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Montag 18.05.2004 08:42

Moin,

@Leo
Ich habe es sofort verstanden, so wie viele andere die es
gelesen haben. Es gibt nun mal Leute die müßen alles
anzweifeln, und in Frage stellen. Vielleicht liegt es daran,
das manche nicht in der lage sind die Hauptinformation (Antwort) zu
Filtern.
Vielleicht sollte man es einfacher beatworten, und nicht so viele
zusatz Infos schreiben.



quote:
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eigentlich müßten aktive Piloten eine solche Frage aus dem Stand mit absoluter Sicherheit beantworten können, schließlich sollten sie wissen, WARUM sie WAS tun, oder?
--------------------------------------------------------------------------------



Da gebe ich dir recht.

Das war ein Denkanstoß für Bengel.



Grüße
Andreas

Bengel 18.05.2004 15:41

Leo, ich wollte weder Dir noch Deinen Berufskollegen nahetreten, tat ich dies, so entschuldige bitte.

ich habe ein wenig provokant formuliert, weil die bislang hier geposteten Erklärungsversuche für mich nicht sehr überzeugend klangen.

Ich kenne die 737-400 aus dem Full Motion Sim, wo ich bislang 28 Stunden verbrachte (jeweils Doppelstunden in Berlin) und auch Dinge so manche non normal's erfliegen durfte (auch wenn's offiziell nicht mehr erlaubt ist ;)). Und an den Stangen hat man zumindest bei der 737 Classic wenig Gefühl für symetrische Handhabung, schon wegen des kurzen Hebelarmes und des unergonomischen Greifens.

Noch ein Wort zu den Startabbrüchen:
Das die companies unterschiedliche Regeln haben ist halt so, daß aber ausschließlich der Cpt. den Abbruch befiehlt, mag bei euch so sein, aber es gibt definitiv auch andere rules (soweit ich weiß z.B. bei LH und BA), denn in einer kritischen Situation erst den Hinweis auf diese zu geben, den Kommandanten beurteilen und entscheiden zu lassen, mag im Ernstfall die entscheidende Zeit kosten, daher hat sinnvollerweise bei manchen Airlines jedes crew member das Recht den Abbruch einzuleiten.

Geht man von einer Sekunde Reaktionszeit aus, bei einer V1 von sagen wir mal 165 kn sind dies bereits ca. 85 m, da da mal in gerade dieser Sekunde vorbeilaufen, nur um eine Größe aufzuzeigen. Da ist nix mit schnell mal zwei, drei Sekunden kommunizieren, erfassen, beurteilen und entscheiden, oder?

Schon daraus ergibt sich zwingend eine praktikable Handhabung, bei diversen Airlines in der Form, daß jedes Crew-Mitglied eine solche Entscheidung herbeiführen darf und gegebenfalls muss. Dies ist ein aktiver und meßbarer(!) Beitrag zur Flugsicherheit.

Untersuchungen gerade neueren Datums zeigen, daß die Flugsicherheit unter anderem wesentlich und statistisch relevant von solchen "Freiheiten" und Regelungen abhängt bzw. dort erhöhte Unfallhäufigkeit auftritt, wo Resourcenmanagement nicht oder nicht ausreichend erfolgt, und darum handelt es sich, die Nutzung ALLER im Cockpit vorhandener Resourcen, also auch die Sinne und Entscheidungsfähigkeit des Copiloten bzw. PNF.

Leo 18.05.2004 16:02

Auch wenn man wenig Gefühl hat, es gibt keine andere Möglichkeit ausser noch seine Hand auf die des anderen zu setzen. Wie bereits erwähnt. So schlimm ist das nicht und es reicht aus um zumindest die Starteistung auf beiden TW sicher zu stellen und nicht darunter zu bleiben. Die Thrustleverpositionen müssen auch nicht immer ident sein, und gerade bei klassich angesteuerten Fliegern ergibt sich immer wieder ein TLA Split (Thrust Lever Angle) Dieser wird eingetragen, beobachtet und dann macht man sich, je nachdem wie weit fortgeschritten dieser Wert schon ist, auf die Fehlersuche. Manchmal wird auch einfach ein Triebwerk getauscht...;)

Zu den Startabbrüchen: Ich wusste, dass es wohl verschiedene Verfahren geben wird, nur weiss ich nicht wo. Eine Reaktionszeit ist beim Startabbruch wohl inkludiert. Nur bei V1 selber nicht. Da muss spätestens schon eingeleitet worden sein.

Ich bin prinzipiell der Meinung, dass jedes Crewmitglied mitentscheiden könne soll. Dennoch liegt die endgültige Verantwortung darüber beim Commander und vielleicht ist es dahingehend auch etwas verzwickt, wenn man aufgrund eines vermeintlichen Problems, welches aber vielleicht keines ist zu einer Take Off rejection führt, welche wiederrum ggf. Verletzungen herbeiführen kann. Wenn der Copi zB aufgrund des Ausfalls zB seines PFDs nun schreit STOP! bzw. gleich selber in die Eisen steigt, dem Kapitän das Gas aus der Hand reisst und den Start abbricht...naja, besser als alle tot aber wie gesagt, es kann so viiieeele Fälle geben in denen abgebrichen werden muss, in denen man könnte und in denen die unnötig wären. Schwer zu entscheiden, deshalb liegt bei uns die Entscheidung am verantwortlichen Pilot, welcher im Normalfall mehr Erfahrung hat.
Wenn im Training anderer Airlines Copis auch TO rejections und dergleichen durchführen spricht es dafür...

Leo

Bengel 18.05.2004 18:07

Zitat:

Reaktionszeit ist beim Startabbruch wohl inkludiert
ja, gemäß FAR/JAR genau EINE(!) Sekunde.... steht in irgend einer Zulassungsvorschrift (welche finde ich momentan leider nicht), als anzunehmender Parameter für Reaktionszeiten und die dabei zurückgelegten Wege zur Bremsstreckenberechnung.

obwohl, eine Sekunde kann manchmal unendlich lang sein...... :)

freilich ist bei V1 keine Reaktionszeit enthalten, ich habe nur mal als Beispiel für den zurückgelegten Weg diese Geschwindigkeit gewählt....

Noch eine letzte Anmerkung zur Erfahrung: stimme Dir grundsätzlich zu, möchte aber alle jene Fälle in Erinnerung rufen, wo die Dominanz des "Chefs" bzw der unerschütterliche Glaube an seine Erfahrung Ursache von Unfällen war, so z.B. der Birgen-Absturz, und auch der LTU-Segelflug nach Wien......

Leo 18.05.2004 18:31

Auch da kann ich dir Recht geben. Ein gutes Crew Resource Managment gehört zur Ausbildung wie die FLugpraxis selber. Egal wie es jetzt die Leute machen, hauptsache es ist sicher und effizient.

Ich selbst habe viele Unfallberichte gesehen in denen der Copi vielen das Leben gerettet hätte. Dennoch fürchte ich, dass wenn man solche "old and bold" Pilots hat von denen du redest, auch neue Verfahren wenig Auswirkung haben werden.

Unfälle wie nicht der LTU sondern der Hapag Segelflug anch Wien oder Alitalia in ZRH oder auch die Katastrophe in Teneriffa haben eher mit persönlichen Faktoren als mit unreichenden Vorschriften im Cockpit zu tun.

Leo

Bengel 18.05.2004 18:46

Hapag, nicht LTU? Naja, in meinem Alter darf das Gedächtnis nachlassen...;)

hpfranzen 20.05.2004 02:17

Hi,
also im Wesentlichen muss ich Leo Recht geben. Aus meiner Zeit als Flugingenieur auf dem geliebten Tristar weiß ich, dass zu Beginn des Startlaufes der Kapitän die Schubhebel soweit nach vorn schiebt, dass fast T/O Schub erreicht wird. Der F/E (im Zweimanncockpit dann der F/O) regelt dann noch ein wenig nach. Der Tristar hatte sogar unterhalb der Schubhebelgriffe nochmal kleinere Griffe, damit der F/E mit etwas mehr Gefühl Hand anlegen konnte. Gleichzeitig wusste er aber, dass er beim Startabbruch sofort die Finger von den Schubhebeln zu nehmen hatte, einmal um den Kapitän nicht am Zurückreißen der Schubhebel zu hindern, andererseits aber auch um sich dabei nicht die Finger zu klemmen......
Was die Entscheidung über Stop oder Go angeht: Entscheiden kann immer nur einer, und weil er sowieso den Kopf hinhalten muss, ist das immer der Kapitän. In Situationen, in denen keine Zeit für Analysen und Diskussionen ist, geht es ja auch nicht anders. Sollte beim Startlauf vom Losrollen bis zu V1 ein Fehler auftreten, so haben die anderen Cockpitmitglieder nicht das Recht "Stop!" zu rufen sondern dürfen nur und müssen den Fehler ausrufen, z.B. "Engine Failure!" und auch nicht zusätzlich welches Triebwerk defekt ist.

Happy landings!

HP

Dieter Palm 20.05.2004 09:04

Wiedermal ein Thread der mich begeistert:

ein Bengel traut sich, einer Profiaussage zu widersprechen (weil er selbst kein unwissender Laie ist) -
die Profis zeigen Größe und lassen sich drauf ein -
und ich profi-tiere davon.
Danke!

Leo 20.05.2004 18:02

Hallo!

Ja, hab sich also doch einer gefunden.

Unser Verfahren diesbezüglich ist 100% so, wie es HP vorhin beschrieben hat.
Ich finde es ist gut so. Vielleicht wird sich aufgrund neuer Erfahrungen oder ähnlichem irgendwann einmal was ändern, aber im Moment scheint das der richtige Weg zu sein, zumal es dabei bei uns noch nie Probleme gegeben hat.
Vorausgesetzt natürlich, dass es Crew Resource management mäßig passt.
Sprich: Der Kapitän soll nicht der "Über-Kapo" sein und mit seiner Crew interagieren und sie vor allem integrieren. Entscheiden muss jedoch er. Auch wenn er dies manchmal vielleicht gar nicht will. Aber für das bekommt er unter anderem bezahlt.

Leo

Peterle 21.05.2004 10:30

Zur Erheiterung und...
 
... gefälligen Erbauung dazu hier ein Beitrag aus dem AVWEB (in Englisch), auch über das Thema "Alle Hände an den Lever":

http://www.avweb.com/news/columns/186216-1.html

Viele Grüsse
Peter


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