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UKING 25.05.2004 10:54

Wie ist denn die Bremsleistung bei V1 festgelegt? Ist da der Umkehrschub auch berücksichtigt? Schließlich ist V1 höher als 80KIAS.
Allerdings bei Triebwerksausfall wären die Reverser eh nutzlos oder würden die Maschine verreißen.

Huss 25.05.2004 12:44

Zitat:

Original geschrieben von UKING
Wie ist denn die Bremsleistung bei V1 festgelegt? Ist da der Umkehrschub auch berücksichtigt? Schließlich ist V1 höher als 80KIAS.
Allerdings bei Triebwerksausfall wären die Reverser eh nutzlos oder würden die Maschine verreißen.

Wurde das nicht gerade neulich hier irgendwo geschrieben ?

Bremsleistung: Vollbremsung ohne Reverser eingerechnet bei Twinjets.

Schon daher wird es ziemlich teuer, wenn man schon nahe V1 (schwerer Flieger/kurze Piste) abbrechnen muß. Es wird wohl alleine schon fürs Abkühlen der Bremsen 40min brauchen.

Wenn die Reverser nur einseitig gehen ist das nicht so ein Drama, das kann man ausgleichen.

Leo 26.05.2004 13:13

Startbahnlänge fliesst immer in die Berechnung der V1 ein. Immer.
Fakt ist aber, dass es für jede Piste irgendwo ein Limit geben wird. Ob dies nun aufgrund der Höhe des Platzes, den Runwayslope, den Hindernissen im Abflug, Auflagen seitens der Flugsicherung oder was auch immer ist, ist nicht immer eindeutig klärbar.

Wenn die Piste zB bei Standardwetter reicht um eine "normale" V1 beizubehalten, dabei noch den Startschub so weit wie möglich zu reduzieren dann ist das irgendwanneinmal durch andere Einflüsse nicht mehr erlaubt. Angenommen es herrscht Rückenwind, die Piste ist nass, mit Schnee oder Eis bedeckt (wobei man die Höhe der Ablagerung in mm in die Take Off Performance miteinebziehen muss), FLugzeug wurde selbst enteist oder die Temperatur ist gar zu hoch, ja dann geht das alles nicht mehr so leicht von der Hand.
Ablagerungen auf der Piste wirken sich sehr schnell auf V1 aus, besonders wenn die Piste darüber hinaus noch einen schlechten slope hat.

Ein Abbruch nach V1 ist imemr eine kritische Sache und meist ein Blödsinn. Im Falle eines Triebwerkproblems sollte man tatsächlich her fliegen gehen als sich blöd herumzuspielen.
Wenn jedoch bei oder auch nach V1 das Ruder klemmt, oder der Stabilzertrim beginnt herumzuwandern oder gar ganz plötzlich ein Feuer ausbricht, nun, da kann man sich schon überlegen ob man doch nicht lieber abbricht anstatt weitere 3-4 Minuten bis zur Landung zu warten. Falls der Flieger überhaupt flugtauglich ist.
Wenn man bei Vr bemerkt, dass beim ziehen sich einfach nichts tut, wird man wohl oder übel abbrechen. Gesetzlich bedingt ist das, so denke ich, nicht. Es steht aber sehr wohl in den diversen Publikationen der ICAO und/oder JAA/FAA. Wenn man nach JAR OPS operiert, muss man sich auch daran halten, ist aber im Moment eine grauzone da erst wenige Staaten die JAR OPS ratifiziert hat.

By the way: Die Schubumkehr stellt bei uns in der Berechnung der Take Off / abortion nur dann eine Rolle wenn es nass ist. Bei trockener Piste nicht. Und auch ein Triebwerk auf Reverse ist besser als gar keins.

Leo

Dieter Palm 27.05.2004 10:41

Würde mich ja sehr interessieren, wie die Startbahnlänge die V1 beeinflußt. Vielleicht kann jemand an Hand eines praktischen Beispiels zeigen, wie die Tabellen-V1 (und damit sicherlich auch die Vr) berichtigt wird.

HJOrtmann 27.05.2004 12:07

Danke, Dieter,
genau danach dürstet's mich auch seit Anbeginn der Diskussion ;)

Leo 27.05.2004 12:09

Kommt!

Hab im Moment keine bei der Hand aber folgt noch...

Leo

HJOrtmann 30.05.2004 13:22

Leo,
denkst du nochmal bei Gelegenheit dran ?

Danke :)

Huss 30.05.2004 13:38

Hab mal was rausgesucht ....zur Illustration.

Ansonsten setze ich mich mal muß ich mal was nachrechnen...

Leo 30.05.2004 16:23

Doch doch, ich bin dran, nur muss ich dazu zum Flughafen raus, und das ist schon lang nciht nötig gewesen. Ich vergess schon nicht, vielleicht geht sichs heut noch aus. Mal sehen.

leo

hpfranzen 30.05.2004 17:38

Hallo,

offensichtlich hat sich die Diskussion auf die Frage beschränkt, wie bzw. ob die Startbahnlänge die V1 bestimmt.

Dazu folgende Überlegungen:

Ein Flugzeug darf nur starten, wenn das Gewicht nicht überschritten wird, für das mit den Angeben im Flughandbuch die Erfüllung nachfolgender Forderungen nachgewiesen werden kann:

a) Die Accelerate Stop Distance required darf nicht länger sein als die Accelerate Stop Distance available.

b) Die Takeoff Distance required darf nicht länger sein als die Takeoff Distance available.

c) Der Takeoff Run required darf nicht länger sein als der Takeoff Run available. (Diese letzte Bestimmung ist nur dann zu untersuchen, wenn in der Takeoff Distance ein Clearway enthalten ist; um die Sache nicht unnötig zu verkomplizieren, möchte ich auf die Sonderfälle Clearway und Stopway verzichten.)

Die Takeoff Distance required ist die längere der beiden folgenden Strecken:

a) Die Strecke, die benötigt wird, um das Flugzeug bis zur Geschwindigkeit V1 zu beschleunigen und unter Annahme eines Ausfalls des kritischen Triebwerks das Flugzeug zu einem Punkt zu bringen, an dem es eine Höhe von 35 ft über der Startbahn hat.

b) 115% der Strecke, die benötigt wird, um das Flugzeug mit allen Triebwerken zu einem Punkt zu bringen, an dem es eine Höhe von 35 ft über der Startbahn hat.

Die Accelerate Stop Distance required ist die Strecke, die benötigt wird, um das Flugzeug bis zur Geschwindigkeit V1 zu beschleunigen und unter Annahme eines Ausfalls des kritischen Triebwerkes das Flugzeug bis zum Stillstand abzubremsen. Kritisches Triebwerk ist das Triebwerk, das die Leistungs- und Manövrierfähigkeit des Flugzeuges am stärksten beeinträchtigt.

Wie die Grafik von Huss schon andeutet, geht die Bestimmung des AUF EINE GANZ BESTIMMTE STARTBAHN BEZOGENEN max. erlaubten Startgewichtes auf eine Optimierung zurück. Verringert man V1, so ergibt sich daraus zwar eine längere zur Verfügung stehende Bremsstrecke, aber es vergrößert sich auch die Geschwindigkeitsspanne, die im Go-Fall mit einem ausgefallenen Triebwerk bis Vr beschleunigt werden muss, so dass evtl. das Flugzeug über dem Startbahnende keine 35 ft Höhe erreicht.
Vergrößert man umgekehrt V1, so reicht u. U. die verbleibende Startbahnstrecke zum Abbremsen nicht mehr aus.

Man kann V1 so bestimmen, dass die Takeoff Distance gleich der Accelerate Stop Distance ist; in diesem Fall spricht man von einer "balanced" V1. Sie bringt das höchstmögliche Startgewicht, jedoch nur, wenn das Takeoff Gewicht durch den angenommenen Triebwerksausfall limitiert ist, da im "all engines" Fall die Takeoff Distance durch V1 nicht beeinflusst wird.

Ist die Takeoff Distance mit Triebwerksausfall kürzer als die vorhandene Bahnlänge, dann kann man V1 reduzieren. Es verlängert sich dabei die One Engine Out Takeoff Distance. Die vorhandene Bahnlänge setzt dabei die obere Grenze für die V1 Reduktion.

Ist alles nicht einfach zu verstehen, ich musste selbst auch nochmal nachlesen, hat aber nicht weh getan ;)

Happy landings!

HP


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