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WCM Dezember 2006 Inhaltsverzeichnis
Liebe Leserinnen, liebe Leser
Wer in den letzten Monaten in den USA war, eventuell sogar mehrmals aus beruflichen
Gründen, der wird sich ganz sicher noch mit Schaudern an die „Einreiseformalitäten“ sowie
das „Abmelden“ bei der Ausreise erinnern. Nicht immer, aber immer öfter ist dieses Prozedere
einfach nur ein Witz und schlicht lächerlich und lästig. Gut, es war schon immer irgendwie
abartig, diese komischen Zettel auszufüllen und mehr oder weniger (meist eher weniger)
intelligente Fragen der Immigration Officers zu beantworten, aber was soll’s …
Als Journalist ist das ja auch alles anders, denn während man als Otto-Normal-EU-Bürger
(mit Ausnahmen) ohne Visum einreisen darf, ist man als Journalist ja sowieso irgendwie verdächtig
und benötigt zwingend ein Visum. Hat man dies nicht und outet sich als Schreiberling,
so geht’s nach stundenlangem Verhör ab nach Hause.
Als wäre das nicht genug, legen die Herren im Auftrag des ominösen Vereins Homeland
Security (die vorderste Front im Kampf gegen den Terror – so die Eigendefinition) noch
einen Gang zu.Folgendes hat uns ein Leser berichtet: Ein IT-Mitarbeiter eines großen internationalen Konzerns reist, wie so oft, aus beruflichen Gründen in den USA ein. Ausnahmsweise nicht auf der üblichen „Hausstrecke“, sondern, ebenfalls aus beruflichen Gründen, aus Bangkok kommend trifft er im schönen Atlanta ein.
Der Manager wird plötzlich zur Seite gebeten und samt Gepäck in einen separaten Raum verfrachtet. Hier startete offensichtlich eine Art Verhör und das Gepäck wird genauestens überprüft. Auch sein Notebook wird einfach zerlegt – Akku und DVD-Laufwerk werden herausgenommen – und er danach aufgefordert, das Gerät einzuschalten. Im Glauben, es würde sich um einen „normalen“ Funktionstest halten, ob denn das eh keine Bombe sei, tat er dies auch. Allerdings blieb es nicht dabei. Auch eine Anmeldung mit Benutzername und Passwort wurde verlangt. Die Frage, warum er dies tun solle, wurde nur mit einem schroffen „Sign on – Go on, Sign on – Go on“ beantwortet. Darauf hin meldete sich der bis dahin offensichtlich immer noch sehr ruhige und gelassene Manager an, entsperrte aber das natürlich verschlüsselte Laufwerk mit Unternehmensdaten nicht.
Was nun folgt, wäre eigentlich schon für sich eine Ungehörigkeit sondergleichen, aber es kommt noch heftiger: Die Beamten verlangten nun selbst das Notebook zu durchsuchen, den Inhalt der Festplatte auf eigene Faust zu durchforsten. Hier riss dem bislang relaxten Manager aber endgültig der Geduldsfaden und er verweigerte – selbstverständlich. Darauf hin ergab sich scheinbar eine immer hitzigere Diskussion, wobei der Mitarbeiter unseres Lesers meinte, aufgrund einer derartigen Behandlung gar nicht mehr einreisen zu wollen. Dies wiederum nahmen die Beamten wörtlich und begleiteten den Herren, samt seinem Gepäck – höflich, aber bestimmt, wie unser Leser schreibt – zum Abfluggate, damit er mit der nächstmöglichen Maschine nach Europa zurückfliegt. Natürlich nicht nach Dänemark, wo er eigentlich zu Hause ist, sondern nach Frankfurt.
Frage: Geht’s noch? Sorry, aber was soll das? Reichen Euch unsere Kreditkartendaten, unsere Adresse, die halbe Lebensgeschichte sowie die Infos, was wir an Bord der Maschine auf dem Flug in die USA zu uns genommen haben, noch nicht? Reichen Euch die Infos über unsere Geldtransaktionen, unsere Telefonate, unsere Emails, die Ihr allesamt belauscht, noch nicht? Was darf ’s denn noch sein? Urinprobe und Lebenslauf der Urgroßmutter bei der Einreise auch noch?
Direkter Zugriff auf persönliche oder vertrauliche Daten - und die finden sich nunmal auf einem Notebook, egal ob es nun das private Notebook oder eins der Firma ist - das geht NIEMANDEN etwas an.
Das bringt mich gleich zu einer weiteren Frage: Was gedenken die Herren und Damen in Brüssel hier zu tun? Denn das ist kein Einzelfall. Müssen sie erst erinnert werden, dass sie UNSERE Volksvertreter sind und nicht für’s Arschkriechen bei Hrn. Bush bezahlt werden? Sieht man sich aber an, wie auch hierzulande mit Grundrechten wie Meinungsfreiheit, Schutz der Privatsphäre usw. unter dem Deckmäntelchen der Kriminalitäts- und Terrorbekämpfung umgegangen wird, ist es eigentlich nicht weiter erstaunlich, dass derartige Vorgänge von unseren Herren und Damen Politiker unwidersprochen hingenommen werden. Was mich persönlich aber immer mehr erstaunt ist, dass wir Bürger uns das gefallen lassen.
Michael Holzinger ((mike@wcm.at))







