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Konze 28.12.2003 20:43

Klickt im linken Rahmen nun auf das zu bearbeitende Flugzeug und klickt dann oben auf die Seite ".air file".
Nun habt ihr einen Einblick in die air-Datei des gewählten Flugzeugmodells.

Konze 28.12.2003 20:44

Im linken Rahmen sind jetzt alle vorhandenen Sektionen der air-Datei aufgeführt. Wenn ihr diese "durchblättert", dann merkt ihr, dass es davon ganz schön viele gibt!
Aber keine Bange. Nur wenige von all den Einträgen werden uns nachfolgend als nützlich erweisen.

Zu der Bedienung des Programms braucht nicht viel gesagt zu werden. Einfach einen bestimmten Eintrag mit der Maus anklicken, und schon kann man den Inhalt dieses Eintrags in einem der Rahmen auf der rechten Seite editieren. Im unteren, schwarzen Rahmen werden in der Regel Tabellen abgebildet.

Bevor wir nun endgültig mit dem Tuning beginnen, noch ein paar Worte zu der aircraft.cfg und zu der air-Datei:
Bestimmte Parameter (Beispiel Leermasse) kommen sowohl in der aircraft.cfg als auch in der air-Datei vor. Weichen die eingetragenen Werte eines Parameters in diesen beiden Files voneinander ab, so benutzt der FS ausschließlich die Werte aus der aircraft.cfg. Die Einträge in der aircraft.cfg haben damit eine höhere Priorität als die in der air-Datei.
Also, bevor ihr in der air-Datei irgendwelche Werte verändert: Vergewissert euch, ob es dieselben Einträge nicht in der aircraft.cfg gibt. Wenn es sie dort gibt, dann haben Änderungen dieser Einträge in der air-Datei keine Auswirkungen auf das Flugverhalten. In einem solchen Fall muss man entsprechende Einträge in der aircraft.cfg editieren.
Ich weiß, dass das bei häufigem Tuning langfristig zu einem Chaos führen kann. Das ist ab dem FS2002 so. Aber dann fragt Microsoft, warum die das so gemacht haben... Ich weiß es nicht.

Ein Trostpflaster gibt es aber dennoch: Tabellen, mit denen wir arbeiten werden, sind nur in der air-Datei aufgeführt und nie in der aircraft.cfg. Da sind dann keine Erkundungstouren nötig.

Okay, dann gehen wir jetzt ran an das Flugzeug, das wir das letzte Mal durch das Editieren der aircraft.cfg so ein bißchen getunt haben. Dieses Flugzeug ist hinsichtlich der Flugeigenschaften nach dem Tuning zwar besser als im Ausgangszustand, doch es muss noch an Kleinigkeiten gefeilt werden, damit das Ergebnis sehr gut ist.


Beginnen möchte ich mit der Triebwerksleistung eines Jets (kein Propellerflugzeug!):
Als Beispiel für die nachfolgenden Ausführungen nehmen wir die air-Datei der default Boeing 737-400 des FS2002 bzw. des FS2004 (der Inhalt der air-Datei ist bei beiden identisch).
Wenn von einem Problem die Rede ist, dann beziehe ich mich nicht auf die Boeing, sondern auf „unser“ Flugzeug, das wir bearbeiten wollen.

Problem: Obwohl ich die Flugzeugleermasse und den maximalen Schub in der aircraft. cfg korrekt eingegeben habe, sind die Triebwerke bei vollem Ausschlag des Schubhebels und 100% N1 immer noch überpowert oder zu schwach.

Lösung: Wenn ihr die Sektion 1506 anklickt, so seht ihr im schwarzen Rahmen eine Tabelle, die den Schubfaktor (in Relation zum angegebenen maximalen Schub bei „Static Thurst“ in der aircraft.cfg) in Abhängigkeit der korrigierten Verdichterdrehzahl CN1 beschreibt.

Konze 28.12.2003 20:45

Auf der x-Achse ist die korrigierte (Corrected-) N1-Leistung aufgetragen, auf der y-Achse der Schubfaktor.
(Die korrigierte CN1-Leistung ändert sich mit der Temperatur; herrschen Standardbedingungen in MSL, so entspricht die korrigierte CN1 der eigentlichen N1-Leistung)
Wie ihr seht, sind hier zwei Kurven vorhanden, wobei die untere Kurve den Schub bei Geschwindigkeit 0 beschreibt (also Standschub), die obere Kurve dagegen den Schub bei einer Geschwindigkeit von Mach 0,90. Man kann oben in Eingabefeldern unterhalb der Aufschrift „Mach Index“ zwischen den beiden Kurven wählen. Die gewählte Kurve wird gelb gekennzeichnet. Desweiteren sind auf der gewählten Kurve in regelmäßigen Abständen entlang der x-Achse rechteckige Pünktchen zu sehen. Wenn ihr auf einen dieser Pünktchen mit der Maus draufklickt (die Farbe des Pünktchens wird dann rot), so werden ganz unten in beiden Eingabefeldern die Koordinaten, also die Größen angezeigt, in denen der Punkt anliegt. Im Screenshot wurde z.B. ein Punkt angeklickt, der eine CN1-Leistung von 80% markiert (angezeigt vor „lock X“) und bei dem der Schub in Relation zum Maximalschub den Faktor 0,741 aufweist (angezeigt vor „lock Y“).
Das heißt: Wenn die Drehzahl des Verdichters 80% CN1 beträgt, so wird dabei 74% des maximalen Schubs erzeugt. Ist doch gar nicht so schwer.
Alle Pünktchen sind in einem Abstand aufgereiht, der einer Differenz von 5% CN1 entspricht. (Ausnahme: Der Abstand zwischen dem ersten und dem zweiten Punkt entspricht einer Differenz von 20%).
Wenn ihr einen Punkt anklickt, dann könnt ihr nicht nur die y- und x- Werte ablesen, sondern diese auch verändern. Dazu müsst ihr einfach einen Wert, der unten angezeigt wird, löschen und einen neuen eingeben. Damit verändert sich auch die Kurve, was auch logisch ist. Wenn ich am Punkt 80% CN1 den y-Wert von 0,741 auf 0,2 ändere, dann sieht es so aus:

Konze 28.12.2003 20:46

Würde ich den Eintrag abspeichern und dieses Flugzeug verwenden, so würden die Triebwerke bei einer Leistung von 75% CN1 65% des maximalen Standschubes liefern, bei 80% CN1 20%! (so wie wir es verändert haben) und bei 85% CN1 81% (man würde es an unterschiedlichem angezeigtem Kerosinverbrauch merken). Das alles wohlgemerkt bei einer Geschwindigkeit von Mach 0. Für Mach 0,9 würde sowas nicht mehr gelten, denn für diese Geschwindigkeit war die obere Kurve zuständig, die wir nicht bearbeitet haben.
Und was ist mit den Kurven für Geschwindigkeiten dazwischen? Diese werden aus der Mach 0- und der Mach 0,9-Kurve einfach interpoliert.

Die (modifizierten) Triebwerke der Boeing verhalten sich beim Start jetzt natürlich bizarr. Aber das sollte nur als Beispiel dienen, um zu zeigen, dass die Änderungen der Einträge wirklich wirken. Im FS würde das Flugzeug bei 75% CN1 schneller beschleunigen als bei 80% CN1.

Zurück zu unserem Problem: Wenn die Triebwerke also bei der Startleistung (die bei Turbofans üblicherweise bei ca. 96% liegt) trotz in der aircraft.cfg korrekt eingegebenen statischen Maximalschubes zu viel oder zu wenig Schub liefern, dann liegt es wohl an einer „merkwürdigen“ Kurve in der Tabelle der Sektion 1506. Dann muss man auf den x-Wert 95 (in der Kurve für Mach 0) anklicken und gucken, wie groß der Schubfaktor ist.
Klicken wir in der Boeing-Kurve auf den x-Wert 100, so sehen wir, dass der y-Wert dann 1 beträgt. Das ist auch gut so, denn bei einer Startleistung von 100% liefert das Triebwerk dann logischerweise den vollen statischen Schub (also Faktor 1,0).
Wenn die Schubkraft beim Start also nicht stimmt, muss der Schubfaktor in der Mach 0-Kurve bei x=90 bis x=100 angepasst werden. Natürlich muss man das dann speichern und im FS überprüfen.

Apropos speichern: Wenn ihr in der air-Datei irgendwas verändert habt und es mittels den Klick auf „File“ -> „Save Aircraft“ gespeichert habt, so findet ihr im Ordner des bearbeiteten Flugzeugs (z.B. Boeing 737-400) neben der Datei „Boeing737-400.air“ die Datei „Boeing737-400.aam1.air“. In diesem Fall ist die Datei „Boeing737-400.air“ die von euch überarbeitete air-Datei, die andere, mit „...aam1...“-dazwischen, die ursprüngliche Original-air-Datei, die als Sicherungskopie angelegt wird, was sehr praktisch ist.
Wenn ihr die überarbeiteten air-Dateien mit der Zeit noch weitere Male überarbeitet und abspeichert, so kommen im Flugzeugordner weitere Sicherungskopien mit aufsteigenden Zahlen hinter dem „...aam..." hinzu, wobei die Datei mit der größten Zahl dahinter letztendlich die ursprüngliche Originaldatei ist.

Selbstverständlich kann man die Schubkraft in Abhängigkeit von CN1 auch bei großen Geschwindigkeiten ändern, indem man die Mach 0,9-Kurve ändert. Hierzu eine Anmerkung: Bei der Boeing 737-400 beträgt hier der Schubfaktor bei x=80 (bzw. CN1=80%) 1,367. Das ist mehr als bei der Mach 0-Kurve, denn mit größer werdenden Geschwindigkeit wird der Luftdurchsatz pro Zeiteinheit größer. Dass der Wert so groß ist (ja größer als bei 100% CN1 bei Mach 0), soll nicht abschreckend wirken, nach dem Motto: „Das ist ja viel zu viel!“. Denn die eingetragenen Schubfaktoren gelten ohnehin für Standardbedingungen in Meeresspiegelhöhe: Mit hohen Machzahlen fliegt man aber in großen Höhen, so dass der Schubfaktor von 1,367 in 30000 ft Höhe schnell auf unter 0,5 purzeln kann und es daher normal ist, daß die Schubfaktoren für Hochgeschwindigkeitskurven höher sind als die für geringere Speeds.

Desweiteren muss gesagt werden, dass für den Schub in Abhängigkeit von CN1 alleine nicht nur die Tabelle der Sektion 1506 zuständig ist, sondern auch die der Sektion 1507. Darin wird der Luftdurchsatz in Abhängigkeit von CN1 und der Machzahl aufgetragen.

Konze 28.12.2003 20:47

Viel will ich hierzu nicht sagen, aber merkwürdigerweise ist es so: Je größer die y-Werte (also der Luftdurchsatz), desto geringer ist der erzeugte Schub im FS. Müsste das eigentlich nicht umgekehrt sein?
Was solls. Jedenfalls kann man sagen, dass der eigentliche Schub (der Nettoschub) der Tabelle der Sektion 1506 minus der der Sektion 1507 entspricht. Glücklicherweise haben unterschiedliche Jets im FS nahezu dieselbe Tabelle 1507, so dass keine großen Beeinträchtigungen für den eigentlichen Schub zu erwarten sind. Wenn aber auch nach Optimierung der Tabelle 1506 und der Angabe des Maximalschubes die Schubkraft bei einem AddOn-Flieger immer noch nicht stimmt oder kurios ist, dann liegt es wohl daran, dass die Tabelle 1507 „daneben“ ist. Dann sollte man sie so „einrichten“, wie bei den FS-Standardjets.
Dass sich die Tabelle 1506 und 1507 hinsichtlich der Triebwerksleistung gegenseitig beeinflussen, macht die ganze Sache nur noch schwieriger.


Okay, soweit die Triebwerke. Ab jetzt werde ich mich nun nicht mehr so lange an einem Thema festklammern. Jetzt eben habe ich es gemacht, um so´n bißchen die Funktionsweise des Programms zu erklären. Doch jetzt könnt ihr das Programm (hoffentlich) problemlos bedienen, so dass ich zum nächsten Thema komme, dem Auftrieb.

Bevor ich das mache, (wieder mal...) eine Anmerkung: Das Wissen über die Simulation der Triebwerke mittels der Tabellen in den Sektionen 1502 - 1507 habe ich mir aus der FlightXPress-Ausgabe Mai 2003 und dem Artikel „Auf die Dauer hilft nur Power“ von Sergio Di Fusco angeeignet. Vielen Dank für diesen Artikel!
Daher soll nicht der Eindruck entstehen, ich hätte es vorher schon gewusst und wüsste es jetzt besser. Erst mit dem Artikel habe ich erfahren, dass es das Programm AAM gibt und dass man damit viel bezüglich Aircrafttuning machen kann.
Daher habe ich mir auch vorgenommen, euch zu zeigen, wie man mit dem Programm teilweise umgeht und wie man mit dessen Hilfe bestimmte Parameter tunt.

So, weiter geht´s!
Der Auftrieb. In der letzten Anleitung habe ich beschrieben, dass man den Auftriebskoeffizienten durch das Ändern des Faktors hinter „cruise_lift_scalar=...“ in der aircraft.cfg ändern kann. Mit der Änderung dieses Wertes ändert man den Auftriebskoeffizient für alle Anstellwinkel und für alle Geschwindigkeiten.
Unser Flugzeug vom letzten Mal, das ausschließlich durch Änderungen der aircraft.cfg getunt wurde, weist zwar ein besseres Auftriebsverhalten auf als vorher. Keine Frage, denn schließlich haben wir (provisorische)Testflüge durchgeführt und den Anstellwinkel unter bestimmten Flugkonfigurationen mit dem realen Flugzeug verglichen.
Allerdings haben wir festgestellt, dass es bei einer anderen Flugkonfiguration sich nicht mehr so verhält wie gewünscht und dass man letztendlich im Auftrieb ein Kompromiss zwischen verschiedenen Flugzuständen bilden muss. Für Manche ist es zwar nicht so schlimm, doch wir wollen bezüglich Auftrieb keine Kompromisse!
Deshalb gehe ich auf zwei mögliche Probleme ein:

Problem 1: Fliege ich bei einer vorgegebenen Masse z.B. mit einer Geschwindigkeit von 170 KIAS über MSL und halte eine Steigrate von 2000 fpm, stimmt der Anstellwinkel. Doch wenn ich in den Horizontalflug übergehe (0 fpm) und immer noch 170 KIAS halte, so nimmt der Anstellwinkel unrealistische Werte ein.
Ohne Frage kann das Problem auch umgekehrt vorliegen (Horizontalflug okay, Steigflug nicht).
Außerdem liegt das Auftriebsmaximum nicht bei dem Anstellwinkel, bei dem es anliegen sollte.

Lösung: In der Sektion 404 ist eine Tabelle abgebildet, die den Auftriebskoeffizienten in Abhängigkeit des Anstellwinkels beschreibt.

Konze 28.12.2003 20:50

Die bläuliche Linie in der Mitte markiert den Auftriebsfaktor 0. Werte darunter bedeuten Abtrieb, Werte darüber Auftrieb.
Ihr müsst Wissen, dass die x-Werte (Anstellwinkel) nicht als Winkelwerte in Grad aufgetragen sind, sondern als Winkelwerte im Bogenmaß. Zur Erleichterung: Um aus einem Bogenmaßwert einen Winkelwert zu berechnen, müsst ihr den Bogenmaßwert einfach mit 57,3 malnehmen.
Nun schauen wir uns den Kurvenverlauf bei der Boeing 737-400 an.
Wenn wir uns die Koordinaten der gelben rechteckigen Pünktchen anschauen, so erkennen wir zum einen, dass die „Auftriebsspitze“ einen Faktor von 1,59 aufweist und der Anstellwinkel dabei 0,2618 mal 57,3 = 15° beträgt. In der Tat weisen viele Verkehrsflugzeuge bei diesem Winkel den maximalen Auftriebsbeiwert auf. Auch erkennt man, dass der Auftrieb ab Anstellwinkel 0 linear bis zur Spitze ansteigt und ab der Auftriebsspitze mit steigendem Winkel sinkt. Hinter der Auftriebsspitze liegen üblicherweise Anstellwinkel, ab denen ein Strömungsabriß beginnt.
Dass bei 0° Anstellwinkel der Auftriebsfaktor nicht 0 beträgt sondern knapp darüber liegt, ist für oben gewölbte Flügelprofile normal.
Und ein Abtrieb bei negativen Anstellwinkeln ist ja wohl selbstverständlich...

Lange Rede, kurzer Sinn: Wenn man beim Testflug feststellt, dass die Auftriebskraft bei einem Anstellwinkel stimmt, bei anderem nicht, dann muss man eben sich den „falschen“ Anstellwinkel in der Tabelle 404 anknüpfen und den Auftriebsfaktor korrigieren bzw. damit experimentieren.
Wichtig: sollte der zu behandelnde Anstellwinkel in der Tabelle genau in einem Bereich liegen, in dem es kein gelbes rechteckiges Pünktchen zum Verändern des Auftriebs gibt, so kann man auch die x-Werte (also Anstellwinkel) verändern. Sollen diese Veränderungen nach dem Abspeichern wirksam sein, so muss das Häkchen vor „Lock X“ deaktiviert sein.
Verändert man einen x-Wert, so ändert sich der Auftriebsverlauf hinter diesem x-Wert. Eventuell muss man weitere Pünktchen durch Verändern der x- und y-Werte so „verschieben“, dass der Auftriebsfaktor im gesamten Anstellwinkelbereich so ist, wie gewünscht. Hier gilt: probieren, testen, probieren, testen...


Problem 2: Der Auftriebskoeffizient weist nun über den gesamten Anstellwinkelbereich Werte auf, die den Flieger bei allen Steigraten mit dem realen Modell übereinstimmen lassen.
Im Reiseflug gibt es aber Probleme: Fliege ich in FL 350 und halte eine Geschwindigkeit von Mach 0,8, so ist der Anstellwinkel entweder viel zu klein (z.B. bei den MS-Standardjets), oder zu groß.
Dabei habe ich doch mal gelesen, dass ein Anstellwinkel bei Jets von 3° - 5° (je nach Masse und IAS) im Reiseflug normal ist. Was kann ich tun?

Lösung: In der Sektion 401 gibt es eine Tabelle, die den Auftriebskoeffizienten (y) in Abhängigkeit der Machzahl (x) beschreibt.

Konze 28.12.2003 20:52

Der Abstand der gelben Pünktchen untereinander entspricht einer Differenz von Mach 0,20.
Wenn wir uns den Verlauf des Graphen bei der Boeing 737-400 anschauen, so wissen wir sofort, warum dieser Jets einen so niedrigen Anstellwinkel im Reiseflug aufweist und warum er so hoch zu steigen vermag: Bei einer Machzahl von 0,8 nimmt der Auftriebsbeiwert im Vergleich zum Langsamflug um fast 27% zu! (Faktor bei x=0,8 -> y=1,2698)
Und von Mach 0.8 bis Mach 1 steigt der Auftriebkoeffizient abermals bis auf Faktor 1,3889!
Das kann doch wohl nicht sein.
Kein Wunder, dass die Boeing sofort auf über 40000 Fuß klettern kann und dabei noch wirtschaftlicher fliegt als in z.B. 36000 Fuß!
Merke: Es geht hier nicht um die absolute Auftriebskraft an sich (diese ist ja von der angezeigten Geschwindigkeit, von der Flügelfläche und von der Luftdichte abhängig, und das weiß der MSFS!), sondern den Auftriebskoeffizient, der in der Auftriebsgleichung auch enthalten ist. Bloß: Wenn der Flight Simulator die geschwindigkeitsbedingte Zunahme des Auftriebs bei hohen IAS und Machzahlen sowieso schon berücksichtigt, wozu noch den Auftriebskoeffizienten über 1 erhöhen?
Also, wenn ich ein MS-Standardflugzeug tune, dann verändere ich die Kurve so, dass der Auftreibsfaktor bis Mach 1,0 durchgehend 1 beträgt, und das zuallererst! Dann ist auch der Anstellwinkel im Reiseflug realistischer.
Die Geschwindigkeiten über Mach 1 hinaus können mir wuscht sein, denn ich fliege mit der Boeing nicht überschall. Allenfalls bei der Concorde muss man Werte bis Mach 2,2 berücksichtigen.

Zurück zu unserem Flieger: Also, wenn der Anstellwinkell bei einer bestimmten Machzahl nicht stimmt, so muss an dieser Tabelle gearbeitet werden. Es ist in der Tat leichter gesagt als getan...
Denkt außerdem noch daran, dass für den Auftrieb nicht nur diese Tabellen und "cruise_lift_scalar=..." verantwortlich sind, sondern auch die Flügelfläche in der aircraft.cfg. Überhaupt sollte meiner Meinung nach die Flügelfläche einen realistischen Zahlenwert einnehmen, danach kann man sich ans Feintuning begeben. Denn: Ist die Flügelfläche verkehrt, so ist möglicherweise auch das Auftriebsverhalten genauso verkehrt.


So, nun haben wir den Auftrieb so optimiert, dass unser Flugzeug bei allen Geschwindigkeiten, Steigraten, und und und... einen realistischen Anstellwinkel annimmt. Das ist doch schon mal schön!
Seht ihr, das ist der Vorteil des Flugzeugtunings mittels Editieren der air-Datei im Vergleich zum Editieren der aircraft.cfg-Datei: Man kann viele Größen gezielt bei bestimmten Geschwindigkeiten, Anstellwinkeln und anderen Größen ändern, was in der aircraft.cfg nicht möglich ist.

Komme ich nun zum nächsten Thema, dem Widerstand.
Der Widerstand ist ohne Frage ein wichtiger Faktor, denn durch ihn werden sowohl der Treibstoffverbrauch als auch die Gleiteigenschaften eines Flugzeugs bestimmt.
Letztes Mal habe ich beschrieben, wie man den parasitären und den induzierten Widerstand in der aircraft.cfg verändern kann.
Es gibt die Möglichkeit, den parasitären Widerstand (ich nenne ihn hier den Machschen Widerstand) in Abhängigkeit der Machzahl zu verändern. Hierzu muss man sich der Tabelle der Sektion 430 bedienen, in der die beiden Größen aufgetragen sind (x -> Machzahl in 0,2-Schritten ; y -> Widerstandswert).

Konze 28.12.2003 20:53

Hier ist es aber so, dass die angezeigte x-Koordinate irgendeine Zahl (von 0 bis 16) ist, die nicht der Machzahl an sich entspricht. In diesem Fall stellt x=0 die Machzahl 0 dar, x=1 die Machzahl 0,2, x=2 -> M 0,4, x=3 -> M 0,6 und so weiter...
Die Widerstandswerte sind relative Werte, beginnend ab 0, wo der Machsche Widerstand am geringsten ist (aber dennoch nicht null, denn der Widerstand wird auch durch andere Faktoren bestimmt, die unabhängig der Tabelle 430 für sich wirksam sind).
Aus dem Diagramm der Boeing ersehen wir, dass der Machsche Widerstand mit steigender Machzahl zunimmt, was okay ist, weil bei hohen Machzahlen die Kompression eine immer größere Rolle spielt und so für den Widerstand verantwortlich ist.
Dass das Widerstandsmaximum bei M 1,2 und nicht bei M 1,0 erreicht wird, ist vielleicht nicht realistisch, dient aber wahrscheinlich dafür, die Geschwindigkeit beim Sturzflug nicht bis M 1,2 erreichen zu lassen. Ob dies gelungen ist, weiß ich nicht.

Jedenfalls muss man erst dann an diese Tabelle „rangehen“, wenn der Widerstand, besser gesagt der Treibstoffverbrauch (denn um ihn geht´s hier eigentlich), im Langsamflug in Ordnung ist, beim Schnellflug dagegen wenig realistisch. Oder halt umgekehrt.
Ich kann da folgenden Tip geben: Wenn ich ein Flugzeug editiere, so lasse ich den Machschen Widerstand von Mach 0 bis Mach 0,6 ganz langsam anwachsen. Bei Mach 0,8 soll der Widerstand noch etwas größer werden, bei Mach 1 und 1,2 kann er dagegen sehr groß sein. Bei der überarbeiteten Boeing, die ich mal hier im Forum als Download zur Verfügung gestellt habe, sieht das so aus:

Konze 28.12.2003 20:54

Warum ich das so mache?
- Ist der Machsche Widerstand bei Mach 0,8 im Gegensatz zu den Machzahlen darunter zu groß, so gewinnt der parasitäre Widerstand gegenüber dem induzierten Widerstand die Oberhand, was dazu führt, dass extreme Höhen (z.B. 40000 ft) aufgrund der dünnen Luft und der damit erheblichen Abnahme des Machschen Widerstands „zu wirtschaftlich“ für das Flugzeug im Gegensatz zu der wirtschaftlichen Flughöhe des realen Flugzeugs werden, weil Anstellwinkeländerungen (= Änderungen des induzierten Widerstands) sich kaum auf den Gesamtwiderstand auswirken.
- Umgekehrt soll, wenn der Widerstand bei Mach 0,8 nur wenig größer ist als bei den Machzahlen darunter, der Widerstand eben für den Bereich darunter nicht auf 0 gesetzt werden, denn dann kann dies zur Folge haben, dass der Langsamflug in niedrigen Höhen im Gegensatz zum schnelleren Flug in großen Höhen zu wirtschaftlich wird.
- Wenn man die richtige „Kurve“ findet, dann kann man danach den Widerstand (parasitär + induziert) in der aircraft.cfg für die allgemeine Anpassung editieren.

Letzten Endes muss man für sich selber tüfteln und den Verlauf des Graphen so einrichten, dass der Verbrauch (und eventuell die Gleiteigenschaften) bei allen nutzbaren Geschwindigkeiten in Ordnung ist.

Dass mein Tip aber nicht aus heiterem Himmel kommt, soll der Widerstandsverlauf des Airbus A320 aus dem „Hause“ Project Arbus zeigen, der für gute Flugeigenschaften bekannt ist:

Konze 28.12.2003 20:55

Noch ein Wort: Was Widerstand betrifft, so gibt es leider keine Möglichkeit, den induzierten Widerstand in Abhängigkeit des Anstellwinkels oder der Machzahl zu editieren, weil es dafür keine Tabelle gibt. Hier sieht man zugleich, wo die Grenzen in der air-Datei liegen.



Bis jetzt haben wir im Prinzip alle wichtigen Eigenschaften und Tabellen bearbeitet, die wirklich für ein Flugzeug mit realistischer Aerodynamik zum sehr großen Teil verantwortlich sind. Jetzt kommt natürlich der Vorwurf: „Die air-Datei enthält doch hunderte von Sektionen. Wie kann es denn sein, dass wir nach nicht mal zehn (es sind bislang glaube ich 5) Tabellen einen nun fast realistisches Flugzeug „hergestellt“ haben wollen?“
In der Tat sind die Tabellen, die wir uns angeknüpft haben, die (meiner Meinung nach) wichtigsten, die die air-Datei zu bieten hat. Diese Tabellen machen eine gute Aerodynamik aus. Schließlich dürfen wir das Tuning durch das Editieren der aircraft.cfg auch nicht vergessen, denn obwohl man damit grobe Veränderungen erzielt, diese sind für eine gute Aerodynamik ebenso verantwortlich wie die Tabellen.

Die vielen anderen Tabellen, die wir uns nicht angeschaut haben, betreffen zumeist die Steuerung der Flugzeuge oder (physikalische) Momente innerhalb der 3 Achsen, die meistens auch in Abhängigkeit der Machzahl aufgetragen sind.
Das zu behandeln, würde jetzt zu viel Zeit in Anspruch nehmen. Außerdem müsste ich selber überprüfen, was wo wie wirkt.
Mehr als ein Drittel aller Sektionen, das kann ich sagen, enthält lediglich „vorhanden oder nicht vorhanden“ Informationen (z.B. Klappen, Spoiler, etc. vorhanden: ja oder nein), und das andere Drittel enthält Informationen, die eh schon in der aircraft.cfg eingetragen sind (z.B. die geometrischen Maße eines Flugzeugs) und es daher keinen Sinn macht, diese in der air-Datei zu bearbeiten, da die aircraft.cfg-Datei sowieso höhere Priorität hat.
Das restliche Drittel - ja, das sind Tabellen und sonstige Einträge, die den Sinn des Editierens der air-Datei ausmachen. Aber ein kleiner Teil von diesen Tabellen kann schon einen sehr guten Flieger ausmachen.


Der Artikel soll an dieser Stelle noch nicht enden.
Jetzt gibt´s noch nützliche Fragen und Antworten unterschiedlichster Art zum air-Datei-Tuning:

[?] Die Tabellen der Sektionen 1506 und 1507, die für die Schubkraft verantwortlich sind, beeinflussen sich bekanntlich gegenseitig.
Obwohl ich die Tabelle 1506 so erstellt habe, dass die Zahlen passen (also 100% Schub bei 100% CN1), wollte ich dennoch wissen: Woher kann ich wissen, wie groß die Schubkraft (der Nettoschub) denn wirklich ist, denn ich kann ja nicht im Voraus kalkulieren, wie groß der Einfluß der Tabelle 1507 ist und ob sie meine schöne Tabelle 1506 eventuell sogar ruiniert? Denn mir geht es nicht um irgendwelche Luftdurchsätze, sondern um den eigentlichen produzierten Schub.

[!] Das ist die Schwierigkeit beim Tuning der Schubkraft mittels der Tabellen 1506 und 1507.
Die Tabelle 1507 sollte nach Möglichkeit so aussehen wie die der Boeing-Jets (wenn es von Haus aus nicht so aussieht oder die Tabelle 1507 gar „spinnt“, dann sollte man diese so bearbeiten, dass sie der Boeing entspricht). Dann kann man sich eigentlich beruhigt an die Modifikation der Tabelle 1506 heranwagen. Glücklicherweise wird die Tabelle 1507 nur von wenigen AddOns verändert.
Will man sich aber dennoch an den tatsächlichen Nettoschub orientieren, so muss man auf den Treibstoffverbrauch achten. Der Treibstoffverbrauch ist ein Maß für die tatsächliche Schubkraft. Jedem Nettoschub wird ein bestimmter Treibstoffverbrauch zugeordnet, und daran können weder Tabelle 1506 oder 1507 etwas ändern.
Sprich: Sollte es vorkommen, dass trotz einer „ansteigenden“ Kurve in der Tabelle 1506 der Treibstoffverbrauch mit höherer CN1-Drehzahl sinkt, so fällt der Nettoschub runter und man sollte die Tabelle 1507 ins Visier nehmen.


[?] Es gibt für die Simulation der Triebwerke noch weitere Tabellen. Wofür sind diese genau zuständig?

[!] - In der Tabelle der Sektion 1502 ist die korrigierte N1-Drehzahl (die Verdichterdrehzahl) in Abhängigkeit der korrigierten N2-Drehzahl (der Turbinendrehzahl) für Mach 0 und Mach 0,9 aufgetragen.


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