Abzocke über IP-Adresse? Sind wir alle gefährdet?
Veröffentlicht am: 03.03.2005 12:31:38

Die Internet-Zahlungsform „bill-it-easy“ sorgte in den letzten Tagen in Deutschland und Österreich für großes Aufsehen. Ist für die Abrechnung von kostenpflichtigen Inhalten im Web nur mehr ein Mausklick nötig? Sind Surfer den Abzockern künftig hilflos ausgeliefert?

Ein Bericht auf den Online-Seiten der deutschen Computerzeitschrift PC-Welt [1], auf den uns ein treuer WCM-Leser aufmerksam machte, brachte den Stein ins Rollen. Demnach böte der bekannte deutsche Dialeranbieter Mainpean GmbH. ein neues Abrechnungsverfahren an, dass die IP-Adresse des Besuchers einer Website mit kostenpflichtigem Content nutzt. Sie werde gemeinsam mit Datum und Uhrzeit vom Internetprovider erfasst und über die Rechnung des Internet-Zugangs abgerechnet.
Um auf kostenpflichtige Inhalte zugreifen zu können, solle lediglich ein Mausklick erforderlich sein, wenn der eigene Internetprovider an dem System teilnimmt. Eine Art Dialer also, der auch bei DSL- und Kabel-Kunden funktioniere.
Lediglich der Anbieter von bezahlbarem Content müsse die Nutzung des neuen Verfahrens „bill-it-easy“ aktivieren und schon könne jeder Surfer per Mausklick zur Kasse gebeten werden.
Und jetzt das heiße an der Sache: Das Verfahren werde zunächst nur in Österreich eingesetzt, wo bereits Provider wie Telekom Austria, Tiscali und UTA daran teilnähmen.

Das warf zunächst eine Menge Fragen auf: Ist nun jeder Internetuser den (nicht immer seriösen) Contentanbietern hilflos ausgeliefert? Muss man einfach nur noch auf einen Link klicken und schon ist man sein Geld los? Ist vielleicht durch die Ausführung von versteckten Scripts nicht einmal mehr das nötig? Kann man sich gar nicht dagegen wehren? Und schließlich – nehmen die angegebenen österreichischen Provider tatsächlich an diesem System teil?
Sogleich machte sich das WCM-Team an die Arbeit, um die Hintergründe aufzudecken.

Schon bald stellte sich heraus, dass sich die Angaben in dem Artikel der PC-Welt auf den Inhalt eines Newsletters der Firma Mainpean GmbH zurückgingen, in dem der tatsächliche Sachverhalt allerdings „ungeschickt“ dargestellt war, und der regelrecht nach Unseriosität „roch“.
Weitere Recherchen ergaben, dass hinter bill-it-easy ein österreichisches Unternehmen steht: Das Service wird von einem Spin-Off Unternehmen der Kapsch AG und der DIMOCO GmbH. mit dem Namen Montax Payment Services GesmbH [2] angeboten und ist seit etwa einem Jahr auf dem Markt.

Im Gespräch mit WCM erklärt Wolfgang Hausherr, Director Marketing & Sales bei Montax, wie die das Zahlungssystem tatsächlich funktioniert: „bill-it-easy ist ein Zahlungssystem, das die Abrechnung von online Transaktionen über die Internet- oder Handyrechnung ermöglicht. Über den Ablauf beim erstmaligen Benutzen des bill-it-easy Systems (Registrierung) haben wir derzeit 3 verschiedene Implementierungen im Einsatz. 1. Vollintegration: Dabei nützen wir die Authentisierungsinstrumente des Internetanbieters (Radius Authentisierung). Der Kunde muss vor dem ersten Kauf die Nutzungsbestimmungen bestätigen und sich in einem Passwortgeschützten Bereich frei schalten. Danach kann er jeden Kauf mit bill-it-easy durch die Bestätigung der Bezahlseite (Klick auf OK Button einer Seite, die den Preis der Leistung anzeigt, die Art wie der Kunde die Abrechnung erhält, den Anbieter der Leistung und Link auf AGBs des Anbieters) freigeben. Bevor der Kunde das erste mal die Rechnung beglichen hat, wird sein monatliches Limit auf 15€ gesetzt. Erst wenn die Rechnung bezahlt wurde, erhöht sich sein Limit auf max. 250€ pro Monat. Der Kunde hat jederzeit die Möglichkeit, sein persönliches Limit zu setzen und Filter auf Kategorien zu setzen oder die Nutzung von bill-it-easy zu sperren. Über ein Schreiben des Internet Anbieters und nach der Freischaltung wird jeder Kunde darüber informiert, wie er die persönlichen Limits und Filter setzen kann. In dieser Implementierung ist der Kunde gegenüber Montax und dem Anbieter der Leistung völlig anonym. Lediglich, wenn der Kunde sich weigert die bezogene Leistung zu begleichen, werden die Daten zur weiteren Forderungseintreibung an den Anbieter der Leistung weitergegeben. Dies ist in den Nutzungsbestimmungen beschrieben, die der Kunde bestätigen muss. 2. Teilintegration: Hier muss sich der Kunde einmal mit Namen, Anschrift, Bankverbindung, selbst gewähltem Benutzernamen und Handynummer registrieren. Das Passwort wird auf die Handynummer gesendet. Erst wenn der Nutzer innerhalb von 10 Minuten das Passwort in die Anmeldeseite eingibt und die Nutzungsbestimmungen akzeptiert, wird seine Anmeldung freigegeben. Ein neuerliches Anmelden mit derselben Handynummer ist nicht möglich. Beim Kauf muss der Kunde seinen Benutzernamen und Passwort eingeben und den Kauf durch die Bestätigung der Bezahlseite (Details siehe oben) freigeben. Limits und Filter sind wie bei Variante 1 geregelt und können vom Kunden gesetzt werden. 3. Abrechnung über Mobil Betreiber: Hier gibt der Kunde vor dem ersten Kauf seine Handynummer ein und akzeptiert die Nutzungsbestimmungen. Ein Passwort wird auf das Handy gesendet, das innerhalb von 10 Minuten in die Anmeldeseite eingegeben werden muss um die Anmeldung freizugeben. Beim Kauf muss der Kunde seine Handynummer und Passwort eingeben und den Kauf durch die Bestätigung der Bezahlseite (Details siehe oben) freigeben. Limits und Filter sind wie bei Variante 1 geregelt und können vom Kunden gesetzt werden. Beim Abrechnen von zeitbasierten Diensten muss der Kunde die Bezahlseite bestätigen, die einen Minutenpreis enthält. Beim Bestätigen erscheint ein Ticker, der die Zeit anzeigt. Beim Schließen des Tickerfensters wird die Zeit erfasst und ein Datensatz für die Abrechnung erzeugt. Jeder Kunde kann über einen passwortgeschützten Bereich seine Einzeltransaktionen einsehen, Filter setzen oder die Nutzung von bill-it-easy wieder sperren.“

Bei der Mainpean GmbH handelt es sich lediglich um einen Vertragspartner von Montax, der „bill-it-easy“ künftig deutschen Contentlieferanten anbieten wird und der ohne Absprache mit den eigentlichen Serviceanbietern zunächst eine offensichtlich zweifelhafte Marketingstrategie wählte. Durch unsere Recherchen darauf aufmerksam geworden, haben die Serviceanbieter Mainpean mittlerweile dazu veranlasst, die fragwürdige Darstellung vom Netz zu nehmen und zu korrigieren [3].

Als Referenzkunden nennt Montax tiscali (Eunet), die UTA, die Telekom Austria und One. UTA bietet seinen Kunden den bill-it-easy Service seit Anfang Oktober 2004 an. Hier kann über die Portalseite utanet.billiteasy.com kann Onlinecontent mit der neuen Zahlungsmethode gekauft werden. Auch UTA-Pressesprecher Martin Halama bestätigt im Gespräch mit WCM, dass jeder Kunde, der diesen Service nutzen möchte, zuvor die Anmeldeprozedur (wie oben beschrieben) bei bill-it-easy durchlaufen muss. Keinesfalls seien Kunden automatisch für den Service frei geschalten. Die Abrechnung des Dienstes laufe derzeit auch noch über eine Extra-Rechnung von Montax, eine Integrierung in die UTA-Rechnung sei aber geplant.

Fazit

Viel Rauch um Nichts also. Bei bill-it-easy handelt es sich offensichtlich um ein seriöses Abrechnungsverfahren, das dem Kunden durch willentliche Aktivierung, das Setzen von finanziellen Limits, das kategorisierte Sperren von Content und der jederzeit möglichen Deaktivierung des Services, ausreichend Schutz, Sicherheit und Kontrolle bietet.
Abschließend können wir unseren deutschen Kollegen nur empfehlen, künftig genauer zu recherchieren – um Massenpanik zu vermeiden…  ;)


Links zum Thema:

[1] PC-Welt Artikel
[2] Montax
[3] Der "entschärfte" Mainpean Newsletter

Markus Klaus-Eder


Gedruckt von WCM (http://www.wcm.at/contentteller.php/news_story/abzocke_ueber_ip_adresse_sind_wir_alle_gefaehrdet.html)