Noch keine Anklage im YLine-Hauptverfahren
Veröffentlicht am: 23.02.2007 10:54:46

Fast sechs Jahre nach spektakulär Pleite gegangenen Wiener Internetfirma YLine lässt sich noch immer nicht abschätzen, wann das Hauptverfahren beginnen wird. Die Staatsanwaltschaft ermittelt nach wie vor wegen Betrugs, Untreue, Bilanzfälschung und Insiderhandel gegen mehrere Verdächtige. Eine Anklage gibt es aber noch nicht.

Derzeit stockt die Aufbereitung der Akten, nachdem Chefankläger Georg Krakow mit der BAWAG-Affäre im Augenblick voll eingedeckt ist, hieß es aus Justizkreisen zur APA.

Welcher Schaden durch die YLine-Pleite im Jahr 2001 entstanden ist, ist noch unklar. Zurück blieben nicht nur deutlich mehr als 22 Mio. Euro Schulden sondern auch die Aktionäre, die mit der Firma ihr Vermögen verloren. Bestätigt sich der Verdacht der Anklage auf Anlagebetrug, würde das bedeuten, dass die gesamte Börsenkapitalisierung als Schadenssumme herangezogen werden müsse, meinte ein Kenner der Materie.

Über zwei Börsegänge hat YLine seinerzeit mehr als 50 Mio. Euro von der Börse lukriert, durch kleinere Kapitalerhöhungen erhöhte sich diese Summe auf über 60 Mio. Euro. An die Börse gekommen war die YLine-Aktie 1999 zu 29 Euro das Stücke. Die meisten Aktionäre haben aber noch viel mehr Geld für eine Beteiligung an dem einstigen Börsestar gezahlt. Ihr Rekordhoch hatte die YLine-Aktie im März 2000 mit 278 Euro erreicht. Kurz vor dem Konkurs 2001 war sie nur noch 60 Cent wert.

Sieben Verfahren laufen noch

Abgesehen vom Insolvenzverfahren gab es 12 Zivilrechtsverfahren rund um die Pleite - fünf endeten mit einem Vergleich, sieben davon laufen noch. Erst am Mittwoch (21. Februar) hatte sich der YLine-Masseverwalter wieder einmal mit der FPÖ beim Handelsgericht Wien getroffen. Die FPÖ hatte YLine einst einen 24 Mio. Schilling (1,74 Mio. Euro) schweren Auftrag für den blauen Webauftritt gegeben. Die Summe sollte über 48 Monatsraten abbezahlt werden. Als YLine Pleite ging, waren noch 1,5 Millionen Euro an Forderungen gegen die FPÖ offen. Ein Vergleich ist laut einem "News"-Bericht gescheitert.

Gestartet hat am Mittwoch auch ein erster Strafprozess - wegen des Vorwurfs der vorsätzlichen Steuerhinterziehung von 300.000 Euro. Die Höchststrafe liegt dafür bei bis zu zwei Jahre Haft. Im Mittelpunkt dieser Anklage steht die YLine-Baukasten-Software ARES, die es laut Krakow nie als gebrauchsfähiges Produkt gegeben hat: "Wenn man eine Rechnung ausstellt über etwas, das es nicht gibt, darf man auch keine Vorsteuer von der Rechnung geltend machen. Das nennt man dann Abgabenhinterziehung", erklärte Staatsanwalt Krakow laut "WirtschaftsBlatt" in seiner Anklage. Die Beschuldigten, Ex-YLine-Chef und Gründer Werner Böhm und zwei weitere frühere Manager, haben die Vorwürfe zurückgewiesen. Der Prozess wurde vertagt.

Aus Justizkreisen hieß es jedoch, dass es sich dabei nur um ein weiteres Nebenverfahren handle. Der Vorwurf auf Abgabenhinterziehung seien von Anfang an getrennt behandelt worden. Im Zentrum der Ermittlungen steht vielmehr ein Gutachten im Auftrag des Masseverwalters, wonach das Unternehmen für übernommene Firmen an Verkäufer im Naheverhältnis von YLine 36 Mio. Euro zu viel gezahlt haben soll - zum Teil durch Ausgabe neuer Aktien, die an der Börse dann versilbert worden sein sollen. Kritik richtete sich im Gutachten auch gegen den seinerzeitigen Aufsichtsratsvorsitzenden, den steirischen Industriellen und früheren FPÖ-Stiftunsgrat Ernst Hofmann. Böhm und Hofmann bestritten die Vorwürfe jedoch. Böhm hat zuletzt seinerseits Klagen gegen den Gutachter angekündigt. In einem Nebenverfahren, in dem es um den Vorwurf der Vollstreckungsvereitelung ging, ist Böhm 2005 rechtskräftig freigesprochen worden.

Böhm zur Rückzahlung bereit

Im Konkursverfahren hat sich Böhm jetzt offenbar selbst zur Rückzahlung von Geldern an die Gläubiger bereit erklärt. Böhm sei einer jener fünf gewesen, der sich im Zivilrechtsstreit durch einen Vergleich mit dem YLine-Masseverwalter geeinigt hätten, berichtete ein Kenner der Materie der APA. Das laufende Strafverfahren gegen Böhm ist davon jedoch unberührt.

Der einstige Internet-Guru, der sich selbst nach der Insolvenz als mittellos deklarierte, habe mit dem Masseverwalter eine Ratenzahlung vereinbart. Wie viel er in Summe zurückzahlt, ist noch nicht bekannt. Masseverwalter Georg Stapf wollte sich auf APA-Anfrage dazu nicht äußern. Er bestätigte nur die fünf Vergleiche und, dass sieben weitere Prozesse noch im Laufen seien. In Summe sei die Masse durch die Vergleiche in der Zwischenzeit auf 6,5 Mio. Euro angewachsen. An den Passiva habe sich nichts geändert.

Zuletzt hatte Stapf die ausständigen Schulden mit 22 Mio. Euro beziffert. Die notwendige Mindestrückzahlungsquote von 20 Prozent ist damit bereits erreicht. Weil der Hauptgläubiger von YLine, der Computerkonzern IBM, angesichts der laufenden Verfahren darauf hoffen kann, dass die Masse noch weiter anwächst, gilt seine Zustimmung zu einem Zwangsausgleich als äußerst unwahrscheinlich.

(apa)


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