Breite Mehrheit beschließt EU-Datenspeicherung Veröffentlicht am: 15.12.2005 10:11:19 Die umstrittene Richtlinie für die verpflichtende Speicherung von Telekom- und Internet-Verbindungsdaten zur Verbrechens- und Terrorbekämpfung ist endgültig beschlossen. Das Europaparlament billigte das mit den EU-Justizministern zuvor ausgehandelte Paket am Mittwoch mit einer breiten Mehrheit von 378 Stimmen. 197 Parlamentarier votierten dagegen.
Der Kompromiss sieht eine Frist zwischen sechs Monaten und zwei Jahren für die Datenspeicherung vor, die EU-Staaten entscheiden innerhalb dieser Bandbreite eigenständig. Erfolglose Verbindungsversuche müssen nicht gespeichert werden, außer es ist schon jetzt der Fall. Internetdaten müssen künftig gespeichert werden, sowohl Zugangsdaten, als auch Daten über E-Mails und Internet-Telefonie, nicht jedoch Internet-Chats. Inhalte von Mails, Chats und Telefongesprächen werden in keinem Fall aufgezeichnet, nur wer mit wem telefoniert oder wer an wen gesendet hat. Die Richtlinie soll für "schwere Verbrechen" gelten, wobei die Definition, was solche sind, den Mitgliedstaaten obliegt. Über Kostenersatz für die Telekom- und Internetfirmen steht nichts mehr in dem Vorschlag. Ein Zusatz stellt klar, dass Länder, die einen solche Entschädigungen gewähren - wie Österreich - dies weiter tun können. Minimalkompromiss Das Votum der EU-Abgeordneten folgt einem Minimalkompromiss, den EU-Justizminister Anfang Dezember in Brüssel erzielt hatten. Die Zustimmung des Europaparlaments wurde möglich, nachdem sich die großen Fraktionen - Konservative und Sozialdemokraten - im Vorfeld mit den Justizministern auf das Paket geeinigt hatten. Der für das Dossier zuständige EU-Abgeordnete, der deutsche Liberale Alexander Alvaro, übte heftige Kritik an diesem Vorgehen und zog aus Protest seinen Bericht zurück. "Ich kann mit meinem Namen nicht mehr für diesen Bericht stehen." "Im Kampf gegen den Terrorismus bekommen die Ermittlungsbehörden in Europa ein wirksames Mittel zur Hand", lobte dagegen der deutsche CDU-Europaabgeordnete Herbert Reul den Kompromiss. Als "Scheinlösung" kritisierte die grüne EU-Abgeordnete Eva Lichtenberger das beschlossene Paket. "Das wird weder helfen den Terrorismus zu bekämpfen, noch die Bürgerrechte angemessen schützen." Alle "großen Brocken" der Umsetzung blieben den Mitgliedstaaten vorbehalten. "Manche Nationalstaaten werden den Rückenwind aus Europa benützen, um das gegen ihre Bevölkerung und ihre Parlamente durchzusetzen. Das ist nicht nur ein schlechter Kompromiss, sondern führt auch zu völliger Rechtsunsicherheit." Außerdem werde es wegen der fehlenden Kostenerstattung zu einer Marktbereinigung unter den Providern kommen. Das Justizministerium in Wien müsse nunmehr genau darlegen, wie die Richtlinie in Österreich umgesetzt werde, sagte Lichtenberger. Keine ausreichende Rechtsgrundlage Irland sieht für die EU-Richtlinie keine ausreichende Rechtsgrundlage und will den EU-Gerichtshof anrufen. Dagegen will Polen an einer 15-jährigen Speicherfrist für die Telekommunikationsdaten festhalten. In Österreich wurden Telefondaten bisher nur zu Verrechnungszwecken für sechs Monate - die Einspruchsfrist für Rechnungen - gespeichert. Eine Abfrage dieser Daten war bisher und wird auch künftig nur auf Gerichtsauftrag wegen eines Verbrechens, auf das mindestens ein Jahr Freiheitsstrafe steht, möglich sein. Die Kosten für die Rufdatenerfassung muss in Österreich das Justizministerium übernehmen: 2004 waren das rund 6,4 Millionen Euro, im Jahr davor etwa 5,8 Millionen. (apa) |