route über das große Wasser, wenn auch in gebührendem Abstand...



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So brausten wir dahin durch den Abend, während uns von achtern langsam die Dunkelheit einholte.

ich war gerade dabei eine Positionsmeldung an Shanwick Oceanic durchzugeben, als plötzlich:


"Heilige Scheiße!!" das war Rob, der es sich gerade mit einem Buch auf seinem Sitz gemütlich gemacht hatte..."was denn?" ..."so etwas habe ich das letzte mal auf meiner Junggesellenparty gesehen!"

jetzt drehte sich auch Jim um: "kann man das abstellen?" "weiß nicht" sagte Rob und dann sahen wir ihn nur noch an allen möglichen Schaltern drehen- ohne Erfolg.




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Chuck Yaeger 30.10.2006 21:50

"Reich mir doch mal die Liste mit den Sicherungen!"- "aber klar doch..." verdammt- das was ich da aus dem rechten Staufach zog, hatte die Konsistenz von aufgeweichtem Küchenpapier- hoffentlich war es noch halbwegs lesbar...

"Mit Amateuren wie euch sollte man einfach nicht auf große Reise gehen..."- Rob und ich sahen uns fragend an: meinte Jim das jetzt ernst ? Seinem Gesichtsausdruck nach zu urteilen war er eher belustigt, was sich aber nur Augenblicke später änderte als wir einen dünnen Rauchschleier im Cockpit bemerkten der sich von der rechten Seitenverkleidung her auszubreiten schien.




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"Alles ausschalten was wir jetzt nicht brauchen!!!" schon flogen unsere Hände über Panels, Konsolen und Sicherungen, A&E Checklisten wurden gelesen und bald saßen wir sprichwörtlich im Dunkeln.



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Erloschene Anzeigen, Off-Flags auf den Navigationsinstrumenten und Höhenmessern zeigten, daß wir nur noch sehr basic unterwegs waren. Die Stanby- Instrumente funktionierten aber wenigstens noch und auch der Rauch schien nachzulassen...Rauch im Cockpit und das mitten über dem Atlantik- nachdem die erste Aufregung vorbei war spürte ich plötzlich meine Anspannung und gab mir alle Mühe, die Gedanken daran zu Verdrängen, was aus solchen Situationen entstehen konnte. Daß es draußen schon fast dunkel geworden war, merkte ich erst jetzt.



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"Ich würde vorschlagen, wir machen erstmal eine Lagebesprechung" meinte Jim und klingelte nach der Purserette...und zu mir gewandt: " du meldest dich nochmal bei Shanwick und bringst den Report zu Ende- unser Lagerfeuer hier oben behältst du vorerst für dich!" und zu Rob: " halte den Feuerlöscher bereit- man weiß ja nie..."



Zu viert besprachen wir dann die Lage: es sah nicht allzu gut aus. Anscheinend war doch Wasser hinter die Verkleidungen gelaufen und hatte dort zu einer Serie von Kurzschlüssen geführt, welche wiederum einen Kabelbrand verursacht hatten. Durch das Ziehen der Sicherungen waren wir dieser Bedrohung- zumindest sah es momentan so aus - Herr geworden, allerdings hatten wir bis auf ein VOR, ein ADF und ein INS fast alle Navigationsinstrumente Verloren (vom Schnapskompaß einmal abgesehen). Auch Künstlicher Horizont, Höhenmesser und Triebwerks-Anzeigen funktionierten nicht mehr oder zumindest nur teilweise, mit letzterem konnten wir allerdings gut leben sofern nichts außergewöhnliches mehr passierte. So beschlossen wir denn, nachdem Rob auch den Brandherd lokalisiert hatte, unseren Weg nach Boston wie geplant fortzusetzen, eine Rückkehr kam wegen des extrem schlechten Wetters über Mitteleuropa nicht in Frage und ohnehin waren wir inzwischen beinahe am PSR angelangt. Sollte es jetzt nocheinmal zu brennen anfangen, war es egal ob wir im westlichen oder im östlichen Atlantik die Fische füttern würden.

"Schaut mal Richtung Vier Uhr" sagte ich plötzlich - und bereute es im selben Augenblick: "außer einem gestressten FI sehe ich dort eigentlich nichts" kam es von links..."höchstens noch einen Co mit wackligen Knien auf drei Uhr"...

"Jim, im Ernst, da kommt einer aus Vier Uhr!" - "Höhe?" "kann ich noch nicht wirklich abschätzen- könnte aber passen..."




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Chuck Yaeger 30.10.2006 21:51

"Der kommt näher- keine Ahnung ob die uns sehen...allzuviel Licht ist uns ja nicht übrig geblieben."
"Na gut...wollen wir mal kein unnötiges Risiko eingehen!" Jim sprachs, schaltete den Autopiloten aus und drückte den Flieger um ca. 500ft. nach unten. Eine gute Entscheidung, denn nur kurze Zeit später schoß die andere Maschine nur knapp hinter uns vorbei und war nun gut auf unserer linken Seite zu erkennen. Allzuviel hatte tatsächlich nicht gefehlt.




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"Kannst du erkennen wer das war??"- "nicht genau, könnte aber ne Canadian DC-10 gewesen sein."

"Und was bitte machen die in dieser Gegend auf Südwestkurs ?" "keine Ahnung"..."frag doch mal Shanwick..."




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Und plötzlich waren wir ganz alleine über der unendlichen Weite des Nordatlantik. Wir versuchten es immer wieder, sendeten blind in die Nacht hinaus auf allen Notfrequenzen die uns zur Verfügung standen...mehr als ab und an ein leises Zischen und Rauschen in den Kopfhörern war nicht mehr zu vernehmen. Natürlich versuchten wir es auch bei Gander Oceanic, da wir inzwischen ohnehin 3o° W passiert hatten - nichts... aber auch garnichts außer einem anhaltenden Knistern und Rauschen war zu vernehmen. Jetzt wo alles so ruhig war, war plötzlich auch Zeit zum Nachdenken. Setsamer Weise war es kein unangenehmes Gefühl, was sich nun in mir breit machte- eher eine große Stille, die Gedanken verflogen für Augenblicke und hörten schließlich fast ganz auf. Aus dem Fenster in die Schwärze starrend, war ich in diesem Augenblick mit mir und der Welt im reinen.




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"Seht ihr das ??" aber den anderen schien es genauso zu gehen wie mir. Ohne zu antworten sahen sie dem großartigen Spiel der Polarlichter zu, welche uns nun umgaben. So verging die Zeit...

Es war Jim, der uns aus unserm Staunen Riß: "Männer!" sagte er leise "seht euch mal den Kompaß an..." "er schwankt ganz ordentlich" meinte ich. "Das meine ich nicht....wir fliegen nach Norden!!"
Und tatsächlich- die Skala des Kompaß zeigte nordnordwestlichen Kurs an obwohl wir laut unserem verbliebenen INS auf Westlichem Kurs sein sollten. "Der Kompaß spinnt!"..."warum sollte er?"..."na die Polarlichter- und dann in diesen hohen Breiten...." "glaube ich nicht- soviel Ablage kann es hier garnicht geben! die Deviationskarten habe ich ganz gut im Kopf. Und dann der Flieger vorhin aus vier Uhr und Richtung West Südwest...wißt ihr, was ich glaube ??"

Ja nun wußten wir es und plötzlich machte auch alles einen Sinn. Die Canadian war auf einem parallelen Track unterwegs gewesen, auf Bravo oder vielleicht sogar auf Alpha...? Sie hatten die richtige Richtung- wir waren es, die kreuzten !

Hatte unser verbliebenes INS doch etwas abgekriegt und uns im Stich gelassen...anscheinend.....und nun ? ja, was nun- die Position verloren, kein Funkkontakt mehr... letzteres mußte mit den Polarlichtern zu tun haben, wenigstens indirekt wie ich mich erinnerte, da gesteigerte Sonnenaktivität den Kurzwellenbereich zu Nichte machen konnte. Zumindest vorübergehend...

"Rob, wieviel Sprit haben wir noch an Bord?" - "in Pounds oder in Stunden?"- "sag schon!"- "laß mich rechnen.....hmmm....
gute vier Stunden, würde ich sagen". "O.k. laßt uns mal die die Karte rausholen..."- und was hilft uns das, wenn wir nichteinmal wissen wo wir genau sind ??" - "im Augenblick wenig, aber wenn wir von unserer letzten sicheren Position ausgehen und diese mit seitdem geflogener Zeit und ungefährem Heading verrechnen haben wir zumindest einen Anhaltspunkt. Das ist doch wohl besser als garnichts."



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Dem konnte man nicht wiedersprechen und so überlegten und rechneten wir gemeinsam und kamen schließlich überein, daß wir uns irgendwo nahe der Südostküste Grönlands befinden mußten. Wenn wir von hier aus strikten Südwestkurs hielten, würden wir in der Gegend von Gander auf die Nordamerikanische Ostküste Treffen. Wenn unsere "errechnete" Position einigermaßen stimmte. Wenn nicht, konnte unser Flug auch irgendwo über der Hudson-Bay ein unglückliches Ende nehmen. Wenn wir nur irgendwie genau Kurs nehmen könnten.... unser Kerosinvorrat würde evenuell sogar noch bis nach Boston reichen....


"Jim, die Sterne!!"- "wie??"- "die Sterne, laß es uns doch machen wie die Alten und nach den Sternen navigieren!"

"Hab ich auf der Flugschule mal gelernt- seitdem nie wieder gebraucht- das lassen wir mal lieber sonst schreiben die Zeitungen morgen ganz sicher über uns..."

"Jim bitte, ich weiß was ich da tue..."



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Ich legte meinen Kollegen dar, daß wir nur den Polarstern zu finden brauchten und daraus ein ziemlich exaktes Südwest-Heading sowie unseren gegenwärtigen Breitengrad bestimmen konnten.

Gesagt getan: der Polarstern war leicht zu finden (indem man die Vorderräder des Großen Wagen um etwa das Vierfache nach oben verlängerte). Die Winkelbestimmung, die ich dann mit Hilfe eines verstaubten Sextanten durchführte, welcher in diesen Tagen immer noch zur Ausrüstung eines jeden Langstreckenflugzeugs gehörte, ergab, daß wir uns in etwa auf dem 60 nördlichen Breitengrad befanden und unser nach Kompaß geflogenes Heading richtig war. Der gute alte Schnapskompass, wenigstens darauf war Verlaß gewesen ....

Und wenig später hatten wir dann auch den Beweis dafür, daß die althergebrachte Art der Navigation noch immer wundervoll funktionierte. Hellschimmernd lag im Mondlicht die verschneite Südküste Grönlands unter uns und wir erkannten sogar Kap Farvel, welches wir auf so vielen Reisen vorher schon gesehen hatten.


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Chuck Yaeger 30.10.2006 21:51

In diesem Augenblick wußte ich, daß wir heute Abend wieder zu Hause sein würden.


Die Besatzung der Lockheed P3-C Orion, welche im Auftrag der Nasa unterwegs war, hatte einen anstrengenden und vor allem kalten Arbeitstag hinter sich gebracht. Ihr Auftrag war es heute gewesen, die Auswirkung extrem gesteigerter Sonnenaktivität auf die oberen Atmosphärenschichten zu messen und aufzuzeichnen. Zu diesem Zweck war man am Morgen von der Eielson-Airbase nahe Fairbanks/Alaska gestartet um dann über die Beaufort- See und die Queen- Elisabeth Inseln das Nordpolarmeer zu erreichen, der Gegend in der die Heutigen Messungen stattfinden sollten. Nach einem Tankstop im Nordwesten Grönlands war man nun auf dem Rückflug richtung Gander, von wo aus es am nächsten Morgen zur Homebase nach Houston/Texas weitergehen sollte.



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Ein Testruf dieser Besatzung auf der internationalen Notruffrequenz war das erste, was wir seit langem im Funk zu hören bekamen.



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Wir waren identifiziert....



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und bald befanden wir uns in einer Art Formationsflug in Richtung Gander.


Später, einige Zeit bevor wir die amerikanische Ostküste erreichten, waren wir dann wieder unter Radarüberwachung durch Gander Center. Wir bedankten uns bei der Besatzung der Orion für die Hilfe und sahen sie nach Nordwesten abdrehen...



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Auch unseren verbliebenen VOR- Empfänger konnten wir nun endlich wieder gebrauchen, vielleicht besser so, denn wer weiß ob wir den restlichen Weg nach Boston anhand der Sterne gefunden hätten...



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Ohne weitere Zwischenfälle flogen wir in südlicher Richtung die Ostküste entlang und bald sahen wir die Lichter von Halifax unter uns blinken- die Zivilisation hatte uns wieder...



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Chuck Yaeger 30.10.2006 21:51

Unser Umweg war weniger dramatisch gewesen als wir zuerst befürchtet hatten, der Treibstoff würde bis nach Hause reichen. Den Passagieren erzählten wir etwas von unerwartet starkem Gegenwind um die Verspätung zu erklären- hätten wir sie jetzt noch unnötig beunruhigen sollen ?

Dann war es so weit- unser Ziel lag nun klar sichtbar vor uns und wir wurden an Boston Center übergeben...



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Gesagt getan...Downwind 04...




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ein Visual, wie er bereits damals eigentlich nicht gerne gesehen wurde...



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Und dann hatte die Erde uns wieder....



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Als wir am Gate angedockt hatten, die Motoren abstellten, den Passagieren beim Aussteigen zusahen und es langsam ruhig um uns herum wurde, graute mir ein wenig vor dem kommende Alltag in der Tristesse irgendwelcher Hotelzimmer, bei schlechtem Essen und noch schlechteren Fernsehprogrammen.

Auch wenn das, was wir heute erlebt hatten ein schlimmes Ende hätte nehmen können, ich habe mich selten so lebendig gefühlt wie in diesen Stunden unseres einsamen Fluges über dem Nordatlantik.

Ich werde meinen Kindern und Enkeln davon erzählen...


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von der Zeit, als das Fliegen noch ein Abenteuer war.

floki 30.10.2006 22:08

Also mich hauts ja fast von den Socken so ein super Gemachter bericht und die wunderschönen Screenshots.Einer der besten Berichte die ich je gesehen habe.:eek: :eek:

Geniale arbeit und vielen DAnk für diesen super Bericht.

Gruß Florian

floki 30.10.2006 22:12

Hättest du das erste und letzte Bild vielleicht nochmal in ner höheren Auflösung das will ich unbedingt als desktop haben.

Gruß florian

Sar71 30.10.2006 22:19

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So einen super Bericht habe ich wirklich noch nicht gesehen!!
Interessante Story, fantastische Screenshots - Perfekt!

Gruß
Tim


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