Willkommen bei WCM
Um alle Funktionen dieser Website nutzen zu können müssen Sie sich Einloggen oder Registrieren. Die Registrierung ist unverbindlich und dauert nur einen Moment.
Lokales
Veröffentlicht am 27.12.2004 11:26:59
Verbrauchern steht gegenüber gewerblich handelnden eBay-Verkäufern ein Widerrufsrecht zu – zumindest in Deutschland. In dem mit Spannung erwartetem Urteil des deutschen Bundesgerichtshofs sprachen die Karlsruher Richter Käufern das Recht zu, ersteigerte Artikel innerhalb einer Frist von zwei Wochen ohne Begründung zurückgeben zu dürfen. (Az. VIII ZR 375/03) Schon länger steht Verbrauchern ein befristetes Rückgaberecht der Waren zu, sofern gewerblicher Verkäufer und privater Käufer einen Kaufvertrag per Telekommunikation schließen. Die zunächst in einem „Fernabsatzgesetz“ vorhandenen Regelungen sind mit den §§ 312 ff BGB inzwischen Bestandteil des deutschen Bürgerlichen Gesetzbuchs (BGB) geworden. Insbesondere vor spontanen und unüberlegten Vertragsabschlüssen soll der Verbraucher so geschützt werden.
Doch das Widerrufsrecht gilt nicht bei allen Verträgen. Ausnahmen bilden unter anderem die Lieferung von Zeitungen, Illustrierten oder die Teilnahme bei Wett- und Lotterie-Geschäften. Darüber hinaus klammern nach § 312d Absatz 4 Nr. 5 BGB auch Versteigerungen im Sinne von § 156 BGB die verbraucherschützenden Vorschriften zu Fernabsatzgeschäften aus. Eben darauf beriefen sich in der Praxis regelmäßig Verkäufer, die eBay als Handelsplattform nutzen: Es handele sich um eine Versteigerung, so dass dem Käufer kein Widerrufsrecht zustehe.
Dieser Geschäftspraxis erteilten die Karlsruher Richter nun eine Abfuhr. Der Vertragsabschluss bei eBay stelle keine Versteigerung im juristischen Sinne dar. Denn nicht wie bei einer traditionellen Versteigerung üblich per Zuschlag des Versteigerers, sondern automatisch mit Zeitablauf komme der Vertrag zustande. Auktionen bei eBay-Kauf schließen folglich nicht die Regelungen zu Fernabsatzverträgen aus. Vielmehr sei der Vertrag – so wie auch bei einer telefonischen Bestellung - ein „Fernabsatzvertrag“, der aus Gründen des Verbraucherschutzes rückgängig gemacht werden könne, so der BGH.
Die Folgen
Die Folgen des Urteils sind damit jedoch weniger gravierend, als es die mediale Aufmerksamkeit teils suggeriert. Schon zuvor galten entsprechende Regelungen jedenfalls beim Sofortkauf – hier liegt besonders auf der Hand, dass es sich nicht um eine Auktion im klassischen Sinne handelt. Darüber hinaus muss der Käufer Verbraucher sein, also privat handeln, und nicht etwa für sein eigenes Geschäft einkaufen; insbesondere muss der Verkäufer jedoch gewerblich handeln, damit ein Widerrufsrecht für den Käufer entsteht. Insgesamt ist die Ansicht des BGH zu Internetauktionen nicht neu. Schon zuvor vertrat der Bundesgerichtshof – im Gegensatz zu einzelnen Gerichten niedrigerer Instanzen - die Auffassung, Auktionen im Stile von eBay seien nicht im juristischen Sinne als Versteigerungen anzusehen. Entsprechend wurde das Urteil in Fachkreisen erwartet. Ebay-Sprecher Nerses Chopurian begrüßte in einer ersten Stellungnahme die Rechtssicherheit durch das BGH-Urteil und sah die Attraktivität von eBay nicht beeinträchtigt, trotzdem sehe eBay insgesamt in den „komplexen fernabsatzrechtlichten Bestimmungen“ gewissen „Hürden“ für Existenzgründungen.
Praxis-Relevanz
Das die Rechte der Verbraucher stärkende Urteil dürfte in der Praxis gleichwohl zu Problemen führen, indem es die üblichen Streitpunkte in der Ausübung des Widerrufsrechts nun auch auf eBay überträgt. Insbesondere die Abgrenzung zwischen privaten und gewerblichen Verkäufern birgt aufgrund der unterschiedlichen Interessenlage Konfliktpotenzial. Das aktuelle BGH-Urteil schweigt dazu, doch die Kriterien sind ohnehin ebenso bekannt wie schwierig in der Abgrenzung: Gewerblich handelt in der Regel derjenige, der nachhaltig zur Erzielung von Einnahmen selbständig tätig wird, wobei tatsächliche Gewinne nicht zwingend erzielt werden müssen. Aufwendige Allgemeine Geschäftsbedingungen, Anzahl und Art der veräußerten Waren sowie das Powerseller-Symbol geben Anhaltspunkte. Die Abgrenzung bleibt damit meist Einzelfallfrage. Wer z.B. zahlreiche, identische Produkte originalverpackt in z.B. in verschiedenen Farben anbietet, wird sich kaum darauf berufen können, rein privater Trödler zu sein. Ob der Verkäufer seine Versteigerung als „Privatauktion“ bezeichnet, spielt keine Rolle. Angedrohte Erkundigungen beim Finanz- oder Gewerbeaufsichtsamt können solche Verkäufer gefügig machen, die sich besonders dreist vor ihren offensichtlichen Pflichten als Gewerbetreibende versuchen zu drücken.
Auch die Widerrufsfrist birgt Konfliktpotenzial. Sie beträgt in Deutschland ab Erhalt der Ware zwei Wochen, in denen der Verbrauch ohne Angaben von Gründen die Kaufgegenstände zurückschicken kann. Informiert der Verkäufer über dieses Recht nicht, verlängert sich die Frist, in Deutschland auf sechs Monate. Hier dürften in der Praxis Streitfälle zu erwarten sein, in denen der Verkäufer eine schon mit Versendung beginnende Frist berechnet oder falsch oder unvollständig über das Widerrufsrecht informiert und dann jeweils die Rücknahme des eigentlich fristgerecht zurückgeschickten Kaufgegenstands verweigert.
Insbesondere hat der widerrufende Käufer die durch die Nutzung des Produkts in der Zwischenzeit entstandene Gebrauchsspuren oder ersparte Aufwendungen auszugleichen. Hier liegt Streit in der Bemessung der entsprechenden Summen nahe. Nur unterhalb eines Warenwertes von 40 Euro hat dabei der Käufer auch die Transportkosten zu tragen.
Bedeutung für Österreich
Das deutsche Urteil ist mittelbar auch für Österreich relevant, da hier die Rechtslage aufgrund der Fernabsatzrichtlinie der EU prinzipiell gleich ist und deutschen Urteilen somit zumindest Indizwirkung hinsichtlich der Auslegung der österreichischen Vorschriften zukommt. Österreich hat die neuen Regeln im Konsumentenschutzgesetz umgesetzt. Diese - auch als „Fernabsatzgesetz“ bezeichneten - Bestimmungen sind am 1.6.2000 in Kraft getreten. Die Bestimmungen entsprechen weitgehend denen der als Grundlage zum deutschen BGH-Urteil dienenden, einzig die Rücktrittsfrist beträgt in Österreich gemäß § 5e KSchG lediglich sieben Werktage, wobei der Samstag nicht als Werktag gilt. Klärt der Verkäufer nicht über das Rücktrittsrecht auf, beträgt die Widerrufsfrist in Österreich drei Monate.
M.Störing
« IP Route 2 Tools - Netzwerk neu unter Linux · Widerrufsrecht für Verbraucher bei eBay-Auktionen
· IT für Spätberufene »