Final Fantasy X
Veröffentlicht am: 11.05.2002 20:06:56

Wir haben Squaresofts Jubiläums-Sequel einem ausgiebigen Test unterzogen...

Wenn ein Spiel mit der PlayStation verbunden wird, so ist das Final Fantasy, das neben Gran Turismo eines der Flaggschiffe dieses Systems ist und daher auch exklusiv dafür entwickelt wird. Doch wie schafft es ein Konsolenspiel, in dem man Runde für Runde mit dem Schwert oder Zaubersprüchen Monster zur Schnecke macht, über zehn Teile hinweg, anstatt langweilig zu werden, seine Fangemeinde stetig zu vergrößern und sogar als eines der ersten Computerspiele überhaupt als Vorlage für einen Kinofilm herangezogen zu werden („The spirit within“ benützte als erster Film ausschließlich Avatare (digitale Charaktere) anstelle von Schauspielern)? Vielleicht kann unser Test zu FFX diese Frage beantworten...



Die Grafik ist zwar nicht unbedingt das Wichtigste an einem Spiel, aber natürlich mit ein Qualitätsmerkmal und vor allem jenes, das man als erstes zu Gesicht bekommt. Hier gab es bei Final Fantasy selten etwas wirklich zu bemängeln und der zehnte Teil bildet hier ebenfalls keine Ausnahme – im Gegenteil, er zeigt, was zur Zeit auf der PS2 möglich ist. Das liegt zu einem guten Teil auch daran, dass diesmal Wasser eine ganz entscheidende Rolle spielt und man bei Squaresoft offensichtlich viel Zeit darauf verwendet hat, dieses Element für allerlei grafische Effekte zu nutzen, die besonders dann beeindruckend sind, wenn „Sin“ in’s Spiel kommt, eine mächtige Wasserkugel, die den Helden Tidus (der Name kann jedoch beliebig geändert werden) von einem Schauplatz zum anderen befördert – doch dazu später mehr, wenn wir uns mit der Story befassen...



Natürlich sind auch die Zwischensequenzen wieder sehr gelungen und erinnern teilweise sogar an den Film, allerdings finde ich sie von der Atmosphäre her nicht ganz so gut wie im Vorgänger, grafisch jedoch sind sie einwandfrei. Wesentlich besser und ein deutlicher grafischer Fortschritt ist dafür die Ingame-Grafik, also die Darstellung während des aktiven Spielens. Zwar wirken die Bewegungen der Charaktere immer noch etwas hölzern, aber der Übergang zu den Kampfsequenzen ist nun – im Gegensatz zu den Vorgängern – fast unmerklich. Lediglich die übliche kurze Bildverzerrung weist den Spieler darauf hin, dass jetzt in den Kampfmodus gewechselt wird. Dadurch bleibt man stets in der Story und vermeidet das Zerstückeln des Spiels in Erkundung, Zwischensequenzen und Kampfhandlungen – eine ausgesprochen positive Entwicklung. Insgesamt ist die Grafik in FFX also state-of-the-art und dazu trägt sicherlich auch bei, dass man (hoffentlich) endlich einen guten Kompromiss für die Darstellung der Charaktere gefunden hat. Gerade hier hat es ja schon einige Versuche gegeben, vom comichaften Erscheinungsbild zu einem „erwachsenen“ Aus- sehen zu gelangen, dann wiederum der Schritt zurück zu den kindlicheren Protagonisten und nicht zuletzt blieb auch das alte japanische Dilemma des jugendlichen Helden mit japanischem Geist, aber westlichem Aussehen. Auch hier ist es Squaresoft offensichtlich gelungen, eine für alle zufriedenstellende Lösung zu finden, den der jugendliche Held passt ausnahmsweise vom Alter her zur Story und auch sonst findet man nur wenig typisch japanische Elemente, die uns Europäern nur ein Kopfschütteln oder mildes Lächeln entlocken können.



Die Story war in der FF-Serie schon immer mehr als ein bloßer Rahmen für die unzähligen Kampfhandlungen und das ist diesmal nicht anders, doch auch hier hat man im Jubiläumsteil neue Wege beschritten und so hat man es nicht mit einem interaktiven Entwicklungsroman spätpubertierender Superhelden zu tun, sondern begleitet einen jungen Sportstar auf seiner Odyssee durch Zeit und Raum. Na gut, irgendwie erinnert es doch wieder an einen Entwicklungsroman, aber immerhin ist diesmal alles wesentlich stimmiger als sonst. Held Tidus ist nämlich ein Star unter den Ballspielern in seiner Heimat Zanarkand, wobei dieses Ballspiel sinnigerweise jene der beiden teilnehmenden Mannschaften ge- winnt, die mehr Tore erzielt. Hauptunterschied zu den gängigen Ballspielen unserer Zivilisation ist dabei, dass es innerhalb einer großen Wasserkugel gespielt wird und wer sich dafür interessiert, bekommt natürlich auch Gelegenheit, es mehr oder weniger selbst auszuprobieren, denn wie immer gibt es auch im jüngsten FF-Teil neben einigen Nebenquests die Spiele im Spiel, diesmal eben das „Blitzball“ genannte Ballspiel sowie ein wenig spektakuläres Chocobo-Rennen und eine Monsterhatz. Übrigens kann man sein Blitzball-Team im Laufe des Spiels verbessern, indem man einerseits unterwegs neue Spieler einkauft und andererseits die verbliebenen Erfahrungspunkte sammeln lässt, wodurch sie auch besondere Bewegungs- und Schusstechniken erlernen können und man so vielleicht sogar die Meisterschaft gewinnt. Als Belohnung winken in diesen Mini-Spielchen seltene Gegenstände oder andere Boni, doch widmen wir uns lieber wieder der Hauptstory.



Während unser junger Ballkünstler also gerade während einer heißen Matchphase von seinen Fans bejubelt wird, tritt erstmals der entscheidende Ball in das Spiel, nämlich Groß-Wasserball Sin! Er überflutet Tidus’ Heimat und der junge Held kann nur knapp entkommen, indem er zusammen mit Schwertmeister Auron (einer von sechs Helden, die Tidus insgesamt während der Kämpfe zur Seite stehen) die ersten Monster zu Kleinholz macht. Und wie wird ein Ballkünstler plötzlich zum Schwertkünstler? Er wird es wohl von seinem Vater, einem alten Weggefährten Aurons, gelernt haben. (Außerdem hätte er sonst wohl kaum die Rolle in FFX bekommen...)



Wie dem auch sei, jedenfalls wird Tidus letztendlich vom großen Wasserball Sin verschluckt und an einer anderen Stelle wieder ausge... – in das Spielgeschehen integriert, und das des öfteren, nämlich zwischen den jeweiligen Spielabschnitten. Diese führen nicht nur in diverse unterschiedliche und grafisch abwechslungsreiche Welten, sondern stellen unseren Helden unter anderem zusätzlich vor das Problem, sich plötzlich eintausend Jahre in der Zukunft zu befinden. Glücklicherweise gibt es aber auch dort genügend Monster, um Erfahrungspunkte sowie neue Fertigkeiten und Zauber sammeln zu können, und so kann man sich entspannt und zugleich neugierig, was wohl als nächstes kommt, auf die lange Reise machen, die zum Ende dieses epischen Abenteuers führt...



Wie bereits erwähnt gehen Storyline und Kämpfe fast nahtlos ineinander über und das ist insofern gut, als man so eben nicht durch die vielen Kämpfe immer aus der Geschichte herausgerissen wird und so ein wirklich rundes Abenteuer durchspielen kann. Allerdings ist mit diesem Gamedesign auch eine Einschränkung verbunden, denn damit diese Kontinuität aufrecht erhalten werden kann, ist es recht linear ausgefallen und manche Spieler werden vielleicht die Weitläufigkeit der Maps vermissen, gerade für Einsteiger wurde das Spiel jedoch zumindest in dieser Hinsicht ideal umgesetzt. In einer kleinen Übersichtskarte zeigt nämlich ein roter Pfeil stets an, wohin man gehen muss, um in der Story weiterzukommen, zusätzlich sind aber auch alle anderen Wegmöglichkeiten blau dargestellt. Man kann also zuerst den Abzweigungen folgen, wo man meistens auf nützliche Gegenstände stößt, und sich dann wieder dem nächsten Ziel widmen. Allerdings sollte man wirklich alle Abzweigungen durchforsten, denn neben den Goodies gibt es auch Lexika zu finden, die notwendig sind, um die Al Bhed-Sprache zu erlernen und mit fremden Charakteren kommunizieren zu können. Und nicht zuletzt wurden auch die Speicherpunkte wieder sehr gut gewählt, denn wenngleich man nicht allzu leicht stirbt, kann es doch vorkommen und dann muss man nicht wieder eine halbe Stunde durch das Level marschieren, um zu seinem letzten Standort zurückzukehren...

So einfach man sich also durch die schier endlose Geschichte (ca. 70 Spielstunden reine Story, mehr mit allen Nebenquests etc.!!!) bewegen kann, so simpel gehen auch die zahlreichen Kämpfe vor sich, ohne dabei jedoch taktische Tiefe vermissen zu lassen.



Obwohl die Möglichkeiten während eines Kampfes für Einsteiger auf den ersten Blick etwas verwirrend sein können, ist der Aufbau doch so simpel, dass jeder schnell damit klarkommen sollte. Ein bis drei Helden kämpfen abwechselnd gegen mehrere Monster und/oder einen sogenannten Boss (sehr starker Feind am Ende eines Abschnitts), wobei normale Waffen oder magische Sprüche zur Verfügung stehen. Kleine Infofenster zeigen dabei die Reihenfolge an, in der Helden und Monster ihre Angriffe starten, sowie Gesundheitsstatus, verfügbare Magiepunkte etc.. Ist man mit einem Charakter an der Reihe, wählt man die Art der Attacke (Waffe oder Magie), wobei hier je nach Erfahrungslevel und verfügbaren Punkten auch spezielle und besonders starke Angriffe möglich sind.

Man kann statt zu kämpfen aber auch andere Dinge tun, wie z.B. geschwächte Charaktere heilen, auch das hängt natürlich von den verbliebenen Punkten und den vorhandenen Items ab. Und nicht zuletzt gibt es auch noch die sogenannten Aeonen, starke Wesen, die man zur Unterstützung herbeirufen kann und die natürlich ebenfalls besondere Eigenschaften und Stärken aufweisen. Einige von ihnen werden Fans noch aus den Vorgängerversionen kennen, andere sind neu hinzugekommen.



Dieses einfach strukturierte System beinhaltet dennoch taktische Feinheiten, die aus den unterschiedlichen Fähigkeiten der einzelnen Charaktere sowie der Zugreihenfolge resultieren. Es wird einem also auch beim Kämpfen nicht langweilig, zumal es auch hier nicht an grafischen Effekten mangelt, wo oft allein das Zusehen schon ein Genuss ist.

Um den stetig stärker werdenden Feinden gewachsen zu sein, muss man also Erfahrungspunkte bzw. Spheren sammeln. Diese erhält man nach erfolgreich absolvierten Kämpfen oder findet eben Gegenstände, welche die Charaktereigenschaften verbessern, indem sie Stärke oder Gesundheit erhöhen und so weiter.

Will man nun die Eigenschaften eines Charakters verbessern, wechselt man mit ihm auf das sogenannte Sphereboard, eine Art Spielbrett, auf dem sich durch Wege verbundene Punkte befinden, die man freischalten muss, indem man den Helden dorthin bewegt. Je nach Punkt kann man so eine Eigenschaft verbessern oder neue Fähigkeiten erlernen, sofern man die Bedingungen dafür erfüllt (Charakterlevel, richtiger Sphere etc.). Dieses System ist neu bei FF und zu Beginn auch etwas verwirrend, doch man kommt schnell dahinter, wenngleich die Sinnhaftigkeit dieser Neuerung nicht wirklich ganz klar ist. Zum sehr guten Gesamteindruck des Spiels passt auch der Sound, der jetzt optional sogar in Dolby Surround aus den Lautsprechern kommt und die unterschiedlichen Situationen stimmig untermalt, ohne aufdringlich zu wirken. Neu hinzugekommen ist in FF X auch die Sprachausgabe, die man ebenfalls als gelungen bewerten kann, wenngleich die Übersetzungen nicht immer dem Sinn des Originals entsprechen.

Mit der Jubiläumsausgabe von Final Fantasy haben Squaresoft wieder ein wahres Meisterwerk vollbracht, das jeden Cent des Kaufpreises wert ist. Das betrifft sowohl die Spieldauer als auch die grafische Gestaltung und nicht zuletzt die Ausgewogenheit des Spiels, bei der weder Cut-Szenen zu lang geraten sind oder Kämpfe zu häufig vorkommen. Und Dank des guten Gameplays können nun sowohl Neulinge als auch gestandene FF-Fans wieder in ein spannendes Abenteuer versinken.


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