E-Government in Österreich erst "in der Startphase"
Veröffentlicht am: 02.10.2006 10:10:17

Technologisch scheint Österreich bei der elektronischen Verwaltung - dem so genannten E-Government - auf gutem Weg. Was die Verfügbarkeit der Angebote betrifft, wurde laut einer Studie der Management- und IT-Beratung Capgemini sogar der Europameister-Titel in dieser Disziplin errungen. Beim Bürger scheint das aber noch nicht angekommen zu sein: Daher wird der Schwerpunkt künftig auf Akzeptanz, Nutzung und Wirkung von E-Government-Diensten liegen müssen, um der digitalen Verwaltung in Österreich zum Durchbruch zu verhelfen, waren sich Experten beim jüngsten Event der APA-E-Business-Community in Wien einig.

"Zwar ist das Angebot an E-Government-Services Europaklasse, bei der Nutzung durch Bürger und Wirtschaft liegen aber andere Länder - etwa Skandinavien - vor Österreich", erklärte Robert Kernstock von Capgemini Österreich. Neben technologischen seien dafür vermutlich kulturelle Aspekte, wie etwa Vertrauen in die Verwaltung oder Sicherheitsbedenken, verantwortlich.

Bei der E-Government-Studie, die von Capgemini im Auftrag der Europäischen Kommission erstellt wurde, habe Österreich erstmalig die führende Position in den beiden untersuchten Bereichen Online-Verfügbarkeit und vollständige Transaktionsfähigkeit erreicht. Die Auswahl der untersuchten Internet-basierten E-Government-Dienste sei aber "von der EU durchaus gezielt auf einen Ausbau dieser Services - also das was man umgesetzt haben möchte - hin zugeschnitten worden", bestätigte Kernstock eine oft geäußerte Vermutung. "Es ist der EU-Kommission bewusst, dass - nachdem die Verfügbarkeit des Angebots ein hohes Niveau erreicht hat - nun die Nutzung und Akzeptanz durch Bürger und Wirtschaft verbessert werden muss", ist der Experte überzeugt.

Marketing wird künftig massiv verstärkt

Handlungsbedarf sieht auch Roland Ledinger, Geschäftsführer der "Plattform Digitales Österreich" und Leiter des Bereichs IKT im Bundeskanzleramt: "Es liegt noch ein ganz großes Stück Arbeit vor uns, das ist klar. Wir müssen die Verwaltung schulen, das Thema über Marketingaktivitäten in die Öffentlichkeit tragen und rechtliche Adaptierungen vornehmen." Auch Online-Banking habe sich erst nach längerer Zeit durchgesetzt. Um das Produkt E-Government dem Bürger näher zu bringen, seien in nächster Zeit "massive Anstrengungen notwendig".

"Es geht jetzt darum, unsere hervorragende Position in die nächste Phase zu führen - nämlich in die Phase einer breiten Nutzung, um so weiterhin die Spitzenposition Österreichs sicher zu stellen", erklärte Ledinger. In E-Government sei hierzulande sehr gezielt investiert worden: "Es gibt kein zentrales Budget dafür und keine zusätzlichen Mittel aus irgendwelchen Quellen. Also müssen geplante Einsparungen tatsächlich erreicht werden", so der Vertreter des Bundeskanzleramts. Zentrale Ressourcen würden nur dazu führen, dass "Geld ausgegeben und nicht gemessen wird, was damit passiert". Durch die Einführung des Elektronischen Akts (ELAK) könnten die Ministerien hingegen rund sieben Mio. Euro pro Jahr sparen.

Nachholbedarf bei Ländern und Gemeinden

"Das E-Government Österreich-Haus hat eine solide Architektur und ein solides Fundament. Vieles ist schon gebaut und eingerichtet, manches muss aber noch bewohnt und benutzt werden", ist Klaus Gschwendtner, Vorstandssprecher der E-Government Experts-Group des Fachverbandes für Unternehmensberatung und Informationstechnologie (UBIT) in der WKÖ überzeugt. Motivation und Engagement seien ganz besonders auf Bundesebene spürbar. Länder, Bezirke und Gemeinden müssten noch mental und fachlich trainiert werden, um die Umsetzung weiter voran zu treiben. "Die Kooperation der öffentlichen Verwaltung mit den innovativen Kräften der Wirtschaft ist der zentrale Erfolgsfaktor, um weitere Anwendungen mit hoher Besucherfrequenz umzusetzen", so Gschwendtner. Profitieren würden davon auch die IT- und Multimedia-Unternehmen.

Die führende Position Österreichs in Bereichen des E-Government sei zwar eine Auszeichnung, aber kein Ruhekissen, befand Markus Breyer von Microsoft Österreich: "Denn auch in Österreich ist E-Government nach wie vor in der Startphase." Von besonderer Bedeutung sei künftig auch die Erschließung neuer Themen, wie E-Democracy, oder neuer Zielgruppen, etwa mit Anwendungen über Digital-TV. "Die Akzeptanz und Nutzung von E-Government-Diensten zeigt, dass noch viel für die IT-Branche, die Wirtschaft und die öffentlichen Entscheidungsträger zu tun ist, um jede einzelne Bürgerin und jeden Bürger für E-Government zu gewinnen", sagte Breyer.

Einfacher Einstieg über zentrale Plattform

Von Vorteil wäre eine "prominent vermarktbare Plattform mit einheitlicher Bedienung für alle Services", meint Alexander Szlezak, Geschäftsführer von Gentics. Im Optimalfall würde der Bürger auf sein Lieblingsportal - etwa "help.gv.at" - surfen und von dort aus die Services aller Behörden nutzen. "Dadurch ist eine einfache Bedienung sichergestellt. Den User interessiert es schließlich nicht, welches Amt für welches Anliegen zuständig ist", so Szlezak. Ziel müsse ein One-Stop-Shop im Internet sein, denn "jeder Klick mehr kostet Akzeptanz".

Die Technologie sei mittlerweile weitgehend ausgereift, die Zahl der zur Verfügung gestellten Anwendungen steige ständig und dadurch sei E-Government bereits jetzt kinderleicht und vorteilhaft für alle Beteiligten, erklärte Georg Schmidt, Geschäftsführer von IT Solution. Der mentale Zugang des Durchschnittsösterreichers würde dem allerdings noch deutlich hinterherhinken. "Leider, denn Österreich als Vorreiter in Sachen Verwaltung - hierzulande wurde schließlich die Stempelmarke erfunden - ist derzeit einer der größten Wachstumstreiber der österreichischen IT-Wirtschaft", stellte Schmidt fest.

"Die Herausforderung ist, dass wir mit den selben Ressourcen künftig mehr machen müssen", umriss Rudolf Enz von Hewlett-Packard die Aufgabenstellung. Außerdem sei Innovationskultur für die Weiterentwicklung Österreichs nötig, habe aber schlechte Chancen, wenn sie nicht "Top down" gelebt wird. "Online einen Termin mit dem Amt zu vereinbaren, ist in der Konzeptionsphase. Und was spricht dagegen, dass der Beamte künftig auch zum Bürger nach Hause kommt oder E-Government-Dienste über den Fernseher angeboten werden?", wagte Roland Ledinger, Geschäftsführer der "Plattform Digitales Österreich", abschließend einen Blick in die Zukunft.

(apa)


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