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The_Lord_of_Midnight 22.12.2008 17:51

Ja, das ist sicher enttäuschend wenn man sieht, daß es Kollektivverträge gibt, wo sogar Ist-Lohnerhöhungen passieren.
Und im eigenen Bereich ist gar nichts.

Wäre es da nicht sinnvoll, sowas wie einen General-Kollektivvertrag einzuführen ?
Denn wie ist es zu begründen, daß die einen doch ein paar Prozent kriegen und die anderen gar nichts ?
Ich kann mir nicht vorstellen, daß die IT-Leute jetzt weniger fleißig waren als Leute in anderen Branchen.

Satan_666 23.12.2008 08:03

Zitat:

Zitat von The_Lord_of_Midnight (Beitrag 2333301)
Ja, das ist sicher enttäuschend wenn man sieht, daß es Kollektivverträge gibt, wo sogar Ist-Lohnerhöhungen passieren.

Das alleine wäre schon eine Enttäuschung. Aber noch enttäuschender ist es, dass es Betriebe gibt, die ihre Mitarbeiter (oder einen Teil davon) in den IT-KV überstellen, weil sie sich genau dort die jährliche Gehaltsanpassung ersparen. Typisches Beispiel ist ein großer Automobilkonzern in Salzburg, wo die Mitarbeiter in der EDV plötzlich keine jährliche Gehaltserhöhung bekommen, weil diese Firma eine eigene EDV-Tochter gegründet hat. Oder es gibt in der Elektrobranche das selbe, wo die Geschäftsführung mit dem Argument, die Mitarbeiter würde ja auch schon mal ein Computerkabel verlegen, die ganze Firma in den IT-Bereich wechselt. Wir nennen das, mehr oder weniger liebevoll, Kollektivvertragsflucht ... :(

The_Lord_of_Midnight 23.12.2008 08:14

Noch schlimmer ist es, wenn eine eindeutig sich nur mit IT befassende Firma in den KV Handel rettet, weil da ists angeblich noch schlimmer :rolleyes:

Irgendwas stimmt da nicht, sieht so aus als wäre es besser, wenn das von offizielle Seite entschieden würde.

wfw 24.12.2008 10:14

Als einer der beruflich leider mit vielen Kollektivverträgen zu tun hat (arbeite bei einem Steuerberater mit vielen Klein- und Mittelbetrieben in den unterschiedlichsten Branchen) kann ich hier meine persönliche Meinung kundtun:

1. Wie kann ein Verein mit freiwilliger Mitgliedschaft (ÖGB) für Arbeitnehmer verhandeln?

2. Warum sind manche Branchen wichtiger als andere? Nur weil z.B. bei einem Streik der Drucker keine Tageszeitung erscheinen würde, haben die 5 Wochenlöhne als Sonderzahlung, ..... Dafür verdienen Friseure nach dem Auslernen kaum mehr als die Lehrlinge in anderen Branchen. Warum kann in manchen Branchen Arbeiter nach mehr als 20 Jahren Betriebszugehörigkeit mit einer Woche Frist gekündigt werden (Angestellte habe da schon 6 Monate Frist)?

Es gibt leider viele Branchen, die nur eine Erhöhung der Mindestlöhne vorsehen, aber seit Jahren keine Ist-Erhöhung. Schlecht für alle die beim Einstieg mit guter Bezahlung gelockt wurden!

Und warum bekommt jeder Bauarbeiter Taggeld, wenn er aus der Firma geht und im Nachbarhaus arbeitet? Der Sinn von Taggeld ist es, daß man auf Reisen die Mehrkosten für Verpflegung abdeckt. Aber so ist es ein schönes (steuerfreies) Zugeld.

Ich bin für ein einheitlich Regelung der wichtigsten Dinge (Kündigung, Sonderzahlung, Arbeitszeit, Mindestlöhne,...) Und nur die branchen-spezifischen Besonderheiten sollten in einem eigenen Kollektivvertrag geregelt werden.

Und zur Kollektivvertragsflucht: nicht einmal der zuständige Sachbearbeiter der Arbeiterkammer konnte meine Frage beanworten, warum manche Firmen eigene Kollektivverträge haben (außer vielleicht um die Rechte der Arbeitnehmer zu kürzen).

lg wolfgang

The_Lord_of_Midnight 24.12.2008 11:18

Der wichtigste Aspekt bei solchen Dingen ist leider immer, wer die Macht hat.
Und nicht das was fair wäre :(

Ps:
Frohe Weihnachten trotzdem :)

Satan_666 24.12.2008 11:19

Zitat:

Zitat von wfw (Beitrag 2333727)
1. Wie kann ein Verein mit freiwilliger Mitgliedschaft (ÖGB) für Arbeitnehmer verhandeln?

Und zur Kollektivvertragsflucht: nicht einmal der zuständige Sachbearbeiter der Arbeiterkammer konnte meine Frage beanworten, warum manche Firmen eigene Kollektivverträge haben (außer vielleicht um die Rechte der Arbeitnehmer zu kürzen).

Warum der ÖGB die KV-Verhandlungen führt? Einfach deswegen, weil die AK vermutlich zu bequem ist, das zu tun - die haben einfach der Gewerkschaft die Agenden übertragen. Brauchst ja mal nur zur AK gehen wegen eines Problemfalles ... die erste Frage, die man Dir stellen wird, lautet: Sind Sie bei der Gewerkschaft? Und wenn Du das bejahst, wirst schon an die Gewerkschaft verwiesen.

Zur Frage, warum es viele einzelne Kollektivverträge gibt? Ganz einfach: weil sich in früheren Zeiten nun mal die Leute nach Interessensgruppen organisiert haben - etwas, was heutzutage nicht mehr in zu sein scheint, weil es ja Geld kostet. Leider versteht es der kleine Mann bzw die kleine Frau auf der Straße nicht, dass man gemeinsam mehr erreicht als alleine - und glauben daher, dass sie beim Chef direkt eine bessere Situation für sich schaffen als ohne Sozialpartner. Genau diesen Gedanken haben die meisten Unternehmer uns Arbeitnehmern voraus ... leider!

wfw 24.12.2008 13:26

Zitat:

Zitat von Satan_666 (Beitrag 2333733)

Zur Frage, warum es viele einzelne Kollektivverträge gibt? Ganz einfach: weil sich in früheren Zeiten nun mal die Leute nach Interessensgruppen organisiert haben - etwas, was heutzutage nicht mehr in zu sein scheint, weil es ja Geld kostet. Leider versteht es der kleine Mann bzw die kleine Frau auf der Straße nicht, dass man gemeinsam mehr erreicht als alleine - und glauben daher, dass sie beim Chef direkt eine bessere Situation für sich schaffen als ohne Sozialpartner. Genau diesen Gedanken haben die meisten Unternehmer uns Arbeitnehmern voraus ... leider!

Zur Information: auch die Mitgliedschaft zur Arbeiterkammer kostet Geld. Nur fällt es den Arbeitnehmern nicht auf, weil es im Abzug der Sozialversicherung "versteckt" ist.

Und die Gewerkschaft ist für mich eindeutig VIEL zu politisch orientiert. Da geht es mehr über politische Interessen und Image, als um die Vertretung der Mtglieder. Das zeigt ja auch die diversen Schwierigkeiten (Konsum, BAWAG) und der Mitgliederschwund.

lg w.

The_Lord_of_Midnight 24.12.2008 14:54

Zitat:

Zitat von Satan_666 (Beitrag 2333733)
Zur Frage, warum es viele einzelne Kollektivverträge gibt? Ganz einfach: weil sich in früheren Zeiten nun mal die Leute nach Interessensgruppen organisiert haben - etwas, was heutzutage nicht mehr in zu sein scheint, weil es ja Geld kostet. Leider versteht es der kleine Mann bzw die kleine Frau auf der Straße nicht, dass man gemeinsam mehr erreicht als alleine - und glauben daher, dass sie beim Chef direkt eine bessere Situation für sich schaffen als ohne Sozialpartner. Genau diesen Gedanken haben die meisten Unternehmer uns Arbeitnehmern voraus ... leider!

Ich glaube das Geld ist nicht das Thema.
Denn wie du bereits richtig schreibst, würde man gemeinsam mehr erreichen.
Was ich nicht ganz verstehe ist, warum man das nicht bei den Interessensvertretungen selbst sehen kann und warum die sich nicht aus eigenem Antrieb zusammenschließen ?
Ich möchte nicht bösartig argumentieren, besonders nicht an einem Tag wie heute, aber könnte es nicht sein, daß es auch so etwas wie weniger "Posten" geben würde, wenn man sich zusammenschließen würde zu einer einzigen Organisation ?
Oder stehen dem irgendwelche organisatorischen oder praktische Gründe entgegen, die man als Außenstehender nicht sehen kann ?

Satan_666 24.12.2008 23:32

Zitat:

Zitat von wfw (Beitrag 2333752)
Zur Information: auch die Mitgliedschaft zur Arbeiterkammer kostet Geld. Nur fällt es den Arbeitnehmern nicht auf, weil es im Abzug der Sozialversicherung "versteckt" ist.

Und die Gewerkschaft ist für mich eindeutig VIEL zu politisch orientiert. Da geht es mehr über politische Interessen und Image, als um die Vertretung der Mtglieder. Das zeigt ja auch die diversen Schwierigkeiten (Konsum, BAWAG) und der Mitgliederschwund.

lg w.

Zunächst: klar kostet die AK auch Geld - nur sind das nun mal Zwangsgebühren, gegen die man keine Möglichkeit hat, sie nicht zu bezahlen. Anders bei der Gewerkschaft, wo man sich ja selbst anmelden muss und erst dann die Mitgliedsbeiträge zahlen.

Und natürlich haben Konsum, Bawag udgl Mitglieder gekostet. Aber glaubst nicht, dass die Interessenvertretungen der Arbeitgeber auch Geld zum Fenster rausschmeißen? Trotzem käme ein Unternehmer nie auf die Idee, nicht hinter ihren Interessenvertretungen zu stehen. Denn die wissen genau: OHNE denen wäre es für sie noch viel schlechter. Nur wir Arbeitnehmer scheinen das nicht zu durchblicken. Warum auch immer... :rolleyes:

Satan_666 24.12.2008 23:41

Zitat:

Zitat von The_Lord_of_Midnight (Beitrag 2333764)
Ich glaube das Geld ist nicht das Thema.
Denn wie du bereits richtig schreibst, würde man gemeinsam mehr erreichen.
Was ich nicht ganz verstehe ist, warum man das nicht bei den Interessensvertretungen selbst sehen kann und warum die sich nicht aus eigenem Antrieb zusammenschließen ?
Ich möchte nicht bösartig argumentieren, besonders nicht an einem Tag wie heute, aber könnte es nicht sein, daß es auch so etwas wie weniger "Posten" geben würde, wenn man sich zusammenschließen würde zu einer einzigen Organisation ?
Oder stehen dem irgendwelche organisatorischen oder praktische Gründe entgegen, die man als Außenstehender nicht sehen kann ?

Natürlich ist es das Geld (bzw der Gedanke, keine Gegenleistung zu bekommen für dieses Geld).

Und das Argument des Nicht-Zusammenschließens ist so nicht richtig. Bisher hat es ja - um nur ein Beispiel zu nennnen - die Teilgewerkschaften GPA (Gewerkschaft der Privatangestellten) und djp (Druck, Journalismus, Papier) gegeben - mittlerweile haben sich die beiden Sparten zusammen geschlossen und nennen sich (sinniger Weise) GPA-djp.

Natürlich gehen diese Zusammenschlüsse nicht so rasch, wie es eigentlich notwendig sein sollten - und mit Sicherheit spielen hier vor Allem Argumente mit, wer diese großen Gewerkschaften dann anführen sollen. Aber sowas ist nun mal auch irgendwie menschlich zu betrachten. Man lässt sich halt nur mit Gewalt vom Futtertrog wegreißen.

Ähnliche Bestrebungen gibt es mittlerweile ja auch schon gesamt-europäisch, nur dort ist es klarerweise noch viel schwieriger. Aber wenn der Leidensdruck der Arbeitnehmer groß genug geworden ist, spätestens dann wird man umdenken müssen.

Aber das primäre Ziel muss es im Moment sein, dass sich die Arbeitnehmer wieder im großen Stil organisieren. Denn wie ich hier im IT-Bereich sehe, werden die Mitarbieter nur an der Nase herumgeführt; die Betriebe machen extreme Gewinne (noch immer - und daran wird sich in absehbarer Zeit wenig ändern, weil wie sonst können die Betriebe Kosten minimieren wenn nicht durch Automation), lassen aber für die Mitarbeiter kaum ihren Anteil zukommen.

Und das empfinde ich als bodenlose Schweinerei!


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