![]() |
Segelflug – Kein Aufwind, was jetzt?
Folgendes Problem:
Ich fliege eine Schleicher Ka 4 im Flachland, z.B. vom Platz Dorsten – Am Kanal. Leider ist die Gleitzahl der Ka 4 nicht so doll (ca. 1:19). Ich komme zunächst mit dem Seil auf eine Höhe zwischen 300 – 400 Meter. Nun stehe ich vor einer Entscheidung: 1. Fliege ich vom Platz fort und suche einen Bart (und riskiere somit eine Außenlandung, wenn ich keinen Aufwind finde) oder 2. Drehe ich eine Platzrunde und wenn bis dahin kein Aufwind gefunden wird, schnell zurück auf den Platz? Bei einem hohen Platz wie z.B. Klippeneck oder Farrenberg habe ich ja noch etwas Spielraum und kann in die Täler gleiten um dortige Plätze zum landen aufzusuchen. Aber dieser „Rhönstein“ (die Ka 4) ist im Flachland ja schon fast kriminell :D . Nach knapp vier Minuten bin ich schon wieder unten, wenn ich zwischenzeitlich keinen Bart gefunden habe. Die Außenlandung in einen Vorgarten mitten in Dorsten war nicht ganz nach meinem Geschmack, zumal ich schön überzogen habe aus Angst, noch auf die Bundesstraße zu knallen. In drei Meter Höhe Strömungsabriss und schön in den Garten geknallt – zum Glück nur simuliert. Wie verhalte ich mich aber richtig? Kann ja nicht sein, dass die armen Dorstener immer in Alarmbereitschaft versetzt werden, nur weil der Androctonus mal wieder seinen „Rhönstein“ ausfliegt :-) . Oder werden in bevölkerungsreichen Gebieten grundsätzlich keine Segler mit schlechter Gleitzahl genutzt? Wie verhalten sich die Segelflieger in der Realität, wenn die Gleitzahl nicht so toll ist und die Aufwinde nicht gefunden werden? Andreas (der wohl doch besser nen Stinkeflieger nehmen sollte ;) ) |
Safety first... du hast deine 200 m oder so an Spielraum, die kannst du nutzen... ein Nullschieber reicht ja auch schon mal, um deine Suchzeit zu verlängern. Aber eine Außenlandung so nahe am Platz ist meistens unnötig.
Nach dem Ausklinken gehst du ja sowieso erstmal in den Querabflug und ab da kannst du halt auf deinen Popo hören und jedes Lüftchen mitnehmen. Es ist ja nicht so, dass da nur ein Bart steht, an dessen Rand dann nur noch Saufen ist. Wenn die Luft trägt, dann hast du meistens auch kleinere Aufwinde, die dich gaaanz langsam auf eine anständige Höhe bringen, um nach den Großen zu suchen. Aber man muss sich dann halt auch mit Steigraten <1,0 m/s zufrieden geben. |
Hallo Lennart,
ganz herzlichen Dank für Deine Ausführungen. Die kleineren Aufwinde werden im FS (allerdings wohl nur mit ASV) sehr schön dargestellt. Ich war mir allerdings nicht ganz klar, ob diese so auch in der Realität vorkommen würden. Dank Dir sehe ich da jetzt ein bisschen klarer. Das Saufen um die Thermiken wird ebenfalls sehr schön dargestellt, die Thermiken selbst natürlich auch. Was aber jetzt, wenn selbst ein Nullschieber direkt nach dem Start nicht möglich ist? Kann so etwas überhaupt vorkommen? Ich habe mit der Ka 4 sofort nach dem Ausklinken ein schönes Sinken mit 2 m/sec. Da bleibt für Spielereien kaum noch Zeit. Gerade noch mal die Platzrunde geflogen und das war es auch schon. Nicht immer! Aber die Hälfte meiner Flüge enden meist nach 4 – 5 Minuten mit diesem Muster, entweder wieder auf dem Platz oder, wenn ich gepennt habe, irgendwo in Dorsten ;) . Mit einem modernen Hochleistungssegler würde so etwas wohl nicht passieren, dass sehe ich ein. Aber was machen diejenigen, die mal einen älteren Segler in die Luft bewegen? :-) Andreas |
Also ich hab´s noch nie geschafft, in Platznähe eine Aussenlandung "hinzukriegen", weil mir das persönlich erst mal viel zu stressig ist (man muss nämlich erst mal nen Rückholer organisieren, dann den Flieger zerlegen, was bei so alten Gurken meist in echte Schwerstarbeit ausartet, und sich dann noch dem Spott des ganzen Vereins ausgesetzt sehen...) Nee, also wenn´s nich zieht, mein Gott, dann landet man halt nach 5 Minuten wieder und probiert´s gleich nochmal. Dass man´s nach nem Windenstart zurück zum Platz schafft, das sollte man zumindest drauf haben.
Normalerweise ist es ja auch so, dass man nicht "blind in der Luft rumstochert" und den Bart sucht. Bei uns am Platz z.B. kennt man seine "Hausbärte": Über´m Zwick zieht´s, am Altwasser geht´s auch meistens, die Ziegelei enttäuscht selten und an den Seen geht´s abends auch noch ganz gut. Und soo unbeweglich ist man dann mit ner Ka4 ja auch nicht... Also Fazit: 2. |
@Jü
Na ja, schon klar, dass eine Außenlandung nicht so toll ist, erst recht nicht in Platznähe. Allerdings habe ich bei meinem kleinen „Missgeschick“ auch nicht einfach nur wild „herumgestochert“ :-) . Unfallhergang im FS: Ich startete vom Platz Dorsten – Am Kanal. Das Seil wurde in einer Höhe von ungefähr 350 Meter ausgeklinkt. Ziemlich schnell bemerkte ich ein Sinken zwischen 1 – 2 m/sec. Ich hatte nun schon zwei Versuche hinter mir und wollte endlich etwas länger in der Luft bleiben. Bei Dorsten habe ich häufig einen Bart bemerkt – sozusagen einen „Hausbart“ ;). Ich flog mit Wind im Rücken zu besagter Stelle.... Nur noch 200 Meter unter mir und das über dichter Bebauung. Ich drehe, um meinen Platz zu sehen und verliere schön weiter an Höhe. Schreck! Durch den Rückenwind bin ich weiter vom Platz weg als erwartet. Großes Problem... schnell eine Stelle finden zur Außenlandung. Nur noch 100 Meter. Ich erreiche knapp den Ortsausgang, ziehe vor Aufregung zu stark am Ruder. Strömungsabriss und ein weiterer deutlicher Höhenverlust. Nur noch 20 Meter! Der rettende Vorgarten! Ich streiche knapp über die Bundesstraße und sacke im Garten durch. Die Antwort für ein richtiges Verhalten haben Du und Lennart bereits gegeben: Nullschieber und Sinken nach dem Ausklinken: Platzrunde und vielleicht später noch mal ein neuer Versuch. Leichtes Steigen unter 1m/sec.: Ich knechte mich hoch auf eine sichere Höhe (ca. 1000 Meter über Grund), dann suche ich mir einen ordentlichen Bart. Ob ich mich wirklich auf „Hausbärte“ so verlassen darf? Zumindest nicht im FS ;). Holm- und Rippenbruch, Andreas |
Mein halbes Flugbuch besteht aus Flügen zwischen 4 und 7 Minuten... Es ist also tatsächlich realistisch, dass man nicht beim ersten Mal gleich hochkommt. Auch wenn die Überlandflieger morgens rausgehen, machen sie entweder F-Schlepp um auf Höhe zu kommen oder versuchen es mit der Winde und brauchen dann auch oft mehr als einen Versuch, um gut wegzukommen.
|
@Lennart
....Und mein virtuelles Flugbuch sieht da mittlerweile ganz ähnlich aus :-): Kurze Flüge (ca. 4 Minuten) mit Seglern überwiegen im FS. Ich konnte (wollte) einfach nicht glauben, dass ein Segelflug ein bisschen nach dem „Try and Error“ – Prinzip funktionieren würde: Finde ich nach dem Start keinen Aufwind, zurück zum Platz. Noch mal starten. Wieder nichts. Wieder landen. Dann wieder starten, usw. Somit sind meine vergeblichen Versuche also doch der Realität angenähert (hoffentlich nicht so sehr mein Unfall – aus Ungeduld heraus in die Katastrophe ;) ). Noch mal ganz herzlichen Dank, Lennart und Jü, für eure klaren Ausführungen, Andreas |
Wenn du Interesse an der Segelfliegerei hast (und zuviel Zeit ^^), dann geh mal zum Segelflugplatz deines Vertrauens und schnupper mal rein. Das ist echt ein bezahlbares Hobby.
|
Bezahlbar, ja... Aber leider kann man Zeit nicht kaufen! :heul:
(Naja gut, als Student isses dann auch nich mehr soo bezahlbar, aber wehe, wenn ich mal wieder Geld verdien ;)) @Andreas: Hier werden sie geholfen! Dein "Unfallhergang" ist sehr interessant zu lesen, denn da spiegelt sich genau das wieder, was man sich in einem Segelflugzeug mit der Zeit so richtig reindreschen muss: Dass man entgegen dem Bauchgefühl, das einem sagt "Ui, Boden, also Knüppel nach hinten" den Knüppel eben grade nach vorn schiebt, um erstens genug Fahrt in Bodennähe zu haben ("Fahrt ist das halbe Leben") und (ich weiß nicht, wie weit Du dich mit Sollfahrttheorie auseinandergsetzt hast) bei sinkender Luft ebenso möglichst schneller fliegt, um den Bereich des "Saufens" schneller zu durchfliegen. Aber das ist echt Gewöhnungssache... Viel Spaß noch beim "Soaren"! |
@Jü
Irgendwie schon kurios: Du erwähnst heute die Sollfahrttheorie und erst gestern versuchte ich, diese mal „geruhsam“ am Abend im FS zum ersten mal durchzuführen ;). Ich weiß darüber eigentlich nur soviel, wie Du auch in Deinem Satz formulierst: Schnellstmöglichst das Saufen durchqueren und wieder in den Aufwind gelangen. Ich hatte mich bei Borghorst schön auf etwas über 2000 Meter hochgekurbelt und versuchte nun, nach Dorsten zu fliegen. Auf dem Weg nach Dorsten geriet ich in ein wirklich böses Saufen (über 5m/sec. Sinken). Erst dachte ich, wird schon gut gehen, hast ja genug Höhenreserve. Also Stick nach vorne und schnell durch. Allerdings wollte das Saufen partout nicht aufhören. Als der Zeiger schließlich die 1000 Metermarke unterschritt, wurde ich ernstlich unruhig (zumal ich an Deine Worte denken musste, wie schwierig ein Holzsegler im Gelände zu bergen ist ;) ). Ich fand bei 800 Meter Höhe dann doch noch einen fitzeligen Bart und astete mich mit viel Mühe wieder auf Höhe. Irgendwie hatte/habe ich den Eindruck, als hätte ich mich durch die Reaktion „Stick nach vorne“ erst richtig in ein Sinken „gebohrt“ und erst dadurch einen so massiven Höhenverlust begünstigt?! Normalerweise war ich in einer Höhe ab 2000 Meter vor bösen Überraschungen bisher immer verschont geblieben. Zur Zeit neige ich daher doch eher wieder dazu, die Sinkrate nicht zu stark ansteigen zu lassen, also Stick eher ein bisschen zu mir (wobei ich aber doch ein wenig den Eindruck habe, dass die Abwinde sich ziemlich unbeeindruckt in bezug zu meinem Anstellwinkel verhalten). In wieweit der FS überhaupt solch eine Situation korrekt wiedergibt, steht auf einem anderen Blatt. Zumindest bin ich von den bisherigen Flügen doch sehr beeindruckt und angenehm überrascht :-). Holm- und Rippenbruch, Andreas |
Es ist natürlich wirklich so, dass du durch deine schnelle Fahrt das Sinken noch erhöst, dies ist aber immer noch besser als etliche Sekunden länger in 5 m/s Saufen zu stecken. Im echten Flieger hast du am Variometer so einen Sollfahrtring, den stellst du auf dein erwartetes Steigen in einem Bart ein, den du annehmen würdest. Dann zeigt er dir eine Sollfahrtgeschwindigkeit, das ist natürlich nur grob, gibt aber gute Hinweise. Und die ganzen Logger können sowas natürlich auch...
http://www.segelfliegen-in-celle.de/..._fvc/vario.gif |
| Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 15:53 Uhr. |
Powered by vBulletin® Copyright ©2000 - 2025, Jelsoft Enterprises Ltd.
© 2009 FSL Verlag