Swisscom fordert von Regierung Klarheit
Veröffentlicht am: 06.12.2005 10:37:41

In einem in der Schweiz noch kaum gesehenen Kräftemessen fordert der Telekom-Konzern Swisscom von seinem Hauptaktionär, der Regierung, in deutlichen Worten Klarheit über die strategischen Vorgaben für die Zukunft. "Wir haben eine Krise in den Beziehungen zwischen Unternehmensführung und Mehrheitsaktionär", sagte Swisscom-Konzernchef Jens Alder auf einer Pressekonferenz.

In einem in der Schweiz noch kaum gesehenen Kräftemessen fordert der Telekom-Konzern Swisscom von seinem Hauptaktionär, der Regierung, in deutlichen Worten Klarheit über die strategischen Vorgaben für die Zukunft. "Wir haben eine Krise in den Beziehungen zwischen Unternehmensführung und Mehrheitsaktionär", sagte Swisscom-Konzernchef Jens Alder auf einer Pressekonferenz.

Sein eigener Ruf und der des Unternehmens habe stark darunter gelitten, dass die Schweizer Regierung (Bundesrat) vor zwei Wochen urplötzlich Übernahmen im Ausland verboten habe, obwohl in der mittelfristigen und vom Bundesrat abgesegneten Strategie das Gegenteil stehe. "Selbstverständlich, ich sehe meine Position massiv beschädigt", sagte er auf die Folgen angesprochen in einem Gespräch mit Agenturjournalisten.

Das Handtuch werfen will Alder aber nicht. In der derzeit schwierigen Situation wolle er das Unternehmen nicht verlassen, erklärte er am gleichen Tag auf der Medienkonferenz.

Der Schweizer Staat hält rund zwei Drittel der Swisscom-Aktien im Wert von knapp 16,8 Mrd. Franken (10,88 Mrd. Euro). Vor zwei Wochen hatte der Bundesrat überraschend angekündigt, die Swisscom privatisieren zu wollen, da das Risiko für die Eidgenossenschaft als zu hoch eingeschätzt wurde. Der eigentliche Paukenschlag folgte aber erst einen Tag später, als peu-a-peu publik wurde, dass Swisscom bis dahin keine Firmen im Ausland übernehmen darf, womit vor allem die anscheinend schon weit gediehene Übernahme der irischen Eircom verhindert werden sollte.

Vor allem Bundesrat Christoph Blocher (SVP) hatte sich für das Veto stark gemacht und zur Begründung auf die Pleite der ehemaligen Renommier-Fluglinie Swissair verwiesen, die nach glücklose Zukäufen im Ausland in die Schieflage geraten war. Auch milliarden-schweren Geldspritzen des Staates haben Swissair seinerzeit nicht vor dem Aus bewahren können. Swisscom dürfe nicht das gleiche passieren, so Blocher.

Zwar seien Auslandsexpansionen keine Frage des Überlebens für Swisscom, sagte Alder. Auf dem Heimatmarkt schrumpft Swisscom aber, Wachstum ist überwiegend nur im Ausland möglich.

Nun fordert Alder endlich klare Verhältnisse und geht davon aus, dass der Bundesrat bis Ende des Jahres die Strategie für 2006 bis 2009 festzurrt, aber bis die endgültige Version steht, werden noch "einige Monate" vergehen. So habe die Swisscom eine Reihe von Bedingungen an den Bund gestellt, um das verspielte Vertrauen der Börse wiederherzustellen. "Vertreter des Unternehmens können im Ausland erst wieder glaubwürdig auftreten, wenn wir im Rahmen der strategischen Ziele einen sehr klaren Rahmen haben, der unter anderem auch ausführt, ob der Bund noch interveniert oder nicht", sagte er.

"Zwingend präzise Aussagen"

Daneben pocht die Swisscom unter anderem auf "zwingend präzise Aussagen" zu Ausschüttungsstrategie, dem Privatisierungsprozess sowie der künftigen Kommunikationsweise zwischen Unternehmen und Regierung. Und dieses Mal sollten die Ziele über die gesamte Laufzeit "unverändert gültig" sein. Alder macht aus seiner Frustration über das Vorgehen des Bundesrats keinen Hehl: "Mein Zuversicht in die Politik ist verschwunden."

Bis die neuen Ziele stehen, muss Swisscom mit der Skepsis von Investoren und Kunden leben: "Ich kann nur hoffen, dass diese Glaubwürdigkeitsprobleme mit den neuen strategischen Zielen eleminiert werden können," so Alder.

Chancen für einen zweiten Anlauf bei Eircom sieht er nicht. "Ich bin da pessimistisch, da sich die Industrie so schnell verändert. Die heutigen Opportunitäten werden in wenigen Jahren nicht mehr vorhanden sein", so Alder.

Analysten sehen dem bevorstehenden Showdown zwischen Swisscom und dem Staat mit Sorge entgegen. Denn so bald es daran gehe, denn umfangreichen Forderungskatalog der Swisscom zu konkretisieren, könnten Meinungsverschiedenheiten auftreten, schreibt ZKB-Analyst Serge Rotzer. "Die Unsicherheit bleibt und der unternehmerische Spielraum ist bis auf weiteres eingeschränkt", so Rotzer in Übereinstimmung mit einigen seiner Kollegen.

Hälfte der Schweizer gegen Swisscom-Privatisierung

50 Prozent der Schweizer Bevölkerung wollen, dass die Mehrheit der Swisscom-Aktien weiterhin in Bundesbesitz bleibt. Nur ein knappes Drittel der Schweizer Bevölkerung (32 Prozent) ist für die Privatisierung des Telekom-Konzerns. 18 Prozent gaben keine Antwort.

So sieht das Ergebnis einer Meinungsumfrage aus, die im Auftrag der "Coopzeitung" vom LINK-Institut für Markt- und Sozialforschung (Luzern) durchgeführt wurde. LINK befragte letzte Woche 641 repräsentativ ausgewählte Personen zwischen 15 und 74 Jahren aus der Deutsch- und Westschweiz. (apa)




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