Matrox Parhelia 512
Veröffentlicht am: 13.05.2002 23:00:43

Der Grafikartenhersteller Matrox präsentierte nun die Parhelia 512. Zwei der vielen herausragenden Features dieser ersten 512 Bit-GPU, die dank eines 256Bit Speicherinterfaces bis zu 256 MB DDR Speicher ansprechen kann, sind 16x FAA und HDM.

Stille Wasser sind tief. Diese alte Bauernweisheit bestätigt sich immer wieder. Um Matrox wurde es in letzter Zeit immer stiller. Die G550 war nur ein "kleines" Update und die G800 war ohnehin nur ein Produkt der Gerüchteküche. Auf der CeBIT 2002 glänzte man mit Abwesenheit.
Um eine Übernahme, Matrox ist in privater Hand, musste man sich allerdings keine Sorgen machen und Innovationen hat Matrox auch immer wieder geboten. Und so ist es auch. Einer Nebensonne gleich schiebt sich nun eine neue GPU ins Blickfeld.


Astronomisch

Parhelias, sogenannte Nebensonnen, entstehen durch eine doch seltene Anordnung von hexagonalen Eiskristallen, in einem Winkel von 22 Grad zur Sonne, in der Atmosphäre. Ob sich Matrox deswegen für die Bezeichnung "Parhelia 512" entschlossen hat blieb unbeantwortet, beeindruckend sind beide, das optische Phänomen als auch die GPU. Zumindest, wenn man die Eckdaten des Chips sieht und die neuen Technologien die sie mit sich bringt. In der Pressemappe steht natürlich drin, wie toll Parhelia 512 doch ist, doch im Gegensatz zu anderen untermauert Matrox ihren Vorsprung mit Fakten und erklärt die neuen Technologien auch. Dies kann man nicht genug loben, denn in vielen Presseunterlagen stehen zwar schöne Werbeslogans, doch Eckdaten, geschweige denn Hintergründe muss man mühsam recherchieren. Zwar kann man meinen, dass dies Teil des Jobs ist, doch...

512 Bit Architektur
Zunächst leitet dieser Chip eine neue Ära ein. Die Parhelia ist die erste 512 Bit-GPU. Gefertigt wird sie in 0,15µm. Dies ist auch bitter nötig, schließlich tummeln sich auf ihr sage und schreibe 80 Millionen Transistoren. Somit hat man den GeForce4 Ti mit 63 Millionen Tranistoren, der den P4 schon deutlich übertrifft, in dieser Disziplin schon einmal geschlagen. Da wir schon bei der Konkurrenz sind. Matrox sieht Parhelia übrigens nicht als GeForce4-Killer, vielmehr soll die Karte, deren Verfügbarkeit nicht in den Sternen steht, sondern für Juli/August angesetzt ist, in erster Linie für CAD und DCC (Digital Content Creation) sein. Für diese Bereiche wird es neben der 128 MB-DDR-Version auch eine mit 256 MB DDR geben. Nichts desto trotz wird man mit ihr auch vorzüglich aktuelle und kommende Spiele zocken können.
Der Speicher wird über ein 256 Bit breites DDR-Interface, derzeitige GPUs bieten 128 Bit, angesprochen. Die Speicherbandbreite soll somit auch doppelt so hoch sein, also 20 GB/s.



Über genaue Taktraten schweigt man sich noch aus. Man möchte erst testen mit welchen man fahren kann, ob synchron oder doch nicht ist auch noch nicht restlich geklärt und schließlich sind Speicherpreise ja Tagespreise. Somit ist auch die Preisfrage noch nicht geklärt. Man kann allerdings erwarten, dass sich die Taktraten um die 300 MHz drehen und der Preis bei EUR 500,- und darüber liegen wird.

Wert wird sie es allemal sein. Sie bietet doppelt so viele Vertex Shader Einheiten, wobei diese schon die Versionsnummer 2.0 tragen und DirectX 9 kompatibel sind. Der Pixel Shader ist „noch“ 1.3. Dies macht allerdings nicht so viel, da XBOX und GF4 ebenfalls nur über einen Pixel Shader 1.3 bieten und sich Spiele in nächster Zeit, was in diesem Fall gut 2 Jahre bedeutet, auf diesen einschießen werden.
Beim Texturing kann man ebenfalls mehr bieten. Die Parhelia ist die erste GPU, die Single-Pass-Quad-Texturing mit einem Durchsatz von vier Pixel pro Takt ermöglicht. Einen Überblick der Features und Eckdaten können sie sich in der Tabelle holen.
Kommen wir nun also zu einem dieser überragenden Features.

HDM
Um Charaktere und Landschaften realistischer zu gestalten benötigt man mehr Details. Hierzu benötigt man extrem viele Polygone was aufgrund der Flaschenhälse AGP und Speicherbandbreite, sowie Rechenleistung nur sehr schwer realisierbar ist.
Deswegen suchen Grafikkarten-Entwickler unentwegt nach Lösungen. Tesselation, also das nachträgliche hinzufügen von Dreiecken spart eine Menge an zu übertragenden Daten und N-Patches machen die Objekte deutlich runder und somit auch „echter“ Hardware Displacement Mapping geht einen Schritt weiter. Die „Displacement Map“ fügt zusätzlich noch echte (!) Höheninformationen hinzu. Diese sind eigentlich nur 2D Bitmaps was viele Vorteile mit sich bringt. Es ist klein, verschwendet also keine Bandbreite, und es können z.B. echte Landschaften, die zumeist aus Photografien aus Flugzeugen oder Satelliten gemacht wurden, verwendet werden. Ideal für Flugsimulatoren.
Im Gegensatz zu Bump Mapping generiert Displacement Mapping nicht nur den "Anschein" von Tiefe sondern generiert diese wirklich.
HDM bietet bei Charaktere noch eine zusätzliche, recht praktische Möglichkeit. Durch Verwendung von unterschiedlichen Displacement Maps kann man aus ein und demselben Polygonmodell, unterschiedliche Endergebnisse kreieren. Somit müssen Objekte und Charaktere nicht immer gleich aussehen. Spiele werden so wesentlich abwechslungsreicher.
Um Rechenpower zu sparen wird hierbei natürlich auch LOD (Level of Detail) angewandt. Hierbei weisen Objekte die dem Betrachter näher liegen mehr Details auf, als weiter entfernte. Dies ist wohlgemerkt nun die erste hardwaremäßige Unterstützung! Leider wird HDM erst von DirectX 9 unterstützt und bis Spieler etwas davon sehen wird es noch sehr lange dauern.



FAA
Etwas von dem Spieler und 3D-Profis sofort profitieren können ist 16x Fragment Antialiasing. 16fach? - Unmöglich! 16faches Supersampling sprengt natürlich auch die Fähigkeiten der Parhelia. Matrox hat allerdings einen Weg gefunden, der 16x Supersampling Qualität bietet. Zur Erklärung. Bei 2fachem Supersampling wird das Bild in der doppelten Auflösung berechnet und an den Farbübergängen dann der Mischwert der Farbe gebildet. Somit werden die unschönen "Ecken" abgeschwächt und das Bild wirkt glatter und nicht so "pixelig".
Die Lösung 16xFAA ist einfach genial, wobei man sich fragt warum man dies nicht gleich so gemacht hat. Supersampling ist eigentlich totaler Overkill und vom Leistungs/Qualitäts-Verhältnis her gesehen alles andere als effektiv. Leistungsstarke GPUs wie eine GeForce4 Ti 4600 können es sich erlauben Geschwindigkeit zu verbraten um diese in Antialiasing zu stecken, doch ist dies auch sinnvoll? Eher nicht.
In einem Bild betragen die fragmentierten Pixel, also Pixel die nur teilweise verdeckt sind und die Wurzel der hässlichen Ecken sind, da hier zumeist ein deutlicher Farbunterschied besteht, nur rund 5 bis 10 Prozent. Wegen 10 Prozent also soviel aufleben. Bei 16x Fragment Antialiasing wird ermittelt wo sich diese Pixel befinden und dann werden auch nur diese zur Berechnung herangezogen. Hierzu werden sie in einen eigenen Fragment Buffer geladen.

Wie der Algorithmus funktioniert und nach welcher Methode die fragmentierten Pixel gefunden werden, wurde nicht verraten. -Klar, ist es doch genau der Knackpunkt und das Geheimnis des Antialiasing-Erfolgs. Man kann nur Mutmaßen. Möglich wäre dies bei der Z-Prüfung. Hier wird kontrolliert ob ein Pixel verdeckt ist oder nicht.
Doch dies ist nur Spekulation, klar ist allerdings, dass dies deutlich weniger Daten sind. Somit kann man es sich nun auch leisten diese mit 16facher Genauigkeit (4x4 Sub-Pixel) zu untersuchen und die Farben zuweisen. Das Ergebnis ist derzeit das beste und so schön wie das Phänomen der Nebensonne.

Performance kostet 16xFAA schon, doch fällt der Einbruch der Framerate bei weiten nicht so stark aus und es wird voraussichtlich auch mehrere Stufen in den Treibern geben. Diese sollen schon sehr weit fortgeschritten sein. Funktionieren soll schon alles und so geht es jetzt vor allem ums optimieren.



Glyph
Geglättet wird auch die Schrift. Die Bezeichnung für diese Technologie lautet Glyph Antialiasing. Text sieht auf Monitoren meist etwas pixelig aus. Betriebssysteme wie Windows 2000/XP bieten immerhin softwaremäßig AA, die Parheilia 512 nun hardwaremäßig. Wichtig ist in diesem Zusammenhang nicht nur die Kantenglättung sondern auch die richtige Gammakorrektur. CRTs, also Röhrenmonitore, weisen kein lineares Verhältnis zwischen Signal-Eingangsspannung und Helligkeit auf. Wird dem nicht entgegengesteuert so erscheinen Zeichen in Verbindung mit Farbe unschärfer und der Helligkeitswert stimmt nicht. Die Karte wirkt dem entgegen bzw. man kann es an die jeweiligen Umstände anpassen.



Dies ist allerdings sehr theoretischer Natur, da kaum jemand die Möglichkeit hat, Farben und Gammawerte so exakt einzustellen, dass es so aussieht wie es auch gedacht ist. Zumal man auch nicht die subjektive Farbwahrnehmung vergessen darf. Ebenso verhält es sich bei 10-bit GigaColor Technology. Die Parhelia liefert 10 Bit pro Farbe, anstatt der gängigen 8 Bit pro Farbe. Der neue 10 Bit DAC ermöglicht somit 1 Milliarde unterschiedliche Farben auf einmal auf dem Bildschirm darzustellen. Bedarf besteht immer nach etwas Besserem und bei Farbübergängen macht es sich schon bezahlt, doch da hier ebenfalls wieder Monitor und Mensch zwei weitere Faktoren sind, kann man auch hier sagen: Gut, dass die GPU es kann, aber...

Damit die kantengeglätteten und mit sanft verlaufenden Farbübergängen versehenen Bilder auch am Monitor zumindest einmal in einer gewissen Qualität ankommen, ist ein sauberes Signal mit steilen Flanken gefragt.

Steil
In Punkto Bildqualität hat sich Matrox einen Namen gemacht und diesen versucht man auch zu Pflegen. Anstatt mit Werbe-blabla zu prahlen, dass man hier der King ist, legt man ein handfestes Testprotokoll bei. Dieses umfasst mehrere Tests und zeigt nüchtern was man der Konkurrenz voraus hat. Hier ein kleiner Auszug.

Ideal wäre ein Rechteck-Signal mit unendlich steilen Flanken und ohne Rauschen. Dies wird wohl nie erreicht und auch das Signal kann auch nur angenähert werden. Matrox hat bei der neuen Karte noch mehr Aufwand als sonst betrieben und ihr einen Filter der 5ten Ordnung verpasst. Dies schlägt sich natürlich im Preis etwas nieder, da Bauteile kosten, aber auch positiv in der Signalqualität. Im Vergleich sieht man eindeutig, dass die Parhelia der Idealform am Nähesten kommt. Etwas überraschend ist die Tatsache, dass die Radeon zwar die schnellste Rise-Time aufweist, allerdings auch deutlich überschwingt, was tunlichst vermieden werden sollte, da es so zu "Geisterbildern" kommen kann.
Zu beachten wäre noch, dass dies hier der primäre Ausgang ist und der Sekundäre immer etwas schlechter ist. Hier setzt sich die Parhelia 512 von den anderen wie ein Porsche von einem Golf ab.



Apropos mehrere Ausgänge. Die neue Karte wird Unterstützung für bis zu drei Monitore bieten. DualHead High Fidelity ermöglicht nicht nur einen enorm großen Desktop auch manche Spiele unterstützen das sogenannte "Surround Gaming". Angeführt werden Microsofts Flight Simulator 2002 sowie Quake III und alle die auf dieser Engine basieren. Wer also auf der nächsten LAN Aufmerksamkeit erregen möchte, braucht sein Gehäuse nicht zu modden, sondern muss mit drei Monitoren und einer Matrox Parhelia 512 aufkreuzen. Natürlich werden auch alle gewohnten und geschätzten DualHead-Modi geboten. Die beiden 10 Bit RAMDACs arbeiten nun mit 400 MHz und sorgen für eine Auflösung von bis zu 2048x1536@32bit an jedem Ausgang.



Auf den TV-Out hat man bei allen Neuerungen doch nicht vergessen. DVD-Beschleunigung sowie ein erweitertes Video-Filtering und -Scaling und das von Matrox entwickelte DVDMax mit unabhängigen Proc-Amp-Steuerungen, bei Overlays sind wieder mit von der Partie.
Gut Ding braucht eben Weile und hier hat sich das Warten ausgezahlt, obwohl es noch etwas dauern wird, bis die Karte in den Handel kommt. Die ersten Händler werden diese schon im Juli/August anbieten können.

Wieder einmal können Matrox-Techniker mit geschwellter Brust behaupten Meilensteine in der Grafiktechnologie gesetzt zu haben.

Matrox

Robert Wanderer


Gedruckt von WCM (http://www.wcm.at/contentteller.php/news_story/matrox_parhelia_512.html)