SETI@Home: 10.03.03/19:30
Veröffentlicht am: 22.12.2003 16:14:21

„Nur noch dieser Papierstapel“, seufzt Stefan Wagner still in sich hinein, während er die letzten Unterlagen für die – ach so wichtige – Konferenz am nächsten Tag vorbereitet. Wie schon so oft in den vergangenen Wochen wird er auch heute nicht vor neun Uhr nach Hause kommen.

„Zeit das es endlich Frühjahr wird. Dann wäre es wenigstens noch hell draußen“, geht es Stefan durch den Kopf während er müde und gedankenverloren am Computermonitor vorbei durch das Fenster in die nur durch einige Straßenlichter spärlich erhellte Nacht starrte.

Als der Monitor plötzlich auf den Screensaver umschaltet und die Grafiken des Seti@home erscheinen, wird er aus seinen Gedanken gerissen. „Vom Träumen wird der Papierberg auch nicht kleiner“, versucht er sich noch einmal die nötige Motivation für die letzte Etappe des heutigen Tages zuzusprechen, bevor er mit den Gedanken wieder ganz bei der Arbeit ist.

Seti@home
Auf das Seti@home-Projekt wurde er zuerst durch einen Arbeitskollegen aufmerksam, der diesen seltsamen „Screensaver“ auf seinem Computer laufen hatte. Kurz darauf war auch ein Bericht darüber im Fernsehen, der Stefan endgültig dazu bewegte das kleine Programm downzuloaden und zu installieren. Mittlerweile war seinem Beispiel beinahe die ganze Firma gefolgt. „Wenn ich schon gerade faul bin, kann wenigstens mein Computer was arbeiten“, ist Stefans Standardspruch wenn er darauf angesprochen wird.
Auch an diesem Abend war sein Computer fleißig und konnte unbemerkt von seinem Anwender ein Datenpaket fertig bearbeiten und in die Seti@home-Zentral via Internet zurücksenden.

Dort folgte die weitere Aufbereitung und Auswertung, wobei gerade dieses Paket etwas besonderes zu sein schien. Zwar waren vielversprechende Daten hier nichts neues, diese wurden dann einfach in eine Liste der noch weiter zu untersuchenden Kandidaten mit aufgenommen, dieses spezielle auffällige Signal war aber mit Abstand die am vielversprechendste Auswertung.

5. Mai 2002
Als dann rund zwei Monate später auch von einem anderen Seti-User das selbe Paket mit den gleichen Auffälligkeiten zurück kam, wurden endgültig einige Forscher aufmerksam. Diese wollten nicht auf die planmäßige Untersuchung der interessantesten Kandidaten warten und „erbetteln“ (mit ein wenig Hilfe eines guten Forscherkollegen) Zeit beim Arecibo-Radioteleskop. Dort, wo auch die Originaldaten des SETI-Projekts aufgezeichnet wurden, stehen die Forscher natürlich Schlange, und so dauert es einige Monate bis endlich die SETI-Forscher den Empfänger auf die richtige Frequenz stellen durfte.

12. Jänner 2003
Die Spannung war während den Messungen unter den Forschern beinahe unerträglich, handelte es sich schlussendlich doch mehr um einen Schuss ins Blaue, wenn auch einen gut begründeter. Doch die Zweifel waren zumindest bis zu diesem Punkt unbegründet – ganz im Gegenteil. Die Erwartungen wurden mehr als erfüllt. Trotzdem blieben die Naturwissenschaftler skeptisch, fehlte doch noch die wichtigste Hürde, die Bestätigung durch andere Radio-Teleskope.
Die Forschergruppen in den unterschiedlichsten Ländern waren, durch die ermutigenden Ergebnisse des Arecibo-Teleskops beflügelt, nun viel schneller dazu zu bewegen, ihren normalen Forschungsbetrieb kurzfristig zu unterbrechen. Nach und nach traffen dann in den folgenden Wochen die Ergebnisse der verschiedenen Teams in der SETI-Zentrale ein. Ohne Ausnahme konnten alle Teams die Ergebnisse bestätigen. Damit stand fest, was bis dahin keiner zu glauben gewagt hatte.
Die folgenden Wochen waren mehr geprägt durch die verschiedensten PR-Abteilungen und natürlich Politik, als durch die Forschung.

2. März 2003
Eigentlich waren alle Vorbereitungen für die Veröffentlichung schon im Februar getroffen, aber auch Wissenschaftler haben einen Sinn für Theatralik und so wurde exakt 30 Jahre nach dem Start der Pioneer 10, eine der beiden Sonden die eine Plakette mit den wichtigsten „Eckdaten“ unserer Zivilisation trägt, eine Pressekonferenz angesetzt.
Wie üblich bei solchen großen Neuigkeiten war bereits vorab einiges durchgesickert und so schwankten die Erwartungen der Menschen zwischen einem erneutem „Mars-Desaster“ bis hin zu der Nachricht, dass die kleinen grünen Männchen schon unterwegs zur Erde sind.
Die meisten Medienberichte lagen allerdings mit ihren Vermutungen richtig – und trotzdem – der Satz den der Pressesprecher, umringt von vielen der beteiligten Forscher bedächtig vorlas, änderte die Sichtweise beinahe jedes Menschen auf diesem Planeten. „Vor einigen Monaten wurde ein vom Arecibo-Teleskop aufgezeichnetes Signal, welches durch SETI@home vorausgewertet wurde durch mehrere Teleskope weiter untersucht und es steht nun fest, dass es sich um ein künstliches Signal handelt, das nicht von Menschen erzeugt wurde“.

Jeder weiß wo er zu diesem Zeitpunkt war, ähnlich wie bei anderen globalen Ereignissen, nur das es sich diesmal endlich wieder um eine schöne, oder zumindest tröstliche Nachricht handelt - Wir sind nicht alleine im Universum, jetzt können wir endlich sicher sein.

Keine Angst, Sie haben im letzten Jahr nichts verpasst. Es handelt sich hier um reine Fiktion, wenn auch um eine die so in dieser Art, zumindest wenn es nach den Wissenschaftlern geht die am SET@home-Projekt beteiligt sind, irgendwann in den nächsten Jahren Realität werden soll.

WCM-SETI-Gruppe

Seti@home

Paul Müllner


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