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ULli 11.04.2001 10:02

Hallo,

gestern sahen meine Kollegen und ich eine Fokker 50 im Endanflug auf den Luxemburger Flughafen, bei der das linke Fahrwerk nicht ausgefahren war :eek:. Offensichtlich ist aber dann nichts weiter passiert, denn von einem ungewöhnlichen Vorfall ist am Flughafen nichts bekannt geworden. Wahrscheinlich haben die Jungs/Mädels das Problem dann doch noch in den Griff bekommen :).

Nun habe ich dazu ein Sack voll Fragen an die Experten :confused::

- welche Möglichkeiten gibt es eigentlich bei derartigen Fahrwerksproblemen bei grossen Turboprops und Jets (Reservesysteme, Handbetrieb,...)?

- wird das Landen mit unvollständig ausgefahrenem Fahrwerk im Simulator trainiert?

- ist es in einem solchen Fall besser, mit eingefahrenem Fahrwerk zu landen?

- wie oft passiert sowas eigentlich?

- achtet der Tower systematisch auf sowas und gibt entsprechende Warnungen an die Piloten?

- gibt es eine Möglichkeit im FS2000, diese Situation zu simulieren (habe bisher keine gefunden)?

Bin gespannt auf eure Antworten, auch als "Realpassagier" :cool:.

Gruss und Happy landings,

ULli

TooLowFlap 11.04.2001 10:45

Zitat:

ULli hat geschrieben:
welche Möglichkeiten gibt es eigentlich bei derartigen Fahrwerksproblemen bei grossen Turboprops und Jets (Reservesysteme, Handbetrieb,...)?
Bei allen Verkehrsflugzeugen herscht noch immer der Grundsatzt der Redundanz; ergo, ja, es gibt Alternativen :). Beispiel Boeing: Hier werden über die "ALTERNATE GEAR EXTENSION SWITCHES" (Elektromotoren) die Fahrwerkstore geöffnet, und die "Gear Uplooks", also die Befestigung des Fahrwerks im Schacht, gelöst. Den Rest übernimmt dann die Schwerkraft. Es gibt bei den Meisten einen ALTN GEAR EXTEND switch getrennt für Hauptfahrwerk (Wing) und Nose-Body. Dies wird gemacht, da ein auf diese Weise herabgelassenes Fahrwerk nichtmehr herauf genommen werden kann.

Beispiel einer LH Checklist (744) für Gear Disagree:
Message: GEAR DISAGREE
->If gear lever is...
a) UP: Observe gear extent limit speed: 270/.82 -> END
b) DN and any gear not down: GEAR LEVER OFF, ALTERNATE GEAR EXTENT SW (Affected Gear Altn)
-> If gear indication...
a) all down: GEAR LEVER DN -> END
b) any gear not down: GEAR LEVER DN, GROUND PROXIMITY/CONFIG GEAR OVERRIDE SW OVRD

Und dann geht es weiter (Fuel Pumps off, Packs off...)

Zitat:

- wird das Landen mit unvollständig ausgefahrenem Fahrwerk im Simulator trainiert?
ja

Zitat:

- ist es in einem solchen Fall besser, mit eingefahrenem Fahrwerk zu landen?
Jein, mit einem Verkehrsflugzeug sicherlich nicht. Aber mit nem Schulungsflugzeug sollen wir auf einer Graspiste neben der Bahn mit Gear up landen. Das macht den wenigsten Schaden (zumindest laut Buch)

Zitat:

- wie oft passiert sowas eigentlich?
Ich hoffe nicht oft! Leider keine Erfahrung damit

Zitat:

- achtet der Tower systematisch auf sowas und gibt entsprechende Warnungen an die Piloten?


Soweit ich das weiß, wird, falls es das Wetter/Verkehr zuläßt vom Tower nach Meldung der Piloten eines Problemes gezielt darauf geachtet, was mit dem Fahrwerk ist (z.B. während eines Vorbeifluges). Es könnte sich ja ebensogut um einen Instrumenten/Sensorenfehler handeln.

Alle Angaben ohne Gewähr, da ich auch noch keine ATPL habe.

TLF

Thomas_30 11.04.2001 11:12

Hallo ihr beiden,

@TooLowFlap
...keine falsche Bescheidenheit, stimmt schon was du sagst.


@Ulli

- welche Möglichkeiten gibt es eigentlich bei derartigen Fahrwerksproblemen bei grossen Turboprops und Jets (Reservesysteme, Handbetrieb,...)?
Das hängt von der Art des Problems ab. Die meisten Fahrwerke sind darauf ausgelegt bei Versagen der Hydrauliksysteme das Fahrwerk mit Hilfe der eigenen Schwerkraft oder des Fahrtwindes auszufahren. Bei der 747 gibt es für das Bugrad unter dem Passagierdeck eine Handkurbel für den Notfall - zumindest war die bei der 747-200 so. Problematischer ist da eher ein verklemtes Fahrwerk.
Die Luftschraube einer Turboprop gibt relativ schnell nach und verbiegt sich nach hinten.

- wird das Landen mit unvollständig ausgefahrenem Fahrwerk im Simulator trainiert?
bis zum Exzess!

- ist es in einem solchen Fall besser, mit eingefahrenem Fahrwerk zu landen?
Das hängt vom Flugzeugtyp ab. Bei einem Jet: Nein.
Der kritischste Fall ist der Ausfall eines der beiden Hauptfahrwerkes. Kann z.B. das linke Fahrwerk nicht ausgefahren werden, dann landet man auf dem rechten Fahrwerk und auf dem linken Triebwerk oder der linken Fläche. Der Widerstand ist links größer als rechts. Mit betätigen der Bremse rechts kann ich somit die Maschine nach dem Aufsetzen auf der Bahn halten, in dem dich den Bremswiderstand rechts mit der Bremse kontrolliere. Wäre alles eingefahren, so könnte ich nach dem Aufsetzen und nach unterschreiten der Geschwindigkeit, bei der das Seitenruder noch reagiert, die Maschine nicht mehr steuern. In der Regel wird ein Schaumteppich gelegt, der Funkenflug vermeiden soll. Das schwierige an der Landung mit einem fehlenden Hauptfahrwerk ist, das zuerst alle verbleibenden Fahrwerke aufsetzen müssen. Man versucht auf dem rechten Hautpfahrwerk aufzusetzen, dann mit schwebender linker Seite das Bugrad runter und danach auf das linke Triebwerk dem Boden näher bringen. Irgendwo im Netz gibt es ein Video über eine 737, die einen solchen Anflug durchführt.

- wie oft passiert sowas eigentlich?
nicht sehr häufig, kommt aber gelegentlich vor. Die Situation, dass das Fahrwerk nach dem Touchdown nachgibt, ist häufiger.

- achtet der Tower systematisch auf sowas und gibt entsprechende Warnungen an die Piloten?
Wenn das Fahrwerk nicht ordnungsgemäs eingerastet ist, sieht man das im Cockpit. Die Anzeigen für das Fahrwerk müssen grün sein, sonst ist etwas faul. Sind sie es nicht, und herscht Blickkontakt zu Tower, dann fragt man zurück, ob man von außen die Stellung des Fahrwerkes erkennen kann.

- gibt es eine Möglichkeit im FS2000, diese Situation zu simulieren (habe bisher keine gefunden)?
Ist mir nicht bekannt.

CU
Thomas

ULli 11.04.2001 12:26

Schaumteppich?
 
Hallo TooLowFlap, hallo Thomas,

herzlichen Dank für eure prompten und ausführlichen Antworten. Hochinteressant. Irgenwie interessiert es mich ja doch, wie die gestern das Problem in den Griff bekommen haben, aber keiner in Luxembourg scheint etwas zu wissen, na ja... :(

Eins interessiert mich noch:

Thomas, du schreibst "In der Regel wird ein Schaumteppich gelegt, der Funkenflug vermeiden soll". Irgendjemand aus meinem Bekanntenkreis hat behauptet, das Schaumteppiche heutzutage nicht mehr gelegt werden, da die Gefahren durch den Schaum für die Passagiere bei der anschliessenden Evakuierung der Machine grösser seinen als die Brandgefahr. Ist da was dran?

Allways three greens...

ULli

Thomas_30 11.04.2001 12:47

Hallo Ulli,

Die Gefahr, das einer der Tank der Maschinen bei der Notlandung aufreissen und durch die Funken schleifenden Metalls entzündet werden, ist erheblich größer als die "nassen Füsse" der Passagiere. Zudem dient der Schuam als Kühl und Schmiermittel. Die schleifende Stelle heizt sich extrem auf.

Was eher gegen einen Schaumteppich spricht, ist die verminderte Bremsleistung des verbleibenden Fahrwerks.

Man legt auch heute noch Schaumteppiche, allerdings nicht mehr die volle Distanz. Im Idealfall ist der Teppich so bemessen, so das die Maschine kurz nach dem Teppich zum Stehen kommt. Allerdings wird häufig die Maschine nach dem Stillstand von der Feuerwehr mit einem Schauteppich auf der Schleifseite überzogen.

Erst letztes oder vorletztes Jahr musste in Zürich glaube ich, eine grössere Maschine notlanden, nachdem das Bugfahrwerk verklemmt war. Auch das war eine Schaumteppichlandung.

CU
Thomas

jock 11.04.2001 12:51

Tach!
Im FS2000 kenn ich keine Möglichkeit mit nur teilweise ausgefahrenem Gear zu landen. Es gibt aber ein "Adventure" bei dem man, mit der Mooney glaube ich, eine Bauchlandung hinlegen muss. Das hat bei mir mal geklappt, aber nur bei dem Adventure, nie wenn ich es in Köln oder woanders versucht habe.
Tschüß
David

ULli 11.04.2001 14:25

Überhaupt machbar?
 
Hallo nochmal,

wahrscheinlich ist so eine Landung im FS mit vernünftigem Aufwand auch nicht realistisch nachzubilden, wenn man an z.B an Bodeneffekt, untercshiedliche Bremsleistung (und dann noch auf Schaum...) usw denkt. Man darf ja mal träumen... :D

Happy landings.

ULli

EDGM Harry 11.04.2001 14:37

Hallo Ulli

In der 737 gibt es 3 Hebel im Boden des Cockpits . Linker und rechter Hebel für das jeweilige Hauptfahrwerk, mitte für das Nose gear. Die zieht man heraus ( Nose ca 20 cm , Main ca 60 cm). dadurch wird das Fahrwerk entriegelt.
Zur Kontrolle gibt es in der Kabine kleine Fenster im Boden unter dem Kabinenteppich. Man sieht dann eines der Scharniere des Fahrwerks mit roten Markierungsstreifen. Sind diese in einer Linie ist das Fahrwerk ausgefahren.
Das gleiche gilt für das Nosegear, jedoch ist das Fenster hier in der Schwelle der Cockpittüre.

Ein solches Adventure in dem das Fahrwerk nicht richtig funktioniert wäre bestimmt mal interessant, bzw ein Patch der Fehler hervorruft mal ne Herausforderung an die Programmierer, oder?

trotzdem always three green

EDGMHarry

Käpt'n Cook 2 11.04.2001 14:42

Hallo David,

stimmt das Adventure mit der Mooney gibt es und es funktioniert wirklich nur im Adventure, hab' das auch schon gecheckt, glaube es nennt sich "Bauchlandung".
Aber mit der Schleicher ASW 20 ist mir, allerdings auf Grasbahnen schon des öfteren eine solche Bauchlandung gelungen, ist aber nicht halb so spektakulär wie mit einem Dumbo ähh upps meine natürlich Jumbo (immer diese Dreckfuhler ;) ).

Tschüß

Käpt'n Cook

Käpt'n Cook 2 11.04.2001 14:50

Hallo EDGMHarry,

hab gleich mal unter meinen Teppich geschaut, konnte aber keine Fenster finden, hätte dann auch wahrscheinlich nur meinen Mieter beim Mittagessen gesehen ;) , aber Spaß beiseite über solch kleine "Einlagen" im Flugsimulator würde ich mich auch freuen.
Es müßte sich doch hier im Forum eigentlich jemand finden, der weiß was an den Einstellungen in diesem Adventure anders ist, damit man auch ohne Fahrwerk landen kann, bzw. mit nur teilweise ausgefahrenem Fahrwerk.

Happy landings (on all wheels ;) )

Käpt'n Cook


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