WCM Forum

WCM Forum (http://www.wcm.at/forum/index.php)
-   Simulationen (http://www.wcm.at/forum/forumdisplay.php?f=27)
-   -   TPC von Roland Wukovits (http://www.wcm.at/forum/showthread.php?t=136134)

Hoffi 05.06.2004 12:48

TPC von Roland Wukovits
 
Hallo zusammen,

ich hatte mir vor kurzem das Tool von Roland Wukovits zur Berechnung der T/O speeds & Powersettings für den PS A330-200 runtergeladen.

Beim Testen fiel mir dabei auf, dass die Berechnung der T/O speeds irgendwie nicht so ganz logisch erscheinen. So berechnet das Programm für den Start mit Flaps 1 eine niedrigere Startgeschwindigkeit als mit Flaps 2 und 3. Das kann doch nicht richtig sein, das wäre doch schon aus aerodynamischer Sicht unsinnig!

Mir fiel das vor allem beim A330-200 auf. Beim weiteren Testen mit anderen Maschinen läuft das Programm einwandfrei.

Viele Grüße,
Hoffi.

KlabautAIR 07.06.2004 11:11

Mir ist bis jetzt nur aufgefallen, dass bei den Temperatursettings "-3-7°C" und "<-7°" die Fehlermeldung "Laufzeitfehler'6': Überlauf" erscheint und das Programm sich beendet.

Ist das nur bei mir so, oder hat jeder das Problem. Wenn ja, weiß Roland Wukovits davon?

Abgesehen davon find ich das Programm klasse, das ist eigentlich genau das, was ich immer vermisst hab. Endlich mal FLEX T.O.-Werte, die nicht einfach nur geraten sind! :)

Hoffi 07.06.2004 20:43

Ja, diesen Überlauffehler habe ich bei den Temperaturwerten -3°-7° und -7° auch.

Abgesehen von den o.a. Fehlern muß ich Dir zustimmen - die Flex T.O. Ermittlung ist echt prima, zumal man ja ansonsten die RwyCharts der einzelnen Typen und Flugplätze benötigen würde.

VG
André

KlabautAIR 08.06.2004 09:15

Man merkt halt gerade an der V1, dass die Rechtsklickgeschwindigkeiten vom FMC, bzw. die Werte, die ich auch in ner Tabelle stehen hab, doch deutlich "standardisiert" sind. Die V1 is nämlich sehr vom Landebahnzustand und eben der Länge abhängig.

Auf der 3200m-Bahn von LEPA gestern is dann die V1 eben nich 136, wie´s das FMC sagt, sonder laut TPC 146 Kts, VR und V2 147 Kts. Und FLEX TEMP 56; ich hab glaub noch nie mehr als 50 eingegeben, da sieht man mal, wie schlecht man schätzt. :rolleyes:

Aber mal andere Frage: was für ein Programm benutzen die echten Busfahrer denn? Is das was ähnliches? Oder noch komplexer? Machen das die Piloten selbst oder ´s Dispatch?

Und wie konnte ich bisher OHNE leben?
(Ich mein, wer braucht FS Flight Keeper? ;) *AndeutungmachaufFXPArtikel*)

Hoffi 08.06.2004 21:50

Die "echten" Piloten benutzen Runway Weight Charts. Das sind je nach Airline mehrere dicke Bände im AOM-Format.

Pro Landebahn eines Flughafens gibt es ein A5-Blatt, wo das Gewicht des Flugzeugs, die Bahnbeschaffenheit, die Headwind-Komponente, die Temperatur, der Luftdruck, das Slat/Flap Setting und weitere Parameter in Tabellenform angegeben sind. Dann läßt sich u.a. der Flex T/O und die Startgeschwindigkeiten direkt aus der Tabelle ablesen.

Ich glaube, bei einigen Airlines gibts das RWC inzwischen schon als Software im Pilotenlaptop.

Viele Grüße,
Hoffi

KlabautAIR 09.06.2004 10:29

Echt gut:

Zitat:

Original geschrieben von Hoffi
Die "echten" Piloten ...
:D Lese ich da irgendeinen Unterton heraus?

Naja, ich find die Programmlösung auf jeden Fall sehr bequem, bei dem Tabellengewurschtele geht mir immer irgendwann der Platz aus... :rolleyes:

Und nen Laptop sieht ma ja bei der Cockpit-Prep irgenwie immer. Ne Ahnung, was alles mit dem gemacht wird?

Hoffi 09.06.2004 18:03

Das mit den "echten" Piloten kam von Dir!

Mit dem Laptops können die eigentlich sämtliche fliegerische Dokumentation lesen, also die RunwayCharts, das Aircraft Operation Manual, das komplette Weight& Balance Sheet berechnen, Kraftstoffberechnung und ich glaube auch Navigation (Jeppesen Charts, Routenführung).
Airbus preist das immer als "paperless Cockpit" an.
Die leider pleite gegangene Aero Lloyd war da ein echt guter Vorreiter auf dem Gebiet.

Viele Grüße,
Hoffi

RolandW 09.06.2004 20:41

Hallo

Darf mich kurz vorstellen, Roland Wukovits mein Name. Ich habe von Gerhard den Hinweis bekommen, dass da etwas über TPC im laufen ist und möchte auf die gestellten Fragen antworten.

Zuerst abe vielen Dank für den Hinweis des Fehlers bei negativen Temperaturen, habe nichts davon gewusst und den Fehler bereits behoben. Ihr könnt euch TPC in der Version 1.2 von meiner Page downloaden. (www.members.aon.at/rmwuko)

Zu den vielleicht unlogischen Speeds bei den jeweiligen Flapsettings
folgendes. Es kann durchaus sein, das Speeds bei niedrigerem Flapssetting niedriger werden. Es ist immer mitzubeachten ob sich der Flex auch ändert, da höhere Flapsettings bekanntlich auch mehr Wiederstand haben und bei zusätzlichen anderen Limitierungen dadurch der Flex unter Umständen nach unten gehen kann.
Durch die Optimierung schliesslich gehen die werte dann Richtung unten, was kein Zeichen einer Gefährdung ist sondern normalerweise immer die höchstmöglichen Speeds ausgegeben werden und je nach Fall dann eben in Richtung aerodynamischer Grenzwerte abgebaut wird.
Diese Fälle werden dann ohnehin mit NO TAKEOFF ausgeworfen.

Zur Frage welche Tools Airlinepiloten habe folgendes. Wir verwenden bei der AUA einen Laptop mit einem Berechnungsprogramm welches im Prinzip genauso funktioniert. Zusätzlich werden allerdings noch Hindernisse im Abflugsweg in die Berechnung eingearbeitet womit jeder Airport eben anders aussieht. Für den FS konnte ich natürlich diese Hindernisse nicht berücksichtigen und habe nur die aerodynamischen Parameter ins Programm einfliessen lassen.

Danke für die Benutzung von TPC und noch weiters viel Spass beim Airbusfliegen

Hoffi 09.06.2004 21:29

Hallo Roland,

vielen Dank für Dein Posting und die Informationen bzgl. TPC.

Ich hab TPC nochmal unter der Prämisse der Beachtung der Flex Temp getetstet. Teilweise stimmt´s. Aber es gibt immer noch Fälle, wo bei constanter Flex die Startgeschwindigkeit bei Flaps 3 höher als bei Flaps 1 ist. Allerdings nur beim A330-200. Bei den anderen Fliegern ist alles okay.

Wie auch immer, so große Unterschiede gibts ja nicht zwischen den speeds.
Auf jeden Fall ein ganz großes Dankeschön an Dich für Dein Tool.

Viele Grüße,
André

RolandW 10.06.2004 00:07

Nochmals Hallo!

Wenn wir uns einmal die Vorgaben einer Performanceberechnung ansehen könnte ich eine plausible Erklärung für diesen Fall gefunden haben.

Zuerst generell die Tatsache, dass das unterschiedliche Flapsetting bei Airbussen wenig Einfluss auf die Speeds hat. Warum?

Für die Performanceberechnung wird folgender Fall angenommen:
-Flugzeug beschleunigt
-kurz nach V1 fällt ein Triebwerk aus
-die Pistenschwelle muss in 30ft überflogen werden

Niederes Flappsetting bedeutet schnelles beschleunigen bis zum abheben und bessere Steigfähigkeit nach Liftoff. Höheres Flapsetting hat mehr Wiederstand, die notwendigen Speeds für Liftoff sind zwar niedriger, werden aber langsamer erreicht und nach dem Enginefail siehts mit der Steigleistung auch nicht so gut aus.
Das heist also, wenn ein Flugzeug den kritischen Moment ab Airborne hat (anscheinend A330-200) dann muss es künstlich mit höherem Flapsetting länger am Boden gehalten werden um nach dem Enginefail schnell genug die 30ft über der Schwelle zu erreichen.
Bei einem A340er kann man die Speeds getrost runtersetzen, da er nur 25% seiner Startleistung verliert.

Dieses Beispiel soll nur zeigen, dass Takoffperformanceberechnung ein
sehr komplexes und schwieriges Kapitel der Luftfahrt ist.

Trotzdem viel Spass und many happy Takeoffs mit TPC wünscht euch

Roland

KlabautAIR 11.06.2004 09:51

Hallo Roland,

Herzlich Willkommen auch im Forum! :hallo:
(Wo man hoffentlich noch öfter Dein Fachwissen zu rate ziehen wird können!)

Dankeschön für die schnelle Überarbeitung des TPC, die neue Version funzt einwandfrei (Bin bisher zumindest immer von der Runway gekommen...:D ) und die Infos zu den gehimnisvollen Laptops.
Da sieht man mal, überall halten diese kleinen, faszinierenden Rechenmaschinchen einzug, selbst in meinem Segler muss ich mir ja bloß noch vom Endanflugrechner sagen lassen ob´s heim reicht oder net...

Ebenfalls noch happy real life Takeoffs!

Rene3 05.09.2004 22:05

Hallo Roland,

auch wenn dieser thread schon tief in den Ordner-Keller gefallen ist..... ein herzliches Dankeschön für dein praktisches und hilfreiches tool auch von meiner Seite!

Ich habe an dich bzw. an andere Forumsteilnehmer, die von der Materie Ahnung haben, eine Frage: Gebe ich unterschiedliche Startbahnlängen ein (unter Beibehaltung aller sonstiger Parameter), erhöht sich jeweils die Vr (und natürlich auch die anderen beiden Geschwindigkeiten). Dies verstehe ich von der Logik her nicht. Ich habe von Aerodynamik keine große Ahnung und vielleicht deshalb stehe ich auch "auf dem Schlauch".

Wie kann denn die Vr sich mit der Landebahnlänge erhöhen?

Bis jetzt habe ich gedacht, dass die Vr eine bestimmte Geschwindigkeit ist, ab der "die Flügel" tragen, d.h. ab der genügen Luftmasse die Flügelprofile umfließt, um den Auftrieb hervorzurufen. Wenn dies so ist, dann ist es doch egal, wie lange die runway ist. Das entscheidende ist doch die Geschwindigkeit. Dass sich das FLEX setting entsprechend verändert ist mir hingegen einleuchtend. Aber die Vr?????

Kann mich jemand aufklären?

Gruß
René

RolandW 06.09.2004 19:23

Hallo Rene!

Ich habe ein Paar Berechnungen laufen lassen und konnte diesen Fall eigentlich mit keiner Type nachvollziehen.

In der Regel sinken die Speeds anfänglich leicht, und dann bei kritischen Pistenlängen die V1 stärker, kombiniert mit sinkenden Flex-Temp.

VR in Abhängigkeit zum Gewicht zu stellen war (oder ist)einmal für kleinere Flugzeuge oder sagen wir für den nicht kommerziellen Flugbetrieb, oder unter Umständen bei gewissen Flugzeugtypen (wenn es der Hersteller so festgelegt hat), üblich. Hier ist es einfach, man vergleicht die errechnete Startbahnlänge je nach Gewicht und VR mit der vorhandenen und fliegt schon los.

In der kommerziellen Luftfahrt ist die Sache etwas komplexer. Der Hauptgrund ist, dass ein Flugzeug auch im Falle eines Trieberksausfalles während des Startlaufs in einem genau definierten Steigprofil welches genau nach Hindernissfreiheit angelegt ist, den Flugplatz verlassen können muss.

TPC berücksichtigt im Prinzip nur die Phase 1, welche sich mit dem Startlauf am Boden und den Steigflug über der Piste beschäftigt.
Das erforderliche Profil sieht so aus, dass ein Flugzeug nach erreichen von V1 einen Triebwerksausfall hat und danach in einer Mindesthöhe von 30ft die gegenüberliegende Pistenschwelle überfliegen können muss.

Dazwischen steht nun der Spielraum für das senken der Startleistung (FLEX, dient zur Triebwerksschonung) zur Verfügung.
Grundsätzlich gibt es hier noch Unterschiede ob ein Flugzeug 2 oder 4 Triebwerke hat. 2 motorige Flugzeuge sind meist "Airborne-Kritisch", d.h. die grösseren Probleme stellen sich nach dem Triebwerksausfall in der Rotations- und ersten Steigflugphase ein (da 50% der Leistung fehlen). Dem entgegnet man mit der "künstlichen Startlaufverlängerung" (da die Bremsen mehr ausrichten), also höheren Speeds am Boden.
4 motorige Flugzeuge sind "Bodenkritisch", d.h. durch die fehlende Leistungsreserve (weil ja nur mit denm Ausfall von einem Triebwerk gerechnet wird) trachtet man nach langsameren Speeds.

Die aerodynamischen Mindestgeschwindigkeiten sind aber in beiden Fällen weit langsamer und werden nur bei sehr kurzen Pisten, usw.
überhaupt berücksichtigt.

Zu Deinem Fall hätte ich nur die Erklärung, dass es sich dabei um ein leichtes 2 mot. Flugzeug handelt, bei welchem die Bremswirkung nach Startabbruch lange effektiver ist als der anschliessende Steigflug, und das Prinzip gilt, je länger das FZ aum Boden beschleunigt, desto mehr Energie steht nach dem Triebwerksausfall in der 1. Phase zur Verfügung um das erforderlich Profil zu erreichen.

Sorry, ist leider eine längere Abhandlung geworden
;)

Falls es weitere Fragen gibt stehe ich gerne zur Verfügung.

S.G.

Roland

-------
P.S. Vers. 1.5 steht auf meiner Homepage zur Verfügung!
www.members.aon.at/rmwuko

Rider99 06.09.2004 20:44

Zitat:

Original geschrieben von KlabautAIR
Aber mal andere Frage: was für ein Programm benutzen die echten Busfahrer denn? Is das was ähnliches? Oder noch komplexer? Machen das die Piloten selbst oder ´s Dispatch?


Hallo!

Die Boeing-Fahrer verwenden (zumindest bei der AUA) ein eigenes Programm, sieht auch sehr selbst geschnitzt aus. In dem Programm gibt man alle möglichen Daten ein, von AIRPORT (damit auch MSL), RWY, QNH, Take-Off-Weight, Weather-Conditions (RWY WET, DRY), Flaps, Used Aircraft, etc. Daraus errechnet sich V1, VR, V2...

Hab ich zufällig erst vorige Woche live gesehen! Aber ob das die Dispatcher machen oder die Piloten selbst, weiss ich nicht...

Greets,
Rider99 aka Christoph

RolandW 06.09.2004 21:28

Nochmals Hallo!

Zitat:

Hab ich zufällig erst vorige Woche live gesehen! Aber ob das die Dispatcher machen oder die Piloten selbst, weiss ich nicht...
Machen die Piloten sobald sie den Beladeplan (Loadsheet) mit allen aktuellen Daten haben.

Zitat:

Ich habe an dich bzw. an andere Forumsteilnehmer, die von der Materie Ahnung haben, eine Frage: Gebe ich unterschiedliche Startbahnlängen ein (unter Beibehaltung aller sonstiger Parameter), erhöht sich jeweils die Vr (und natürlich auch die anderen beiden Geschwindigkeiten). Dies verstehe ich von der Logik her nicht. Ich habe von Aerodynamik keine große Ahnung und vielleicht deshalb stehe ich auch "auf dem Schlauch".
Habe die Frage zuerst falsch gelesen und gedacht die Speeds erhöhen sich je kürzer die Piste ist.
Das geht natürlich nicht.
Je länger die Piste desto höher die Speeds, weil damit ein Startabruch länger möglich ist (ab V1 gibts ja keinen mehr), und vice versa.

Wie gesagt, ausschliesslich aerodynamische Speeds gibt es bei Airlinern nicht mehr!

S.G.

Roland

Rider99 06.09.2004 21:41

Zitat:

Original geschrieben von RolandW

Je länger die Piste desto höher die Speeds, weil damit ein Startabruch länger möglich ist (ab V1 gibts ja keinen mehr), und vice versa.

Je länger.... und je trockener! Bei nasser Piste dauert der Abbremsvorgang auch länger, darum ist da auch V1 geringer...

Greets,
Rider99 aka Christoph

Rene3 06.09.2004 22:30

Hallo Roland,

ganz herzlichen Dank für deine Ausführungen. Mich persönlich stören solche ausführlichen Erklärungen keineswegs, im Gegenteil.

Schön, dass du mein nicht ganz eindeutig formuliertes Problem nochmals aufgegriffen hast, da erst durch dein Folgeposting mir nun alles klar geworden ist. Mein zentraler Denkfehler war, dass ich annahm, dass die Vr eine rein aerodynamische Größe ist! Dass diese Geschwindigkeit auch von diversen Sicherheitsaspekten bestimmt wird, war mir bisher nur sehr oberflächlich bewusst.

Also nochmals Danke!

Schöne Grüße an dich!
ciao, René


Alle Zeitangaben in WEZ +2. Es ist jetzt 09:07 Uhr.

Powered by vBulletin® Copyright ©2000 - 2025, Jelsoft Enterprises Ltd.
© 2009 FSL Verlag