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ChrisM 06.12.2005 10:25

Praxis ?
 
Danke Marc für den sehr ausführlichen Kommentar. Leider kannte ich den WCM Artikel nicht, da ich nur hin und wieder die Print-Ausgabe kaufe (wenn ich Zeit zum lesen habe).

Die Rechtslage ist mir damit klar.

-Was mich jetzt noch interessieren würde, wie sieht die Praxis in Österreich aus?

Soweit ich das in den Medien verfolgt habe sind ja die ominösen 150 User die es erwischt hat nicht verklagt worden, sondern die "sind außergerichtlich geeinigt worden".

-Weiters würde mich interessieren wie die ISP dazu stehen?

Mir ist schon klar, dass wenn man gerichtlich gegen die ISP auf Herausgabe der IP vorgeht, dass Sie das dann machen, aber wie reagieren die ISP auf bloße Anfragen von Anwälten und Firmen. Im Prinzip steht ja für die ISP der Kunde im Mittelpunkt und nicht deren Verfolgung.

Generell ist mir auch klar das Filesharing von geschützten Inhalten kein Kavaliersdelikt ist. Ich selbst hätte auch was dagegen wenn man meine Entwicklung ohne meine Einwilligung vervielfacht.

Mir geht’s bei der Diskussion nicht darum, dass die Preise von CD´s oder DVD´s generell zu hoch sind bzw. Programme eine Stange Geld kosten und dadurch Filesharing moralisch legitimiert wird, sondern es geht mir darum, zu wissen, welches reale Risiko besteht.Kann ich das Risiko tragen, dann sag ich mal ist mir die angedrohte Strafe egal, wenn nicht dann lasse ich die Finger davon.

Lg und Danke ChrisM

:-)

Don Manuel 06.12.2005 10:30

[OT]
Ich empfehle das gute alte IRL-P2P.
Fördert die sozialen Kontakte
und ist noch für lange Zeit die sicherste Variante ;).
[/OT]

downhillschrott 06.12.2005 10:37

Zitat:

Die Rechtslage ist mir damit klar.
Ich kenne keine Rechtslage die wirklich klar ist ;) und die hier finde ich an sich schon gar nicht klar, aber ich bin kein Jurist.

Zitat:

Mir geht’s bei der Diskussion nicht darum, dass die Preise von CD´s oder DVD´s generell zu hoch sind bzw. Programme eine Stange Geld kosten und dadurch Filesharing moralisch legitimiert wird, sondern es geht mir darum, zu wissen, welches reale Risiko besteht.Kann ich das Risiko tragen, dann sag ich mal ist mir die angedrohte Strafe egal, wenn nicht dann lasse ich die Finger davon.
Es wird dir keiner in einem öffentlichen Forum darauf eine andere Antwort geben, als es bleiben zu lassen und es ist fraglich wie lange die Moderatoren eines Forum andere Antworten so stehen lassen können.

Nehmen wir einmal an, es gäbe böse Leute die die arme, kundenfreundliche und fürsorgliche Musikindustrie wie zB. Sony betrügen wollen, welche Möglichkeiten dies möglichst gefahrlos zu tun hätten diese?

Es geht hier natürlich nur um eine Evaluierung dieser Möglichkeiten und wie man diese im Interesse der Musikindustrie möglichst gut unterbinden kann.

Marc 06.12.2005 11:20

Re: Praxis ?
 
Zitat:

Original geschrieben von ChrisM
-Weiters würde mich interessieren wie die ISP dazu stehen?

Mir ist schon klar, dass wenn man gerichtlich gegen die ISP auf Herausgabe der IP vorgeht, dass Sie das dann machen, aber wie reagieren die ISP auf bloße Anfragen von Anwälten und Firmen. Im Prinzip steht ja für die ISP der Kunde im Mittelpunkt und nicht deren Verfolgung.

Die stehen nach der uneinheitlichen Rechtsprechung sehr in der Zwickmühle:

Gelten IP-Adressen als grundrechtlich geschützte Verkehrsdaten, dann dürfen die Telcos nach § 93 TKG diese Daten nicht an Dritte (Anwälte, MI…) herausgeben. Einzig im Falle des § 149a StPO müssen die Diensteanbieter mit den Strafverfolgungsbehörden (und nur mit den) kooperieren. Erst indirekt durch Akteneinsicht gelangt dann die Kenntnis um die Identität der Nutzer an die Anwalte der Musikindustrie.

Der 17. Senat des Oberlandesgericht Wien hat dann der Auffassung des 22. Senats widersprochen: IP-Adressen seien demnach insgesamt problemlos abfragbare Stammdaten. Einer Identifizierung von P2P-Nutzern steht demnach nichts im Wege.

Damit stehen die Diensteanbieter nun ziemlich im Regen: Sollten sie herausgeben, oder dürfen sie es gar nicht? Hinzu kommt, dass mit § 87b UrhG ein Auskunftsanspruch besteht, dessen Tragweite ebenfalls höchst umstritten ist. In Deutschland existiert analog dazu der § 101 UrhG – hier gingen auch die Urteile kreuz und quer, ob nicht schon nach dieser Vorschrift aus dem UrhG die Provider Auskünfte geben müssen. Erst in jüngster Zeit zeichnete sich eine Linie ab, die das verneinte.

Die Provider werden über dieses Chaos nicht glücklich sein. Egal wie sie es machen, wird eine Seite aufschreien, dass sie es falsch machen.

Aus der Praxis – allerdings eher in Deutschland – kann ich dir sagen, dass die Provider im Zweifel zunächst einmal gar nichts herausgeben. Eben weil auch in Deutschland eine Strafandrohung für die Provider für den Falle einer Verletzung des Fernmeldegeheimnisses besteht.



Zitat:

Original geschrieben von ChrisM
Generell ist mir auch klar das Filesharing von geschützten Inhalten kein Kavaliersdelikt ist. Ich selbst hätte auch was dagegen wenn man meine Entwicklung ohne meine Einwilligung vervielfacht.
Nüchtern gesprochen eben doch. Rational sachlich bezeichnet geht es hier um nebenstrafrechtliche Bagatellkriminalität. Die Rechteinhaber stehen ja gerade vor dem Problem, dass die Strafen für die Urheberrechtsverletzung so gering sind, dass § 149a StPO nicht greift, der mindestens eine Strafandrohung von einem Jahr verlangt.

Kurz: Es gibt kaum Delikte, die strafrechtlich geringer bestraft werden als Urheberrechtsverletzungen. Was ist denn dann ein Kavaliersdelikt? Falschparken ist ja nur eine Ordnungswidrigkeit. :-)

Ich sehe letztlich hier das eigentliche, und moralische Problem: Seit Jahrzehnten dürfen Musikfans aus dem Radio aufnehmen und auch an Freunde kopieren. Nun soll aber plötzlich eine Tauschbörse nach Ansicht der MI schon kein Kavaliersdelikt mehr sein, sondern wird sprachlich sogar „Raubkopie“ auf die Stufe der Schwerstkriminalität gestellt. Raub erfordert Gewalt gegen eine Person als Mittel zur Wegnahme. Eine Urheberrechtsverletzung ist etwas anderes als eine Wegnahme: Nicht fehlt dem „Opfer“ später etwas, sondern der „Täter“ hat nur einen Zugewinn – das ist vom Unrechtsgehalt etwas ganz anderes. Insbesondere aber die Sache mit der Gewalt ist absurd. Wer einmal nachts niedergeschlagenes Opfer eines Raubes in der Fußgängerzone geworden ist, leidet vielleicht sein Leben lang unter der Angst. Damit den Tauschbörsenbetrieb auf eine Stufe zu stellen, ist eine Unverschämtheit.

Letztlich geht es doch darum, dass die Musikindustrie sich hier um ihre Gewinne sorgt. Ist es nun in einer Demokratie moralisch, breiteste Teile des Volkes mit dem, was es gerne macht, zu kriminalisieren, damit weltweit gerade einmal fünf Konzerne größere Gewinne einfahren?

ChrisM 06.12.2005 11:34

Was jeder tut oder lässt muss jeder für sich entscheiden und Faktum ist, dass es viele tun und keiner weiß genau Bescheid auf welches Risiko er sich einlässt.

Ich will keine Tips wie ich mit welchem Tool was Illegales am gefahlosesten machen kann, dazu gibt es andere Foren und diverse Pages.

Ich glaube, dass die Diskussion darüber für einige von Interesse sein kann, und sei es nur darum, zu wissen, auf welches Risiko man sich einlässt bzw. was einem erwartet wenn man erwischt wird.

Prinzipiel gesehen gehts in Richtung Aufkärung über Risiken, wobei ich jeden User für mündig genug halte selbst die richtige Entscheidung zu treffen, was er mit dem gewonnen Wissen aus der Diskussion macht.

ChrisM 06.12.2005 11:40

Danke Marc
 
für den ausführlichen und guten Kommentar, damit kommt wieder mehr Licht in die Sache.

maxb 06.12.2005 12:20

Kavaliersdelikt
 
Zitat:

Original geschrieben von Marc

Nüchtern gesprochen eben doch. Rational sachlich bezeichnet geht es hier um nebenstrafrechtliche Bagatellkriminalität. Die Rechteinhaber stehen ja gerade vor dem Problem, dass die Strafen für die Urheberrechtsverletzung so gering sind, dass § 149a StPO nicht greift, der mindestens eine Strafandrohung von einem Jahr verlangt.

Kurz: Es gibt kaum Delikte, die strafrechtlich geringer bestraft werden als Urheberrechtsverletzungen. Was ist denn dann ein Kavaliersdelikt? Falschparken ist ja nur eine Ordnungswidrigkeit. :-)

Genaugenommen ist der Download von SW schon per Gesetz ein Kavaliersdelikt... ;)

Zitat:

Der Eingriff ist jedoch dann nicht
strafbar, wenn es sich nur um eine unbefugte Vervielfältigung oder
um ein unbefugtes Festhalten eines Vortrags oder einer Aufführung
jeweils zum eigenen Gebrauch oder unentgeltlich auf Bestellung zum
eigenen Gebrauch eines anderen handelt.

schichtleiter 07.12.2005 23:40

Die Kiberer selbst interessierts sowieso an scheiss :D
Sind nur die dahinterstehenden Firmen die eventuell Stress machen.

Habe selbst folgendes Szenario erlebt (vor ~1Jahr):
Wohnung der Nachbarn wird von der Interpol aufgrund des Verdachtes der Mitgliedschaft in einem KiPo-Ring gestürmt, Rechner mitgenommen.
Eine Woche oder so später hams den Rechner wieder krigt mit der Aufforderung, mal bitte das Trojaner-Sammelsurium zu entfernen und zum mp3-download in Zukunft statt Kazaa ein besseres Programm zu verwenden...:rofl:
Glücklicherweise scheinen unsere Cops sich im Gegensatz zu den germanischen noch mit den echten Verbrechern zu befassen!
Habe von diesem Rechner übrigens so ca. 50 verschiedene Trojaner, ein paar Viren und gigabyteweise Ad/Spyware entfernt :rolleyes:

Don Manuel 08.12.2005 10:59

Zitat:

Original geschrieben von schichtleiter
Die Kiberer selbst interessierts sowieso an scheiss :D
Sind nur die dahinterstehenden Firmen die eventuell Stress machen.
...

Vorläufig ja,
wenn allerdings erwähnte Firmen lange genug Stress machen
und dadurch mittels Präzendenzfällen das "Unrechtsbewußtsein" auch bei der Pozelei wächst,
wird's wohl anders werden :(

Marc 08.12.2005 11:35

Zitat:

Original geschrieben von schichtleiter
Glücklicherweise scheinen unsere Cops sich im Gegensatz zu den germanischen noch mit den echten Verbrechern zu befassen!
Hallo, hier gibt es aber Mechanismen, die schwierig zu vermitteln sind: Der Staat muss bei Verdacht einer Straftat ermitteln. Übrigens führt die Ermittlungen der Staatsanwalt, die Polizisten sind Hilfsbeamte. Es steht nicht ohne weiteres der Staatsanwaltschaft und erst recht nicht den Polizisten zur Disposition, den kleinen Grafitti-Schmierer laufen zu lassen und nur den Kipo-Bandenchef auf’s Korn zu nehmen. Rechtsstaatlichkeit bedeutet hier, dass gegen alles ermittelt werden muss. Es gibt nur bei kleineren Delikten Ausnahmen: Da wird die Tat nur auf Antrag verfolgt. Ich weiß, dass das nach außen häufig pedantisch und unsinnig erscheint. Es stecken aber recht grundlegende Werte dahinter.


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