ATI öffnet ein neues Kapitel
Veröffentlicht am: 04.05.2004 14:08:56

Im aktuellen WCM 211 wird getitelt: NVIDIA strikes again. Doch der Ruhm hielt nicht lange an, denn ATI strikes back und der neue Sprössling ist mehr als konkurrenzfähig.

Der R420, so der Codename der neuen GPU, ist sogar ein bisschen schneller wenn man den Benchmarks von ATI Glauben schenkt als NVIDIAs NV40. Präsentiert wurden zunächst einmal zwei Karten die auf dem neuen Chip basieren. Die Radeon X800 Pro und die schnellere Radeon X800 XT.

Letztere wurde mit 500 MHz angepeilt, doch als man die Leistungsfähigkeit der NV40 sah und der Yield (Chipausbeute pro Wafer) der neuen GPU für ATI gut genug war, setzte man für die neue Top-Karte einen GPU-Takt von 520 MHz fest. Die Pro-Variante wird mit 475 MHz getaktet. Die Karten werden beide mit 256 MB GDDR3-Speicher, welcher über ein 256 bit breites Speicherinterface angesprochen wird, ausgestattet. Bei der Pro sind es 900 MHz und bei der XT satte 1,12 GHz Speichertakt. Zudem unterscheiden sich die beiden in der Anzahl der Pixel-Pipelines.



Bei der X800 XT hat man im Vergleich zur Vorgängerkarte, der Radeon 9800 XT, die Pipelines auf 16 verdoppelt und die Vertex Shader Pipelines auf 6 erhöht. Diese haben laut Datenblatt einen Output von über 750 Millionen Vertices pro Sekunde. Die Pro-Variante lässt 12 Pipes arbeiten. Gefertigt wird übrigens in 13µm-low-k-Technologie.

ATI ist im Gegensatz zu NVIDIA etwas sparsamer und so kommt der R420 auch mit 160 Millionen Transistoren aus, wodurch die Leistungsaufnahme auch geringer ist. Die X800 XT verbratet rund 75 Watt. Die kleinere Pro liegt darunter und somit hofft ATI bei der kommenden PCI-Express-Version auf den zusätzlichen Stromstecker verzichten zu können. Laut Spezifikation sollte PCI-Express dies liefern können, allerdings muss man hier abwarten ob sich auch die Motherboard-Hersteller daran halten. Die X800-Karten benötigen übrigens wieder nur einen Slot anstatt zwei wie NVIDIA.

Bei der Shader-Architektur hat man nicht sonderlich viel verändert. NVIDIA hat hier deutlich mehr Arbeit hineingesteckt und erwähnt in jedem zweiten Satz Shader 3.0. Eltern sind ja immer stolz auf ihre Kinder… Nach ATIs Meinung dauert es noch sehr lange bis Shader Model 3.0-Effekte in Spielen eingesetzt werden. Dies kann, muss aber nicht sein, denn auch wenn einige Features wie eine höhere Präzision nicht genutzt werden, so bringt Shader Model 3.0 doch Vorteile mit. So soll umgewandelter Shader 2.0-Code schneller ausgeführt werden können. Beim Dynamic Branching, also der dynamischen Sprungbestimmung im Code, soll ein schnelleres und bei mehreren Instruktionen ein optimiertes Ausführen ermöglicht werden. Hier stellt sich allerdings die Frage ob die Zeit die notwendig ist um eine Entscheidung zu treffen wohin gesprungen werden soll nicht genauso lange oder sogar länger dauert.
Dies ist der Knackpunkt, denn die Möglichkeit unendlich lange Shader-Programme schreiben zu können ist recht unnötig. Die R420 welche nur Shader Model 2.0 bietet, unterstützt bis zu 1536 Instruktionen pro Programm. Dies reicht fürs erste völlig, denn sieht man sich aktuelle Shader-Programme an haben diese meist nicht mehr als 40 Instruktionen. Aber mal abwarten, vielleicht stürzen sich ja auch Programmierer auf die Möglichkeiten die Shader Model 3.0 mehr bietet, wie ein Rudel Wölfe auf ein kleines Schaf.

Die Frage der Notwendigkeit ist leicht zu beantworten. Ist die Frage ob man jetzt und bis zum Ende dieses Jahres eine Grafikkarte mit Shader 3.0-Unterstüzung benötigt, so ist die Antwort ein klares Nein. Dies ist ein Punkt für ATI, auch wenn sich NVIDIA die Technologie-Krone aufsetzen darf. Denn bis genügend Spiele erhältlich sind die auch gewinnbringend Shader 3.0 einsetzen wird nicht nur Zeit vergehen (gut 18 Monate), sondern auch die aktuellen High-End Karten werden nicht mehr die nötige Leistung bieten und zudem auch schon längst von neuen Karten abgelöst sein.

Ein Hardwarefeature welches deutlich schneller zum Einsatz kommen wird und auch für schönere, weil detailliertere Charaktere und Objekte sorgt ist die 3Dc Kompressionstechnologie. Diese ermöglicht höher auflösende Texturen (mittels Normal Maps) zu verwenden.
Spieledesigner legen komprimierte Normal Maps an und die R420 entpackt diese wieder. Das Kompressionsverhältnis beträgt dabei fix 4:1. Allerdings kann man dies nur begrenzt einsetzen, da irgendwann der Grafikkartenspeicher voll ist. Die höher auflösenden Normal Maps tragen ungemein zu einer natürlichen Oberflächendarstellung bei. Bei einer Normal Map werden zunächst zwei Versionen eines Modells erstellt, eine sehr einfache und eine sehr detaillierte. Diese werden übereinander gelegt und die Unterschiede ergeben dann die Normal Map.
Das damit erstellte Modell wirkt dann besser obwohl genauso viele Polygone verwendet werden.




Für die Bildqualität hat man auch etwas Neues beim Antialising eingeführt. Temporal Antialiasing nutzt die Trägheit des Auges aus. So werden zwei Antialiasing Methoden, eine höherwertige und eine niedrigere, nacheinander genutzt. Bei einer hohen Framerate fällt dies optisch nicht auf und man spart etwas an Performance. Allerdings darf die Framerate nicht unter 40 Frames fallen, dann würde das Bild recht unruhig und bei einigen Effekten sehr sonderbar aussehen. Deswegen schaltet sich Temporal Antialiasing auch automatisch unter 40 FPS wieder aus. Ein Feature, welches eigentlich nicht in DirectX 9 vorkommt und von vielen Spieleentwicklern gefordert wurde, ist nun bei der R420 ebenfalls vertreten nämlich Centroid Sampling. Hier werden viele kleine Texturen zu einer großen zusammengefasst. Zum Beispiel bei einer Kopfsteinstraße oder Backsteinmauer. Damit diese beim Antialiasing richtig dargestellt werden, da man nicht immer weis wo nun die eine Textur anfangt und die andere aufhört, wird eben Centroid Sample Antialiasing eingesetzt.

Ansonsten bietet die neue GPU alle netten Features wie der Vorgänger. Bei Videoshader findet man nun auch die Unterstützung für MPEG4 En- und Decoding. Weiters gibt es Hyper Z HD und HDTV Support.

Der Preis der Karten wurde mit 499,- USD für die Radeon X800 XT und 399,- USD für die Radeon X800 Pro angegeben. Die Preise gelten für die USA und sind ohne Steuer.

Der WCM-Test wird es zeigen ob ATI’s neue Speerspitze wirklich schneller ist, doch eines kann man jetzt schon sagen, die Entscheidung für den gutbetuchten Käufer ist nicht leichter geworden.




Benchmarks von ATI

Die Antwort von NVIDIA kann nur mehr Takt heißen. Im aktuellen WCM 211 haben wir die GeForce 6800 Ultra im Test. Unser Testsample konnte stabil mit 455 MHz GPU und 1.200 MHz Speichertakt betrieben werden und ein 3DMark03-Wert von 13.600 auf unserem High-End System (Vapochill: P4@3,8 GHz FSB 238 MHz) erzielt werden. Es ist also noch etwas für NVIDIA drinnen.

ATI

Robert Wanderer


Gedruckt von WCM (http://www.wcm.at/contentteller.php/news_story/ati_oeffnet_ein_neues_kapitel.html)