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Veröffentlicht am 23.10.2006 08:28:51
In Folge der Insolvenz des Handy-Herstellers BenQ Mobile in Deutschland geht die österreichische Vertriebsorganisation BenQ Mobile CEE GmbH in den Ausgleich und kündigt 30 der insgesamt 43 Mitarbeiter in Österreich. "Wir haben heute Nachmittag 30 Mitarbeiter beim AMS-Frühwarnsystem zur Kündigung angemeldet und werden am Montag den Ausgleichsantrag beim Handelsgericht Wien einbringen", sagte BenQ Mobile CEE-Chef Josef Forer im APA-Gespräch. Man werde nicht Insolvenz, sondern Ausgleich anmelden, weil man auf eine Fortführung des Geschäfts hoffe. Die Insolvenz der deutschen BenQ Mobile, Schwesterunternehmen und Hauptlieferant der österreichischen BenQ-Landesgesellschaft, habe Unsicherheiten bei den Handylieferungen mit sich gebracht, die bisher nicht geklärt werden konnten, berichtete Forer.
Mangels rechtsverbindlicher Zusagen der taiwanesischen Mutter BenQ Corporation, die vor gut einem Jahr das insolvente Handygeschäft von Siemens übernommen hatte, könne man die Geschäftstätigkeit in der bisherigen Struktur daher nicht mehr aufrechterhalten. "Wir hoffen, den Handyvertrieb für BenQ nach einer Restrukturierung weiterführen zu können, allerdings in geringerem Umfang und mit einem geringeren Umsatz", betonte Forer: "Das Ziel heißt ganz klar weitermachen". Sollte künftig ein Handyvertrieb für BenQ - was das Naheliegendste wäre - nicht mehr möglich sein, müssten Alternativszenarien überlegt werden.
Kompetenzzentrum für Österreich und Südosteuropa
Die österreichische BenQ Mobile, die sich als Kompetenzzentrum für den Handyvertrieb in Österreich und Südosteuropa etabliert hatte, erzielte im Geschäftsjahr 2005/06 (per Ende September) vorläufigen Berechnungen zufolge einen Umsatz von mehr als 150 Mio. Euro und schrieb im Gegensatz zur deutschen Schwester bereits schwarze Zahlen. Der Standort Wien war erst im April 2006 aufgewertet worden und hatte zur bisherigen Geschäftsverantwortung für Südosteuropa auch die Kompetenz für den Mittleren Osten und Afrika dazu bekommen.
Die Region zeichnete damit für ein Drittel des Konzernumsatzes verantwortlich. Die österreichische BenQ Mobile hat die direkte Geschäftsverantwortung für 12 mittel- und osteuropäische Länder mit dort 30 Beschäftigten. Für weitere 43 Länder mit insgesamt 450 Mitarbeitern koordiniert BenQ Mobile CEE die Geschäftsaktivitäten, Umsatz und Mitarbeiter resultieren aber zur holländischen BenQ Holding bzw. deutschen BenQ Mobile.
"Schutzmaßnahme" für Mitarbeiter und Gläubiger
Die Anmeldung des Ausgleichs sei eine "Schutzmaßnahme" für Mitarbeiter und Gläubiger, betonte Forer. Zu den Gläubigern der BenQ Mobile CEE zählen neben den Mitarbeitern Dienstleister - etwa Siemens - und Handynetzbetreiber. Der Abbau der Mitarbeiter sei schmerzhaft, jedoch bedingt durch die geänderte Geschäftssituaion die einzige Chance, das Unternehmen längerfristig überlebensfähig zu machen", so Forer. Die österreichische Landesgesellschaft weise eine bilanzielle Überschuldung auf, man habe zu wenig Eigenkapital. Mitarbeiter und Kunden wurden heute Nachmittag von der Ausgleichsanmeldung informiert.
Mit Siemens Österreich sei man im "intensiven Dialog", um die von der Kündigung betroffenen Mitarbeiter bei Bewerbungsprozessen für Jobs bei Siemens mit umfassender Beratungsleistung zu unterstützen. Auch für die Jobsuche am externen Arbeitsmarkt werde Siemens die Betroffenen über Outplacement-Beratungen unterstützen.
Wie es mit dem Geschäft und den 30 Mitarbeitern in Südosteuropa weitergehe, müsse im folgenden Restrukturierungsprozess geklärt werden. Hier seien jedenfalls auch strukturelle und personelle Veränderungen notwendig, so Forer. Zu den 12 verantworteten Ländern zählen die Schweiz, Liechtenstein, Tschechien, die Slowakei, Slowenien, Ungarn, Kroatien, Bosnien, Serbien, Bulgarien, Rumänien und Israel.
In einem Ausgleichsverfahren wird das Unternehmen fortgeführt, der Geschäftsführer bleibt weiter im Amt. Ihm wird ein Ausgleichsverwalter zur Seite gestellt. Seinen Gläubigern muss er innerhalb von zwei Jahren eine Quote von mindestens 40 Prozent zahlen. Wenn der Ausgleich nicht innerhalb von 90 Tagen angenommen wird, wird das Verfahren eingestellt. Bei einem Zwangsausgleich beträgt die Quote 20 Prozent.
Abbau von 1.950 Jobs in Deutschland
In Deutschland, wo BenQ Mobile auch Produktionsstätten unterhielt, hatte der Insolvenzverwalter Martin Prager das sofortige Aus für 1.950 der gut 3.000 Arbeitsplätze verkündet. Die restlichen rund 1.100 Stellen mit dem Schwerpunkt in Forschung und Entwicklung sollen mit der Auftragsherstellung von Handys für Fremdmarken von Mobilfunknetzbetreibern und Modefirmen gerettet werden.
"Ich halte das für einen kreativen Ansatz", meinte der Vorsitzende der Geschäftsführung der österreichischen BenQ Mobile CEE, Josef Forer, auf APA-Anfrage dazu. Wie hoch der Imageschaden für BenQ durch die deutsche Insolvenz in Österreich und CEE sei, lasse sich noch nicht abschätzen: "In Deutschland ist der Schaden sicher enorm". BenQ sei durch die Insolvenz jedenfalls über Nacht bekannt geworden, ob positiv oder negativ, darüber lasse sich noch diskutieren. Ob die Marke in Österreich und Osteuropa künftig erfolgreich sein könne, hänge vom weiteren Geschäftsverlauf in den kommenden Wochen ab.
Forer findet es insgesamt "schade", dass die taiwanesische Konzernmutter so abrupt den Geldhahn zugedreht und die deutsche Tochter damit in die Insolvenz geschickt hat. Der Plan, konzernweit die ehemalige verlustreiche Siemens-Handysparte binnen eines Jahres profitabel zu machen, sei sehr ambitioniert gewesen, wenn man sich länger Zeit gegeben und es in eineinhalb Jahren geschafft hätte, wäre es "noch immer eine Weltmeisterleistung" gewesen, meint Forer.
Die ehemalige Siemens-Handysparte, die seit vergangenem Jahr die deutsche Tochter des taiwanesischen BenQ-Konzerns ist, hatte vor rund drei Wochen Insolvenz angemeldet, nachdem die Konzernmutter ihr den Geldhahn zugedreht und die Zahlung von bereits zugesagten 400 Mio. Euro verweigert hatte. Die britische Tochter von BenQ Mobile hat mittlerweile ebenfalls Konkurs angemeldet.
(apa)